Rechtspopulismus – vom Bund gesponsert?
Seite 2: AfD-Stiftung: mit Staatsknete gegen das "Meinungskartell"
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- AfD-Stiftung: mit Staatsknete gegen das "Meinungskartell"
- Beispiel AfD-Stiftung Wie lässt sich Extremismus verhindern?
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Gegen diese Vormachtstellung - deren Klartext bei Jair Bolsonaro, Steve Bannon oder Anders Behring Breivik, aber auch bei Alice Weidel oder Björn Höcke "Kulturmarxismus" heißt - tritt die Partei seit 2018 zudem mit einer eigenen Stiftung an.
Die Entscheidung zur Gründung der Desiderius-Erasmus-Stiftung fiel beim Parteitag in Augsburg, ungeachtet der Kritik an den "Kartellparteien" und deren Finanzierungstricks über parteinahe Stiftungen. In der AfD wurde das Projekt zunächst kontrovers diskutiert.
Konrad Adam, ehemaliger FAZ-Journalist und DES-Vorstandsmitglied, schrieb zur Gründung auf der DES-Homepage:
Dass die parteinahen keine echten Stiftungen sind, sondern Geldsammeltöpfe, die in der Erwartung aufgestellt werden, vom Staat gefüllt zu werden, ist hinreichend bekannt. Durften oder sollten wir uns an diesen Goldfischzügen beteiligen?
Die Frage ist mittlerweile geklärt. Die Partei darf, weil sie will, denn sie braucht das Geld und hat sogar mit einer Klage versucht, vorzeitig an die Finanzmittel zu kommen, die einer Partei nach parlamentarischem Brauch erst nach dem zweiten Einzug in den Bundestag zur Verfügung stehen. Bei der Bundestagswahl 2021 wird es daher ernst.
Und die "Altparteien" machen sich entsprechende Sorgen. Weit mehr als eine halbe Milliarde Euro bekamen nämlich in der vergangenen Legislaturperiode die sechs politischen Stiftungen, die von den im Bundestag vertretenen Parteien anerkannt sind.
Wenn es bei der bisherigen Regelung bleibt, dürfte die AfD also nach derzeitigen Schätzungen (FAZ, 26.7.21) auf 50 bis 80 Millionen Euro aus Steuergeldern für ihre Stiftungsarbeit hoffen; von DES selber gab es die Forderung, dass ihr nach einer Abschlagszahlung im Jahr 2022 ab 2023 jährlich 14 Millionen Euro zufließen sollen (NZZ, 7.7.21).
Gegen den "Deutschlandabschaffungskurs"
Über die akademische Intelligenz, die die AfD mittlerweile eingesammelt hat und mit ihrer Stiftung bündeln will, gibt der Eröffnungsband Nachdenken für Deutschland der DES-Buchreihe Auskunft. "Deutschland verflüchtigt sich", heißt dort der Schlussbeitrag des AfD-Philosophen Marc Jongen, in dem er Merkels "Deutschlandabschaffungskurs" geißelt.1
Dieser Kurs werde hierzulande von breiten Kreisen - zumindest da, wo das gesunde Volksempfinden noch intakt ist - als "Resultat einer gigantischen, gegen Deutschland und Europa gerichteten Verschwörung, die die systematische Zerstörung des historisch gewachsenen Nationalstaats zum Ziel hat", wahrgenommen.
Jongen kokettiert damit, dass man das in Deutschland eigentlich nicht mehr sagen darf, tritt aber als mutiger Anwalt des Volkes auf, der dessen Sorgen letztlich mit einer philosophischen Tiefenbohrung ernst nehmen will.
Wichtig ist hier, dass Europa im gleichen Atemzug mit der Sorge um den Bestand Deutschlands genannt wird. Die Partei bekennt sich mit der Wahl ihres Stiftungspatrons entschieden zum christlichen Abendland. Die Bezugnahme auf "unser Europa" ist dabei im Rechtsradikalismus nichts Ungewöhnliches.
So gibt es mittlerweile ein Europäisches Parlament, in dem sich eine Internationale der Nationalisten tummelt, um gemeinsam gegen die europäische Integration anzutreten.
Das geeinte Europa hat propagandistisch eben die doppelte Funktion: als Feindbild für die Unterdrückung der nationalen Identität seiner Völker zu dienen und zugleich als Bollwerk gegen die anstürmenden, mit abendländischen Werten ganz unvertrauten Massen geschätzt zu werden.
Intellektuelle, die die AfD um sich und in ihrer Stiftung versammelt, haben es also nicht allein mit der vom rechten Lager als "Schuldkult" geschmähten Vergangenheitsbewältigung in Sachen NS-Herrschaft zu tun.
Beim DES-Kongress 2019 etwa trat der Medientheoretiker Norbert Bolz auf und unterhielt das Publikum mit den letzten Kalauern über den "Rotfunk WDR", der mittlerweile "wie eigentlich das ganze öffentlich-rechtliche System" zu einem "Grünfunk" mutiert sei (Faktum, Nr. 1). O-Ton Bolz:
Mir hat besonders gut der Tweet eines besonders intelligenten Menschen gefallen: ‚Alle elf Minuten verliebt sich ein Journalist in einen Grünen‘." Wahrlich, alternative Medientheorie, wie sie dem Land seit Langem fehlt!
Die AfD lädt auch schon einmal einen akademischen Apologeten des europäischen Kolonialismus in den Bundestag ein, um die Meisterleistungen des christlichen Abendlandes bei der Ausplünderung der Dritten Welt hochleben zu lassen.
Wenn die Stiftung gemäß der Parteilinie also endlich die Tabus darüber, was man hierzulande über das Ausland und die Ausländer sagen darf, bricht oder die deutsche Erinnerungskultur – mit der angesagten Kehrtwende um 180 Grad – renoviert, dann bietet sich ihr ein breites Betätigungsfeld: Von der Kolonialära und dem Ersten Weltkrieg, zu dem die Stiftung 2018 ihren ersten Kongress veranstaltete, bis zum modernen Globalismus gilt es, das Deutschtum wieder ins Recht zu setzen.
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