Regierung bereitet Frankreich auf den Atom-Blackout vor
- Regierung bereitet Frankreich auf den Atom-Blackout vor
- Zahlreiche Probleme aus AKWs gemeldet
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Paris will daher Korrosion-Atommeiler ans Netz bringen. Bundeswirtschaftsminister Habeck stellt AKW-Verlängerung zur Frankreich-Rettung in Aussicht.
Die französische Regierung hat die halbstaatliche Elektrizitätsgesellschaft Electricite de France unter Druck gesetzt, 32 Atomreaktoren innerhalb weniger Monate wieder in Betrieb zu nehmen. Das geht aus einem Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg hervor[Link auf https://www.bnnbloomberg.ca/france-vows-vigilance-over-edf-s-nuclear-reactor-restart-target-1.1813979].
Tatsächlich hat die Ministerin für die Energiewende die energiepolitische Entscheidung bestätigt, die erhebliche Sicherheitsrisiken birgt. Nach der Sitzung des Verteidigungsrates versicherte Agnès Pannier-Runacher, dass sich die "EDF verpflichtet hat", alle Atomkraftwerke bis zu diesem Winter wieder in Betrieb zu nehmen:
Die Regierung wird darauf achten, dass dieser von EDF vorgegebene Zeitplan eingehalten wird.
Die französische Regierung bestätigt damit, dass für sie Sicherheitsfragen bei Atomkraftwerken zweitrangig sind. Schon in der Vergangenheit hatte sie der EDF erlaubt, einige der 24 noch am Netz verbliebenen Meiler trotz fehlendem Kühlwasser nicht abschalten zu müssen. Immer neuen Atomkraftwerken wurde im Dürresommer erlaubt, die Gewässer nun sogar auf mehr als 28 Grad zu erwärmen, mit teils verheerenden Folgen für Flora und Fauna. Ein Fischsterben – wie in der Oder – war die Folge.
Nur ist im französischen Fall klar, wer der Verursacher ist. Denn Atomkraftwerke haben einen unglaublichen Wasserhunger. Sie erhitzen die Flüsse auf zwei Arten, auf der einen Seite, in dem sie viel Wasser entnehmen und damit die vorhandene Menge verkleinern.
Dazu kommt, dass sie einen Teil davon aufgeheizt wieder einleiten. Mit 16 Milliarden Kubikmeter verbrauchen auf Kühlung in Frankreich angewiesene Kraftwerke, fast alles Atomkraftwerke, den Löwenanteil des Trinkwassers. Nur gut fünf Milliarden Kubikmeter verbrauchen Haushalte und nur drei Milliarden die Landwirtschaft.
Früher durften Gewässer auch in Frankreich zum Schutz von Flora und Fauna nicht über 25 Grad erwärmt werden. Das wurde schon nach der "Canicule" 2003 geändert – und in diesem Dürresommer wurde die Regel noch weiter aufgeweicht. Deshalb wurden Meiler trotz aufgeheizter Gewässer nun nicht mehr abgeschaltet, sondern nur noch heruntergeregelt.
Doch Atomkraftwerke bergen viele Gefahren und Nachteile. Einer davon ist, dass man sie und die Lagerstätten für abgebrannte Kernstäbe mit großem Stromaufwand kühlen muss. Abgeschaltet verbrauchen die Meilern viel Strom, anstatt dass sie Elektrizität produzieren. Das ist auch ein Problem des größten Atomkraftwerks Europas, Saporischschja, in der Ukraine, das wegen der Abhängigkeit vom Atomstrom und dem Kühlbedarf trotz des Dauerbeschuss mit Granaten und Raketen nicht abgeschaltet wird.
So muss die EDF derzeit auch für die teure Kühlung von 32 abgeschalteten Meilern den internationalen Strommarkt abgrasen. Frankreich treibt mit seinem enormen Stromhunger derzeit die Strompreise in ganz Europa hoch. Sogar um Mitternacht von Samstag auf Sonntag importierte das Land 9,5 Gigawatt von seinen Nachbarn, wie beim französischen Netzbetreiber RTE nachvollzogen werden kann. Am Freitag waren es in der Spitze sogar fast 13 Gigawatt, mehr als die Hälfte dessen, was die altersschwachen Atomkraftwerke im Land noch liefern können.
Legarde sorgt dafür, dass Staatsschulden bezahlbar bleiben
Das ist Gift für die hoch verschuldete EDF und damit auch für den Staatshaushalt, weil darüber die Verschuldung noch stärker hochgetrieben wird. Präsident Emmanuel Macron kann sich aber darauf verlassen, dass seine Freundin Christine Lagarde aus der Europäischen Zentralbank (EZB) mit ihrer Geldpolitik weiter dafür sorgt, dass die ausufernden Staatsschulden für Frankreich bezahlbar bleiben.
Die europäischen Verbraucher bezahlen den Atom-Wahnsinn in Frankreich derzeit also nicht nur über explodierende Strompreise, sondern zudem noch über eine ausufernde Inflation, über die breite Schichten der Bevölkerung enteignet werden. Das ist vielen offensichtlich nicht klar und wird von denen bewusst verschwiegen, die das Märchen von der angeblich so billigen Atomkraft erzählen.
Doch kommen wir zurück zu den Sicherheitsfragen und der angekündigten Inbetriebnahme der Riss-Reaktoren. Man sollte glauben, dass es eine Atomaufsicht ist, die genehmigen muss, wann Atommeiler, die sogar von Rissen im gefährlichen Primärkühlkreis betroffen sind, wieder ans Netz gehen dürfen.
Weit gefehlt, im Atomstaat bestimmen nicht Sicherheits- und Umweltschutzfragen, sondern die Ökonomie und die Notwendigkeit, also die fatale Abhängigkeit vom Atomstrom, ob die Meiler betrieben werden oder nicht. Deshalb gibt die Regierung vor, dass "nun ab Oktober jede Woche ein Kraftwerk wieder in Betrieb genommen wird".
Dass die Atomaufsicht (ASN) in einem Atomstaat gar keine Aufsichtsbehörde, sondern offenbar nur noch ein Abnickverein für Regierungsentscheidungen ist, hatte sich in diesem Sommer in Frankreich schon deutlich gezeigt. So hat die ASN dem Fast-Staatsbetrieb EDF, der nun wegen seiner Überschuldung und den Fässern ohne Boden komplett verstaatlicht wird, eine "Kontrollstrategie" genehmigt.
Die sieht vor, die Korrosionsüberprüfungen von weiteren Atommeilern nun sogar bis ins Jahr 2025 zu strecken, um die Stromproduktion nicht noch weiter einbrechen zu lassen. Mutmaßliche Riss-Reaktoren laufen einfach ungeprüft noch jahrelang weiter.
Neu ist das Verhalten der ASN ohnehin nicht. Es ist nur unter politischen Vorgaben begreiflich, dass auch dem "neuen" EPR in Flamanville eine Betriebsgenehmigung erteilt wurde, der wegen immer neuer Probleme noch eine Weile nicht ans Netz gehen wird.
Es ist auch verständlich warum, nachdem man fast 20 Milliarden Euro in ein Projekt gepumpt hat, das eigentlich mit 3,3 Milliarden angeblich besonders billig sein sollte.
In dem Atommeiler ist sogar ein schadhafter Reaktorbehälter verbaut. Die Kompromisslinie der ASN zur Beruhigung der Öffentlichkeit war, dass man den schadhaften Deckel nach einigen Jahren im Betrieb überprüfen will, da er Materialschwächen aufweist. Wie das geschehen soll, weiß bisher niemand. Vom Boden des Reaktorbehälters, der ähnliche Probleme aufweist, spricht niemand, da eine Prüfung illusorisch ist.
Bekannt ist das Vorgehen auch schon aus Fessenheim. Im derweil abgeschalteten Atomkraftwerk hatte sogar die atomfreundliche ASN einen Meiler zwischenzeitlich abschalten lassen. Es schien damals, als würde die Behörde Konsequenzen aus den eigenen Analysen ziehen, dass sie eine "besorgniserregende Sicherheitslage" konstatiert hatte.