Inflationsrekord in der Eurozone
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Das Ende des Tankrabatts und des Neun-Euro-Tickets werden auch in Deutschland zu einer zweistelligen Inflationsrate führen. Die Spekulation spielt dabei eine zentrale Rolle. Brüssel und Berlin fördern sie.
Wie nicht anders zu erwarten war, ist die Inflationsrate in der Eurozone im August auf einen neuen Allzeitrekord geklettert. Waren und Dienstleistungen verteuerten sich im Durchschnitt offiziell schon um 9,1 Prozent, so die erste Schnellschätzung.
Trotz der zweifelhaften Versuche mit Gießkannen-Maßnahmen in diversen Euro-Ländern die Inflation zu senken, ist sie im August gegenüber dem Vormonat um weitere 0,2 Prozentpunkte gestiegen. Als "Hauptkomponenten der Inflation im Euroraum", wie die europäische Statistikbehörde Eurostat erklärt, wird vor allem "Energie" genannt.
Im Jahresvergleich habe sich Energie um 38,3 Prozent verteuert. Da etwa die Ölpreise zwischenzeitlich sogar wieder deutlich gesunken sind, hat sich Energie im Jahresvergleich etwas weniger verteuert als noch im Juli (39,6 Prozent). Die Kerninflation, die volatile Posten wie Lebensmittel und Energie herausrechnet, erreichte ebenfalls einen neuen Rekordwert von 4,3 Prozent. Es zeigt sich somit, dass die Inflation wie erwartet immer stärker in die Breite geht, da sich Energiepreise immer erst mit Verzögerung in anderen Preisen niederschlagen.
Lebensmittel, Alkohol und Tabak haben sich zum Beispiel im Vergleich zum Vorjahr um 10,6 Prozent verteuert, im Juli waren es noch 9,8 Prozent. Auch bei "Industriegütern ohne Energie" zeigt sich das. Sie haben sich um fünf Prozent verteuert, im Juli waren es noch 4,5 Prozent. Dienstleistungen haben sich dagegen weniger kräftig verteuert, die Preise sind lediglich um 0,1 Punkte auf 3,8 Prozent gestiegen, wie Eurostat angibt.
In Deutschland sind Maßnahmen wie der Tankrabatt und das Neun-Euro-Tickets fast schon wieder wirkungslos verpufft. Sie haben aber dafür gesorgt, dass die Teuerung (noch) unterdurchschnittlich ist. Denn die deutsche Inflation stieg langsamer als im Schnitt. Aber mit 8,8 Prozent ist die Teuerungsrate fast schon wieder auf dem Durchschnitt angelangt.
Unterschiede in den Berechnungen
Man sollte sich aber von der allseits am Mittwoch kolportieren angeblichen deutschen Inflationsrate von 7,9 Prozent, die das Statistische Bundesamt (Destatis) verkündet hat, nicht verwirren lassen. Die deutschen Statistiker benutzen mit dem "Verbrauchpreisindex" (VPI) einen Index, der noch stärker aufgehübscht ist als der zum internationalen Vergleich tauglichere "Harmonisierte Verbraucherpreisindex" (HVPI), den Eurostat verwendet.
Die Unterschiede wurden an dieser Stelle schon mehrfach herausgearbeitet. Positiv darf aber verzeichnet werden, dass auch Destatis wieder den HVPI-Wert angibt, was längere Zeit unterlassen worden war.
In den einschlägigen Berichten, wie sie in konservativen Zeitungen zu lesen sind, lässt man den etwas realistischeren Eurostat-Wert genauso unter den Tisch fallen, wie er auch in der Tagesschau unterschlagen wird.
Dabei ist klar, dass im Laufe der Jahre auch im Euroraum und dem HVPI immer mehr Teile aus der Ermittlung der Teuerungsrate herausgenommen wurden, wie sogar der ehemalige Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Thomas Mayer kritisiert.
Deshalb ist, weil auch Immobilienpreise zum Teil einfließen, die Inflationsrate in den USA etwas ehrlicher. Wurden dort im Juni noch 9,1 Prozent registriert, fiel die Inflation wegen einer deutlich anderen Politik der Notenbank FED im Juli schon wieder auf 8,5 Prozent. Statt eine sinkende Tendenz zu zeigen, erwartet inzwischen sogar schon die Bundesbank offiziell runtergerechnete zweistellige Inflationsraten ab Herbst in Deutschland.
Die EZB
Ein wesentlicher Faktor dafür, wie hier Telepolis häufig kritisiert wurde, ist die absurde Geldpolitik der Europäische Zentralbank (EZB), die aber mit ihrer Geldpolitik immer stärker unter Druck gerät. Die hat, anders als die US-Notenbank FED oder die britische Notenbank, viel zu lange gewartet und der explodierenden Inflationsentwicklung zugeschaut. Erst im Juli wurde der Leitzins erstmals seit mehr als zehn Jahren erhöht.
Geld wird aber nicht wirklich vom Markt gesaugt, Anleihekäufe gehen weiter, weshalb man sich nicht wundern muss, wenn die Inflation im Euroraum nicht zurückgeht, sondern weiter steigt, wie es auch nicht anders zu erwarten war.
Man darf davon ausgehen, dass diese EZB-Politik gewollt ist, die sich immer mehr von ihrer Aufgabe verabschiedet, für Geldwertstabilität bei zwei Prozent sorgen. Denn die hohe Inflation hat den tollen und wohl gewünschten Nebeneffekt für Schuldenstaaten, dass Staatsschulden weginflationiert werden.
Dass illegale Staatsfinanzierung offensichtlich nun zur Hauptaufgabe der EZB mutiert ist, lässt sich an deren Politik auch ablesen. Die EZB trägt damit klar zu einer immer schnelleren Enteignung der einfachen Bevölkerung und zu einer Umverteilung von unten nach oben bei.
Diesen Effekt hat nun im zweiten Quartal in Folge auch Destatis ermittelt: "Hohe Inflation führt im 2. Quartal 2022 zu Reallohnrückgang von 4,4 Prozent", stellten die deutschen Statistiker gerade fest.
Die Löhne
Schon im ersten Quartal war ein offizieller Rückgang von 1,8 Prozent festgestellt worden. Und diese realen Kaufkraftverluste, die sich natürlich auch schnell als Rezessionsförderer bemerkbar machen, wurden mit den absurden heruntergerechneten Zahlen wie dem VPI ermittelt.
Real ist der Verlust in der Tendenz sogar noch deutlich höher. Und umso weiter man auf der Lohnskala nach unten geht, umso schlimmer wird der Effekt, da bekanntlich Menschen mit geringem Einkommen einen deutlich höheren Anteil für Energie und Lebensmittel ausgeben.
USA: Inflation wird ernster genommen
In den USA nimmt man die Inflation inzwischen deutlich ernster. Erwartet wird nun, dass die FED im September die Leitzinsen erneut um 0,75 Prozentpunkte anheben wird.
Die Zinsspanne würde damit sogar schon auf drei bis 3,25 Prozent ansteigen. Lange Zeit hatten auch Fed-Chef Jerome Powell und seine Kollegen die Inflation stark unterschätzt, wie man es weiterhin bei der Europäischen Zentralbank (EZB) feststellen kann.
Die etwas ehrlichere US-Inflationsrate liegt nun erwartungsgemäß nun sogar schon deutlich unter der in der EU. Sie war im Juli deutlich stärker als erwartet auf 8,5 Prozent gesunken.