US-Notenbank: Mit Zinskeule gegen hohe Inflation

Die Federal Reserve Bank (Fed) hebt die Leitzinsen erneut um 75 Basispunkte auf 2,5 Prozent an, um die Rekordinflation zu bekämpfen. Im Euroraum wird sie sogar noch höher steigen.

Die US-Notenbank Federal Reserve tritt geldpolitisch nun kräftig auf die Bremse, da die Inflationsrate im Juli überraschend auf 9,1 Prozent und damit auf den höchsten Stand seit mindestens vierzig Jahren gestiegen ist. Die Bank hatte schon im Mai den Leitzins um 75 Basispunkte auf eine Zinsspanne von 1,5 bis 1,75 Prozent angehoben.

Das war die drastischste Erhöhung seit 1994. Eigentlich werden die Leitzinsen jeweils eher um 0,25 Punkte erhöht. Mit dem vierten Zinsschritt in einem Jahr, erneut um 0,75 Prozentpunkte, ist jetzt eine Zinsspanne von 2,25 und 2,5 Prozent erreicht. Lange Zeit hatten auch Fed-Chef Jerome Powell und seine Kollegen die Inflation stark unterschätzt, wie man es weiterhin bei der Europäischen Zentralbank (EZB) feststellen kann.

Den großen Schritt - mit dem teilweise gerechnet worden war -, eine Erhöhung um einen Prozentpunkt, ist die Fed nicht gegangen. Dabei hat sich die Inflationsrate doch deutlich stärker als erwartet erhöht. Die offizielle Inflationsrate war im Mai auf 8,6 Prozent gestiegen, zuletzt deutlich langsamer als im Euroraum.

Zwischenzeitlich war die Teuerungsrate in den USA im April sogar wieder leicht auf 8,3 Prozent gefallen. Doch kurzfristig sind Wirkungen der Leitzinserhöhungen auf die Inflationssteigerung nicht zu erwarten, was nun auch die deutliche Steigerung der Inflation im Juni auf 9,1 Prozent zeigt.

Unterschiede in der Inflationsberechnung

Die offizielle Inflation ist damit in den USA mit 8,6 Prozent höher als im Euroraum. Allerdings sei hier auch gesagt, dass auch der "Harmonisierte Verbraucherpreisindex" (HVPI), den die europäische Statistikbehörde Eurostat benutzt, noch deutlich verzerrter als der Index ist, der in den USA benutzt wird, in den unter anderem auch Immobilienpreise einfließen. Die wenigstens zum Teil aufzunehmen, darüber wird in Europa seit langem debattiert.

Damit ist aber so lange nicht zu rechnen, solange die Inflationsraten so hoch sind. Wie unterschiedlich man Inflation einschätzen kann, zeigt sich schon am Vergleich der deutschen und europäischen Statistiker. Im Mai klaffte eine Lücke von fast einem Prozentpunkt. Eurostat gab sie mit 8,7 Prozent an, Destatis dagegen nur mit 7,9 Prozent, da der wenig vergleichbare "Verbraucherpreisindex" hier benutzt wird.

Die USA zeigen auch für den Euroraum an, wohin die Reise geht. Hier dürfte es angesichts des zaghaften und widersprüchlichen Verhaltens der EZB sogar noch schlimmer kommen. Denn anders als die Fed hat die EZB nicht schon vier Mal in einem Jahr die Leitzinsen erhöht, sondern besonders spät und zaghaft sogar nur ein Mal um 0,5 Punkte.

Vorsicht Staatsschulden: Ein neues Kaufprogramm für Anleihen

Anders als die Fed hält die EZB an der inflationstreibenden Geldschwemme fest. Die enorm aufgeblähte Bilanzsumme der EZB wird nicht verringert. Nun wird mit dem "Transmission Protection Instrument" (TPI) sogar ein neues Kaufprogramm für Anleihen aufgelegt. So kann Inflation nicht bekämpft werden. Nötig ist das TPI, weil die EZB mit der Zinsnormalisierung mehr als zehn Jahre gewartet hat. Sie befindet sich selbstverschuldet in einem Teufelskreis.

Die Verschuldungen der Schuldenländer sind mit der Corona-Krise weiter ausgeufert. Die Eurokrise würde schnell und heftig zurückkehren, würden die Zinsen für Staatsanleihen stark steigen, wie es zum Teil schon zu sehen war. Deshalb ist die EZB sogar schon wieder von den Ankündigungen zurückgerudert, welche die EZB-Chefin Christine Lagarde Anfang Juni gemacht hatte.

Wie Telepolis schon aufgezeigt hatte, ist auch das es nur ein Fata Morgana, angesichts einer wegen Tankrabatt und 9-Euro-Ticket um 0,3 Prozentpunkte geringerer Inflation auf eine sinkende Inflationsrate zu hoffen. Das Gegenteil ist der Fall, wie andere Länder zeigen.

Da die Energiekosten für die Verbraucher im Euroraum sogar steigen, wenn der Ölpreis wie zuletzt gesunken war, darf hier auch mit einer deutlichen Aufwärtstendenz gerechnet werden. Gaspreise steigen ohnehin weiter deutlich, wegen der Strom-Katastrophe in Frankreich auch die Strompreise über die hohe Nachfrage aus dem Atomstromland.

Kapitalflüsse

Die Zinspolitik der Fed führt dazu, dass immer stärker Kapital aus dem Euroraum in die USA abfließt. Das stärkt den Dollar und schwächt den Euro. Die Parität des Euro zum Dollar ist längst Realität. Da Energie in Dollar gehandelt wird, steigen die Preise für uns sogar dann, wenn die Energiepreise auf dem Weltmarkt stagnieren oder sinken.

Auch so wirkt die verfehlte EZB-Politik inflationstreibend. Zuletzt ist der Ölpreis allerdings nach einer Schwächephase und Rezessionsängsten sogar wieder gestiegen. Sogar das Fass der amerikanischen Sorte West Texas Intermediate (WTI) kostet nun wieder 100 Dollar. Die Nordseesorte Brent kostet schon wieder mehr als 108 Euro.

Während die klaren Zinsschritte der Fed dazu führen, dass US-Verbraucher davon ausgehen, dass die Inflation alsbald deutlich sinkt, hat das hier andere Auswirkungen. Im Euroraum darf nicht mit einer sinkenden Inflation gerechnet werden, weshalb hohe Lohnforderungen, wie sie die Lufthansa-Beschäftigten nun stellen, mehr als gerechtfertigt sind.

Seit Jahren wurde auch dort auf Lohnerhöhungen verzichtet und zudem müssen die Beschäftigten den fatalen Personalabbau ausbaden. Wie wir aber ebenfalls schon herausgestellt haben, stabilisieren höhere Löhne wie in der Stagflation in den 1970er Jahren die Wirtschaft. Würde die moderate Lohnpolitik verfolgt, würde die Kaufkraft weiter geschwächt, was zu einer tiefen Rezession bei hoher Inflation führen würde.

Und, wer die Inflation wirklich senken will, der sollte die Spekulationsgewinne von Energiefirmen abführen oder gar nicht zulassen. Nicht nur bei RWE klingelt die Kasse, sondern auch Shell, TotalEnergies und Repsol schreiben Rekordgewinne. Die britische Shell hat den Gewinn im zweiten Quartal auf 18 Milliarden US-Dollar verfünffacht.

TotalEnergies schreibt wie der spanische Repsol doppelt so hohe Gewinne. Wir hatten es frühzeitig im März vorhergesagt, dass sich die hohen Verbraucherpreise, welche die Inflation extrem antreiben, nur über Gier und Spekulation erklären lassen.

Eine Übergewinnsteuer wie in Italien von 25 Prozent sind Augenwischerei, weil sie dafür sorgen, dass 75 Prozent der Spekulationsgewinne beim Energie-Oligopol verbleiben, das zerschlagen gehört.