Inflationsrekord in der Eurozone
Seite 2: Der Anteil der Spekulation
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Wichtig bei der Inflationsentwicklung ist aber auch, den Faktor eben nicht auszuklammern, der in der Politik fast vollständig ausgeklammert wird: die Spekulation.
Die enorm hohen Treibstoffpreise, die in den letzten Tagen sogar wieder gestiegen sind – schon vor dem Ende des Tankrabatts – lassen sich jedenfalls nicht durch den Ölpreis erklären, auch nicht über die Tatsache, dass die von der EZB erzwungene Euro-Schwäche natürlich Energie verteuert, auch wenn die Preise von Öl und Gas nicht steigen.
Wir hatten es schon im März herausgearbeitet, dass sich diese Preise nur über Gier und Spekulation erklären lassen. Denn nie hat sich der Ölpreis auch nur der Höchstmarke von 150 US-Dollar pro Barrel wie im Jahr 2008 angenähert. Im Juli 2008 stieg der Dieselpreis im Durchschnitt auf einen Höchstpreis von knapp 1,54 Euro, er war also deutlich niedriger als derzeit.
An den Tankstellen in Deutschland zeigt sich am frühen Donnerstag sehr deutlich das Ende des Tankrabatts. "Die Spritpreise stiegen gegenüber dem Vortag kräftig. Ein Liter Diesel kostete teilweise mehr als 2,30 Euro", stellte die Tagesschau fest. Sie deutet nur an, dass dabei wieder massive Abzocke betrieben wird.
"Außerdem haben auch Tankstellenbetreiber bis Mittwoch noch zum gesenkten Steuersatz eingekauft und könnten Benzin und Diesel daher zunächst weiter günstiger abgeben."
Aber dier Bericht der Tagesschau droht noch höhere Preise an, statt die schon bisherigen Mondpreise zu kritisieren, die auch noch staatlich subventioniert wurden. "Bis die Aufhebung der Steuersenkung, auch Tankrabatt genannt, voll auf die Kunden durchschlägt, könnte es also noch etwas dauern."
Dass es keinerlei Begründung für solch hohe Treibstoffpreise gibt, außer der Oligopolstellung der Anbieter, wird uns jedenfalls von vielen Medien nicht erklärt. Denn derzeit kostet sogar die Nordseesorte Brent keine 95 Dollar, die US-Sorte WTI sogar nicht einmal 89 Dollar. Tendenz weiter fallend.
Wo das viele Geld bleibt, das die Spekulanten den Verbrauchern aus den Taschen ziehen, ist derweil längst geklärt. Wir haben darauf kürzlich schon im Rahmen der ziellosen und absurden europäischen Energiepolitik hingewiesen:
Shell, der größte Ölkonzern Europas, hat im zweiten Quartal diese Jahres einen bereinigten Gewinn von 11,5 Milliarden Dollar eingefahren. Der Konzern übertraf damit sogar noch den Rekordgewinn von 9,1 Milliarden Dollar. Muss man noch anfügen, dass der im ersten Quartal 2022 generiert wurde? Bei TotalEnergies hat er sich trotz Abschreibungen in Russland auf 5,7 Milliarden Dollar immerhin fast noch verdreifacht.
Ganz ähnlich sieht das bei RWE oder anderen aus.
Doch über die enorm inflationstreibende Spekulation will niemand sprechen? Man führt lieber eine Scheindebatte über eine sogenannte "Übergewinnsteuer", die aber auch nicht kommt. Wer die Inflation real bekämpfen will, zerschlägt das Oligopol auf dem Energiesektor, schafft ein Kartellrecht, das diesen Namen verdient und schafft vor allem das völlig absurde Merit-Order-System zur Bestimmung der Strompreise ab.
Eine "Übergewinnsteuer" müsste 100 Prozent plus empfindliche Strafzahlungen betragen, um Firmen davon abzuhalten, ihre Marktmacht so unverschämt auszunutzen. Würden die Übergewinne mit 25 Prozent besteuert, wie es Italien macht, blieben inflationstreibende 75 Prozent in den Säckeln des Energieoligopols hängen.
Wir können uns angesichts der Spritpreisentwicklung und dem Wegfall von Tankrabatt und Neun-Euro-Tickets nun ausmalen, dass schon im September in Deutschland die offizielle Inflation zweistellig wird. Raum nach oben ist noch reichlich. Zu beobachten ist das in den baltischen Staaten, wo die Inflation mit über 20 Prozent völlig außer Kontrolle scheint, in Estland hat sie sogar die Marke von 25 Prozent überschritten.
Statt an die "windfall-profits" ("Marktlagengewinne", siehe hier) heranzugehen, wie vom Himmel fallende Milliardengewinne auch genannt werden, hatte sich der vom Kinderbuchautor zum grünen Bundeswirtschaftsminister mutierte Robert Habeck offenbar sein Gesetz zur Gasumlage vom Oligopol mitschreiben lassen, um neue windfall-profits zu schaffen.
Er hatte sie sogar lange sogar noch als "gerecht möglichste Form" bezeichnet, um die "zusätzlich aufgelaufenen Kosten in der Bevölkerung zu verteilen". Dabei war klar, dass viel Geld auch Firmen erhalten sollen, die hohe Gewinne machen. EnBW will darüber sogar einen Gewinnzuwachs von 2 auf 7 Prozent garantieren.
Habeck will trotz allem an der inflationstreibenden Umlage festhalten. Eigentlich ist ein Minister, der Gesetze zu einem Bereich macht, von dem er offenbar keine Ahnung hat, untragbar. Folgende Worte von Habeck unterstützen diese Ansicht - auf dem "Westfälischen Unternehmertag" in Münster erklärte er kürzlich:
Weil wir aber nicht wussten, das muss man ehrlicherweise sagen - und niemand wusste das –, wie dieser Gasmarkt verflochten ist, wie er im Undurchsichtigen, welche Firmen irgendwelche Anteile an Töchtern und so weiter haben, ist durch diese im Prinzip richtige Entscheidung, ein Problem entstanden, dass sich dann nämlich ein paar Unternehmen reingedrängt haben, die nun wirklich viel Geld verdient haben und die Umlage der Bevölkerung nicht brauchen.
Dass er es sogar "richtig und fair" findet, dass auch EnBW und Co das Anrecht auf die Zulage haben, er dafür die "Gleichheit vor dem Gesetz" anführt, macht ihn vollständig untragbar, wie es auch seine Gasumlage ist. Es gebe andere Möglichkeiten.
Der Staat kann bei Unternehmen einsteigen, um für die Versorgungssicherheit zu sorgen und sie vor dem Absturz und damit vor unklaren Folgen für Stadtwerke zu retten. Erholen sich die Firmen, ist er dann auch an Gewinnen wieder beteiligt. Das will Habeck aber offensichtlich nicht.
Der will natürlich auch nicht darüber reden, dass ein wichtiger Faktor hoher und inflationstreibender Gaspreise in der EU-Reform des Gasmarktes zu finden ist. Statt Gas direkt bei den Erzeugern zu stabilen Preisen zu kaufen, hat die vorherige EU-Kommission dafür gesorgt, dass das Gas an den Börsen gehandelt wird.
Da sind wir dann wieder bei hohen inflationstreibenden Spekulationsgewinnen. Die werden aus Brüssel und Berlin nicht bekämpft, sondern sogar gefördert. Darin liegt ein zentrales Problem.
Dass der extreme Gaspreis an den Börsen über das Merit-Order-System dann auch noch den Strompreis definiert, setzt dem Ganzen die Krone auf.