Regierung im Weißen Haus mit Dauerleck

Bild: state.gov

Wenn eine Machtelite den Staatsapparat zerschlagen will, was Trump und Bannon wollen, provoziert man Widerspruch

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Donald Trump hat nicht nur "die Medien", auch "FAKE NEWS media" im Visier und sie gerade einmal wieder zu "Feinden des Volkes" erklärt. Und er wettert über Twitter über die Leaks aus seiner Administration und macht das FBI dafür verantwortlich. Die Sicherheitsbehörde sei unfähig, die Leaker zu finden, nicht einmal die Leaker in den eigenen Reihen könnten gefunden werden. Das Leaken von als geheim klassifizierten Informationen könne "für die USA verheerend" sein, wohl aber erst einmal für Trump selbst, der von vielen Angestellten in den Ministerien und in den Geheimdiensten abgelehnt wird, was manche den "tiefen Staat" bezeichnen. Zudem müssten dann aber auch die zu Staatsfeinden erklärten Medien gehören.

Kaum hatte Trump sich über das FBI beklagt, wurde schon ein neuer Leak-Fall bekannt. Ausgerechnet ein vom Rechtsberater des Außenministeriums, Richard Visek, verfasstes Memo für Rex Tillerson, in dem vor den Leaks gewarnt wurde, fand schnell einen Weg zu den medialen Staatsfeinden. Josh Rogin, Journalist bei der Washington Post, die schon im Wahlkampf deutlich gegen Trump auftrat, berichtet, er habe das Memo zugesteckt bekommen, was zeige, dass das Verhältnis zwischen der von Trump ernannten Ministeriumsführung und den Mitarbeitern zu wünschen übrig lässt.

Im Memo ging es um "Sensitive But Unclassified" (SBU), einer Klassifikation von Dokumenten, die nicht als geheim erklärt werden, aber nicht weitergegeben werden sollen und vertraulich sind. Das Memo war selbst als SBU klassifiziert worden. In ihm ging es vor allem darum, dass nicht autorisierte Weitergaben von vertraulichen Informationen unterbunden werden sollte. Das würde die Bereitschaft von höheren Mitarbeitern mindern, offenen Rat zu suchen, was wiederum die Entscheidungen und das Ansehen des Ministeriums beeinträchtigen könnte.

Es gäbe viele Möglichkeiten, Informationen durchzustechen, wenn Mitarbeiter nicht mit der vorgeschriebenen Politik einverstanden sind. Der "Dissent Channel" sei allerdings hilfreich gewesen, eine offene und unzensierte Diskussion im Hause zu ermöglichen. Den hatten hunderte Mitarbeiter genutzt, um Trumps Einreiseverbot zu kritisieren. Aber auch das sei schnell geleakt worden. Deswegen müssten Leaks so schnell geschlossen werden wie möglich.

Devise aus dem Weißen Haus: "deconstruction of the administrative state".

Mark Toner, der Sprecher des Außenministeriums, wollte zwar über das gelakte Memo nicht sprechen, wiederholte aber die Warnung, dass die Ministeriumsangestellten geheime und vertrauliche Informationen nicht weitergeben dürfen. Für den WP-Journalisten zeigen die Leaks aber, dass sie über die normalen Kanäle nicht die Politik beeinflussen können, weil die Leute von Tillerson nicht mit ihnen kommunizieren. Das scheint ein Problem zu sein. Da könnte einiges dran sein, wenn Stephen Bannon, der Chefstratege des Weißen Hauses, erklärte, man habe bereits angefangen, den Staat zu zerlegen: "deconstruction of the administrative state". Da müssen sich die Mitarbeiter eben dieses Staatsapparates überlegen, ob sie das einfach über sich ergehen lassen, und auch, ob das ihrer Erfahrung nach zu einer besseren Politik führt.

Nach dem WP-Journalisten scheint sich im Außenministerium - und wohl nicht nur dort - das Gefühl auszubreiten, abgehängt worden zu sein. Trump hatte ja schon in seiner Antrittsrede angekündigt, mit "Washington" nichts zu tun zu haben, weil mit ihm das Volk in die Hauptstadt einzieht. Aber noch gibt es die Ministerien, in denen Tausende von Menschen arbeiten, die aber nicht mehr wissen, was das Weiße Haus will, weil auch aufgrund der Sorge um die Leaks immer weniger Informationen weitergegeben werden, beispielsweise die genauen Mitschriften der Gespräche des Außenministers. Der soll nicht bei wichtigen Treffen im Ministerium erschienen sein, es habe noch nie eine Pressekonferenz gegeben, Berater würden wichtige Dinge erledigen. Könnte allerdings auch sein, dass Tillerson selbst unsicher ist, wie er sich verhalten soll, da es durchaus möglich ist, dass es noch keine konsistente außenpolitische Linie der Regierung gibt. Das wäre zu Beginn einer Regierung nicht ganz verwunderlich, wenn man dann aber die Erfahrung im Haus nicht einholen will und die Mitarbeiter nicht mitnehmen kann oder will, wird es zu einem Problem, zumal ja alles ganz schnell ganz anders werden soll.

Viele Stellen in Ministerium seien überdies noch unbesetzt, weil Tillerson Menschen auf führenden Positionen aufgefordert hatte, das Ministerium zu verlassen, bevor Ersatz gefunden war. Das alles kann sich schnell ändern, räumt der WP-Journalist ein, Tillerson und sein Team müssten halt Vertrauen im Haus aufbauen, da viele Mitarbeiter lieber interne Kanäle nützen würden, um ihre Meinung abzugeben und an der Ausrichtung mitzuarbeiten, als Leaks zu nutzen. Das Problem könnte allerdings eben sein, dass Trump mit seinem Team eben diesen Stil des Regierens mit einer politischen Kaste in den Ministerien verlassen will und damit gegen das etablierte System revoltiert, das dementsprechend Widerstand leistet. Funktionieren kann das aber nicht wirklich, da mit dem mutmaßlichen Milliardär Trump und seinen Auserwählten nicht das Volk plötzlich an den Schalthebeln sitzt, sondern nur eine andere Macht- und Geldelite, die so tut, allen voran Trump und Bannon, als wären sie Revoluzzer, während sie nur auf andere Weise machtbesessen sind und die reiche sowie weiße Schicht, zu der sie selbst gehören, sowie den Kapitalismus befördern wollen. Sind Millionäre und Milliardäre die neuen Subversiven?