Renault: "Avantgarderolle" bei der globalen Umweltverschmutzung?

Nachhaltigkeitsdebatte und 3-Liter-Auto offenbar bei Autobauern Schnee von Gestern

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Mit einem ab "5.000-Euro-Auto" unter dem Namen "Logan" will der Renault-Konzern ab Herbst Märkte besonders in den neuen EU-Staaten, aber auch neben dem Produktionsland Rumänien in Russland, Marokko, Kolumbien und dem Iran sowie längerfristig in China und Indien erobern. In den hier genannten Ländern ist auch geplant, für das Fahrzeug Produktionsstätten einzurichten. Der Konzernabsatz soll dadurch bis 2010 auf vier Millionen Fahrzeuge im Jahr angehoben werden.

Während die Ölpreise ins Unermessliche steigen, die Ölminister der OPEC in Beirut die Förderquoten des Kartells in den nächsten Wochen signifikant erhöhen mussten, um den Ölpreis wieder in ein sowohl für Lieferanten als auch Abnehmerstaaten akzeptables, aber zur Zeit undenkbares Preiskorsett von 22 bis 28 US-Dollar pro Barrel (159 Liter) zu zwängen, während nicht nur gerade auf dem Weltforum für Erneuerbare Energien in Bonn die Abkehr von Erdöl und der entsprechenden Politik eingefordert wurde, wirft die Automobilindustrie nun Massenprodukte wie den Logan mit einem Verbrauch von durchschnittlich 7 Liter Benzin auf 100 Kilometer (gar 10 Liter im Stadtverkehr) global auf den Markt.

In Konzernetagen offenbar ungehörte Fensterreden, wenn Hermann Scheer bei der Eröffnung der Konferenz in Bonn betonte, die jährlichen Subventionen weltweit für atomare und fossile Energien lägen bei über 500 Milliarden Dollar? Auf mehr als 100 Milliarden Dollar beliefen sich bereits die jährlichen energiebedingten Katastrophenschäden. Es scheint, als hätte es einen Agenda2000-Prozess oder eine Nachhaltigkeitsdebatte für Global Player wie Renault nie gegeben und als zählten in wesentlichen Segmenten der globalisierten Wirtschaft nur die Steigerung der Gewinnmargen der Konzerne, die Gewinne werden privat eingestrichen, die Schäden aus den Produkten, sofern überhaupt noch auszubügeln, vergesellschaftet.

Für den Massenabsatz dieser Stufenhecklimousine der rumänischen Renault-Konzernmarke Dacia sollen im Herbst neben den bereits genannten Märkten auch die u. a. in der Türkei, Syrien, Nordafrika und Israel überschwemmt werden. In Westeuropa soll das Fahrzeug jedoch vorerst nicht angeboten werden. Die Renault SA in Paris stellte nun am 2. Juni 2004 dieses Fahrzeug vor, das auf modernste Ausstattungen verzichtet, aber geräumig Platz für Insassen und Gepäck bietet. Die Karosserie wurde für schlechte Straßenverhältnisse in den angepeilten Absatzregionen hochgelegt.

Die geplante Gewinnmarge wird von Konzernboss Louis Schweitzer bereits mit fünf Prozent angegeben. Dies sei etwa so viel, wie bisher in Westeuropa erzielt werde. Für 2010 peilt Renault einen Jahresabsatz von 700.000 Logan-Fahrzeugen an, dies entspricht etwa dem Absatz der Megane-Familie im letzten Jahr. Insgesamt verkaufte Renault 2003 rund 2,39 Millionen PKWs, einschließlich der Beteiligung an Nissan waren es sogar 5,36 Millionen Fahrzeuge.

"Man mag einwenden, dass der französische Autohersteller (Renault) zur hemmungslosen Verschmutzung des Planeten beiträgt", kommentierte Stéphane Lauer Pariser Tageszeitung "Le Monde" am Mittwoch die Modellvorstellung von Renault. Doch wird die Aussage sogleich aus Standortorientierung heraus relativiert:

Dies ist wahrscheinlich richtig, aber man darf vor einer Tatsache nicht die Augen verschließen: Das Auto wird es noch lange geben und es kann ein Phänomen des Fortschritts, wenn nicht sogar der Mobilität sein. Ist ein billiges und ökologisch verträgliches Auto nicht besser als die in die Dritte Welt verschleuderten Gebrauchtwagen aus einem Westen, der seine eigene Umweltverschmutzung exportiert?

Was verstehen Journalisten wie Stéphane Lauer oder vielleicht sogar die so genannte "breite Öffentlichkeit" im Nachbarland Frankreich unter "ökologisch verträglich"? 10 Liter Benzin bei Stadtverkehr und hohe CO2 (Werte nach Herstellerangabe?

Renault könne so direkt oder indirekt Industriearbeitsplätze in Schwellenländern schaffen. "Le Monde" sieht dies als eine "Avantgarderolle" des sich selbst in der deutschen Werbung zum Schöpfer erklärenden Konzerns, zum Créateur d'Automobiles. Doch fern jeder deutschtümelnden Scheinheiligkeit muss erwähnt werden, VW ist da ebenso "avantgardistisch" mit seinem Tupi aus und für Brasilien und China etc. Andere Konzerne wie Ford sind mit ähnlichen Modellen auch schon auf dem Sprung. Motto: "Nach uns die Sintflut", die Eiszeit oder was immer für ein Treibhaus-Szenario der Zukunft gerade "in" ist!