Rezession in Deutschland: Ökonomen senken Prognosen deutlich
Hohe Preise für Energie und Nahrungsmittel, Krieg und Pandemie lassen Konjunktur deutlich abkühlen. Die Bundesrepublik trifft es besonders deutlich. Und es könnte noch schlimmer kommen.
Deutschland steckt in der Krise, darüber sind sich Ökonomen weitgehend einig. Nur in der Frage, wie stark die Rezession ausfällt, unterscheiden sich ihre Prognosen. Am Montag hatte die OECD ihre Prognose vorgestellt. Und das Handelsblatt stellte vorab die "Gemeinschaftsdiagnose" führender deutscher Wirtschaftsforschungsinstitute vor.
Steigende Inflation und schwächelnde Wachstumsaussichten sind ein weltweites Phänomen, stellt die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in ihrer Prognose fest. Doch Deutschland ist eines der Länder, die von den wirtschaftlichen Problemen am meisten getroffen wird.
Die Wirtschaftsleistung schrumpft um voraussichtlich 0,7 Prozent und die Inflation verharrt auf hohem Niveau. Für 2022 erwartet die OECD in Deutschland eine Teuerungsrate von 8,4 Prozent und für 2023 von 7,5 Prozent.
Auch die deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute kommen zu einem ähnlichen Ergebnis: Laut ihrer Prognose geht das Bruttoinlandsprodukt im kommenden Jahr um 0,4 Prozent zurück, heißt es im Handelsblatt. Damit haben sich auch in ihren Augen die wirtschaftlichen Aussichten eingetrübt; im Frühjahr gingen sie für 2023 noch von einem Wachstum von 3,1 Prozent aus.
Diese Prognose wurde im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums von den führenden deutschen Instituten erstellt: dem RWI in Essen, dem ifo-Institut in München, dem IfW in Kiel und dem IWH in Halle. Am Donnerstag soll die "Gemeinschaftsprognose" offiziell vorgestellt werden.
Bei der Inflation sind die vier Institute pessimistischer gestimmt als die OECD. Für 2022 rechnen sie mit einer Inflationsrate von 8,4 Prozent, im nächsten Jahr soll sie dann auf 8,8 Prozent ansteigen.
Die Gründe für diese Entwicklung sind vielfältig; der Krieg in der Ukraine und die Nachwirkungen der Coronapandemie dürften zu den wichtigsten zählen. Durch Krieg und Sanktionen sind die Lebensmittel- und Energiepreise weltweit angestiegen. Und die umfassenden Corona-Lockdowns in China haben viele Lieferketten durcheinandergebracht.
"Der Krieg, die Last hoher Energie- und Lebensmittelpreise, ebenso die Null-Covid-Politik aus China, bedeuten, dass das Wachstum geringer ausfallen wird und dass die Inflation höher und anhaltender sein wird", sagte OECD-Generalsekretär Mathias Cormann in Paris.
Neben diesen Faktoren werden aber auch die steigenden Leitzinsen von den Ökonomen als Grund für die schwindende Wirtschaftsleistung angeführt. Denn sie verteuern Kredite und erschweren Investitionen.
Laut Deutscher Presse-Agentur (dpa) äußerten sich auch Bankvolkswirte pessimistisch. Ralf Umlauf von der Landesbank Hessen-Thüringen sagte demnach:
Kurzfristig lässt sich wegen anhaltend hoher Gas- und Konsumentenpreise, der Versorgungsunsicherheit, der geopolitischen Risiken und der steigenden Zinsen nicht erkennen, dass die Stimmung der deutschen Wirtschaft schon bald auf Erholungskurs geht.
Die Europäische Zentralbank werde vermutlich nicht von ihrem Plan abrücken, die Zinsen weiter zu erhöhen. Ein konjunktureller Abschwung werde damit in Kauf genommen, so Umlauf.
Andere Länder im Euro-Raum schneiden in der OECD-Prognose besser ab als Deutschland. Zumindest für den gesamten Währungsraum rechnet die Organisation mit einem leichten Wachstum: 1,25 Prozent in diesem Jahr und 0,3 Prozent im Jahr 2023.
Diese Ergebnisse stehen allerdings unter einem Vorbehalt: Wird Erdgas noch knapper als bisher, dann dürfte die Wirtschaftsleistung weiter schrumpfen. Denn die Staaten müssten die Folgen für Haushalte und Unternehmen mit erheblichen Mitteln abfedern.
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