Roboter auf dem Feld und im Stall

De Laval Melkroboter während des Melkens. Foto: St. Krug / CC BY-SA 3.0

Wieviel und welche Technik vertragen Öko-Landbau und -Tierhaltung?

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Die Technisierung im Stall und auf dem Feld ist im Laufe der letzten Jahrzehnte stets weiter vorangeschritten. Inzwischen gehen Ackerbauern immer routinierter mit ihren Maschinen um. Ob Saatgutkombinationen, Düngerstreuer, Grubber, Eggen, Spritzgestänge, Mähdrescher, Kartoffelroder - je größer und schwerer die Maschinen, desto höher ist die Arbeitsleistung. Das hat seinen Preis: Unter dem immensen Gewicht der Maschinen verdichten sich die Böden, darunter leiden Bodenfruchtbarkeit, Bodenlebewesen und Nährstoffverfügbarkeit - auch auf Bio-Äckern.

Gerade im Ökolandbau spielt Technik eine bedeutende Rolle. Denn hier müssen die Bauern mit der Unkrautregulierung den konventionellen immer einen Schritt voraus sein. Was an unerwünschten Kräutern aufkeimt, kann nur durch Hacken, Striegeln, Häufeln, Eggen oder auch thermisch - durch Abflammen - eingedämmt werden. Mehrgliedrige Fruchtfolgen helfen den Unkrautdruck so gering wie möglich zu halten. Außerdem werden blühende Kräuter auf Ackerrandstreifen gezielt gefördert.

Moderne Bodenbearbeitungsgeräte wie sensorgesteuerte Hackroboter mit angehängten Geräten waren auf den Öko-Feldtagen im Juni 2017 im nordhessischen Frankenhausen zu bewundern.

Während bei den GPS-gesteuerten Anbaumaschinen mit passgenauer Spurführung noch ein Mensch am Steuer sitzt, bewegen sich Mini-Roboter mittels modernster Software ferngesteuert über den Acker, während sie mittels Kameras und Sensoren Unkräuter und Schädlinge beseitigen.

Der Jätroboter "Oz" zum Beispiel fährt blinkend und geräuscharm durch die Reihen und häufelt Erde über das Unkraut. Auch der smarte "Bonirob" wurde so konzipiert, dass er Unkraut von Möhren unterscheiden kann. Zum Beispiel auf den Äckern der Gesellschaft Westhof: Wo früher Saisonarbeiter auf 160 Hektar Möhren in gebückter Haltung Beikräuter jäteten, dreht heute der Roboter seine Runden.

Leichtere Maschinen schonen die Böden

Wie aber sieht es bei kleineren Betrieben aus? Können die sich überhaupt teure Roboter leisten? "Technik und vor allem Software sind bei geringer Stückzahl teurer", glaubt Felix Prinz zu Löwenstein, Vorstand im Bund ökologischer Lebensmittelwirtschaft (BÖLW). Würden sie in großer Stückzahl hergestellt, würden die Geräte um Einiges preiswerter. Er selbst nutzt Maschinen vor allem gemeinschaftlich mit anderen Betrieben in der Region.

Wo moderne Roboter im Öko-Landbau sinnvoll arbeiten könnten, davon hat der Bio-Landwirt, der auf dem Bio-Hofgut Habitzheim in Südhessen insgesamt 160 Hektar bewirtschaftet, konkrete Vorstellungen. So wiegt ein sechsreihiger Zuckerrübenvollernter voll beladen etwa 40 Tonnen. Dementsprechend hoch ist die Verdichtung im Boden.

Im Gegensatz dazu würden mehrere kleine autonome Erntemaschinen auf dem Feld den Boden deutlich weniger belasten. Dasselbe gilt für vielscharige Pflüge mit den dafür nötigen großen Traktoren. Für den Boden sei es ein großer Unterschied, ob die Achslast einer Maschine zwanzig oder zwei Tonnen beträgt.

Allerdings werden die Feldschläge im Bio- wie im konventionellen Anbau immer größer. Zwar können großflächige Äcker besser von breiten Maschinen bearbeitet werden, ohne allzu häufig wenden zu müssen. Doch auf derartig riesigen Ackerflächen geht die Biodiversität allmählich verloren. Würden stattdessen lange, etwa 18 Meter breite Streifenäckern angelegt, erklärt der Agrarwissenschaftler, blieben kleinräumige Landschaften erhalten.

Diese könne man mit Hilfe von satellitengestütztem GPS (Globales Positionsbestimmungssystem) ohne häufiges Wenden mit kleineren Sämaschinen und Hackgeräten bearbeiten. Ähnliches gilt für Äcker in Hanglagen, die wegen der Erosionsgefahr immer quer zum Gefälle bearbeitet werden sollten. Mit Hilfe von GPS ließe es sich einfacher entlang der Höhenlinie fahren.

Automatische Helfer in der Kürbisernte

Auch im Kartoffelanbau können Roboter sich nützlich machen: So legt zum Beispiel der Kartoffelkäfer seine Eier direkt an der Blattunterseite ab. Ein kleiner Roboter könnte, durch die Reihen fahrend, die befallenen Blätter erkennen und diese direkt von der Pflanze entfernen, ebenso Blätter, die von Kraut- und Knollenfäule befallen sind.

In Sonderkulturen wie Wein kommen häufig "Stockräumer" zum Einsatz, die am Trecker angebracht sind und das Unkraut um einen Stamm herum entfernen. In steilen Weinbergen hingegen, wo der konventionelle Winzer auf Glyphosat zurückgreift, bleibt seinem Bio-Kollegen nur die Handhacke. Ein autonom auf Raupen den Steilhang hinauf und hinunter fahrender Stockräumer wäre hier eine enorme Arbeitserleichterung.

Auch im Mischkulturanbau sei der Einsatz von Robotern denkbar. So könne man schon heute die aus Südamerika stammende Mischkultur "Milpa" auch hierzulande kultivieren: An den Maispflanzen ranken sich die Bohnen empor, darunter wächst der ertragreiche Kürbis. Mais und Bohnen erntet der Mähdrescher gemeinsam. Sie werden dann entweder durch Siebe getrennt oder zusammen als eiweißhaltiges Mischfutter verwendet. Die Kürbisse aus dem Acker zu holen, wäre hingegen zu personalaufwändig. Es sei denn, diese Arbeit würde ein kleiner selbständig arbeitender Roboter übernehmen.

Mancherorts werden im ökologischen Gartenbau Arbeitspferde eingesetzt. Doch haben Pferde in unserem modernen technischen Zeitalter überhaupt noch eine Daseinsberechtigung? Arbeitet jemand gern mit Pferden, glaubt Löwenstein, sei dies sogar ein Vorteil für den Boden, weil dieser im Untergrund über den Huftritt weniger verdichtet wird als durch schwere, massive Maschinen.

Ziel des Ökolandbaus ist es, stabile Agrar-Ökosysteme zu schaffen, die ohne den Einsatz von Agrarchemie auskommen. Neue Techniken seien vor allem danach zu beurteilen, ob sie dabei helfen können, dieses Ziel zu erreichen - etwa, indem sie vielfältige Mischkulturen ermöglichen, die heute an den hohen Arbeitskosten scheitern, erklärt der international bekannte Buchautor. Dann könnten große Betriebe ebenso wie kleine zu vielfältigen und abwechslungsreichen Kulturlandschaften beitragen.

Roboter melken effizienter

Mehr als 50 Prozent aller Melksysteme, die in Deutschland neu installiert werden, sind Automatische Melksysteme (AMS) - Tendenz steigend. AMS werden auch für Milchvieh haltende Öko-Betriebe zunehmend interessanter. Die Roboter, die 24 Stunden im Einsatz sind, helfen die Arbeitsbelastung zu senken. So kann der Bauer seine Arbeitszeit flexibler gestalten.

Zwei bis drei Mal am Tag kommt die Kuh von ganz alleine zum Roboter, um sich melken zu lassen, zu Beginn der Laktation sogar bis zu fünf Mal. Das häufigere Melken kommt auch dem natürlichen Saugreflex der Kälber entgegen, die von Natur aus mehrmals täglich nach den Zitzen der Mutter suchen - mit dem Unterschied, dass die Kälber von Maschinen abgelöst wurden.

Die Investition in einen Melkroboter ist nicht zu unterschätzen. Das Gerät rechnet sich nur dann, wenn es optimal ausgelastet ist. Die Wirtschaftlichkeit eines automatischen Melksystems hängt somit von den Kosten des Milchentzugs ab und verbessert sich mit steigender Systemleistung, heißt es in der KTBL-Schrift "Automatische Melksysteme".

Mit Einboxanlagen können unter günstigen Bedingungen bis zu 750.000 kg gemolken werden, was ca. 2 000 kg Milch je Tag entspricht, bei leistungsfähigeren Tieren seien noch höhere Werte möglich - und das bei einer Herdengröße von nur 55 bis 70 Kühen. Wobei der Roboter nur Kühe mit optimaler Zitzenform überhaupt zu melken bereit ist.

Bei "optimaler Handhabung" der Roboter, so heisst es, steigere sich die Milchleistung pro Tier jährlich um 500 bis 1.000 Kilogramm. Was nichts anderes bedeutet, als dass die einzelne Kuh gezwungen wird, immer mehr Milch zu geben. Das ganze System ist auf andauernd steigende Milchleistungen ausgerichtet.

Das geht letztlich auf Kosten des Tieres, dessen Organismus bis an seine Grenzen ausgereizt wird. Mit Umstellung auf AMS erhöhen sich auch häufig Zell- und Keimzahlen in der Milch, was sich wiederum negativ auf die Eutergesundheit auswirkt.

Schließlich stellt sich die Frage: Wenn der Milchbauer nur noch die Technik überwacht und die Daten auf dem Display interpretiert, wird dann der persönliche Kontakt zum Tier nicht immer weniger?

Verbesserte Lebensqualität für Bauer und Kuh

Glaubt man dem Nutztierexperten Uwe Eilers vom Landwirtschaftlichen Zentrum Baden-Württemberg (LAZBW), so hängt der erfolgreiche Einsatz eines AMS davon ab, ob die Tiere in gleichmäßigen Intervallen zum Melken kommen. Und das kann vor allem dann schwierig werden, wenn die Tiere regelmäßig auf die Weide gehen. Denn automatische Melksysteme vertragen sich in der Regel schlecht mit regelmäßigem Weidegang. Und der ist auf Biobetrieben vorgesehen.

Einer Studie von 2013 an der Uni für Ökolandbau in Kassel/Witzenhausen zu Folge mussten die Kühe von fast einem Drittel aller befragten Betriebe, die vorher regelmäßig Weidegang hatten, nach der Einführung eines AMS dauerhaft im Stall bleiben. Zudem wurden die Herdengrößen aufgestockt.

Dort, wo Weidegang noch gewährt wurde, verkleinerte sich die Weidefläche pro Kuh, und zwar im Schnitt von 3500 auf 2000 Quadratmeter je Tier. Weshalb die Tiere ihr Futter hauptsächlich im Stall aufnahmen. So wurde in nahezu der Hälfte aller untersuchten Betriebe tendenziell mehr Kraftfutter gefüttert als vorher.

Andererseits zeigte sich, dass zwei Drittel der Ökobetriebe mit dem System Weidegang und AMS ohne Einschränkung des Weidegangs zurechtkamen. Zu ähnlichen Ergebnissen kam eine aktuelle Untersuchung des LAZBW in der 25 Ökomilchviehbetriebe in Baden-Württemberg und Bayern mit AMS und Weidegang analysiert wurden.

Obwohl die Weidedauer der untersuchten Betriebe sehr unterschiedlich war, kamen die Tiere in den meisten Fällen auf einen täglichen Weidegang von mehr als fünf Stunden, ein Drittel sogar auf mehr als zwölf Stunden.

Einen Vorteil genießen vor allem rangniedere Tiere, weil sie weniger Stress im Wartebereich, beim Treiben in und aus dem Melkstand oder am Fressgitter haben. Sie warten einfach, bis der Zugang zum AMS frei ist. Andererseits kann auf einem Betrieb mit Hörner tragenden Kühen der Melkroboter kaum hundertprozentig ausgelastet werden.

Biobauer Norbert Schnell aus dem Allgäu zeigt sich nach zweijähriger Erfahrung mit dem Melkroboter zufrieden. Zwar hat er seine früheren Portionsweiden auf Standweide umstellen müssen, doch können die Kühe hier arttypische Verhaltensweisen wie Grasen und Sozialverhalten ausleben. Das meiste Gras fressen sie allerdings nun am Futtertisch.

Dafür werden sie zweimal täglich im Fressgitter fixiert. Bei der Gelegenheit überprüft der Bauer in aller Ruhe Euter, Klauen und Allgemeinzustand. Regelmäßige Abläufe ohne Rangeleien, aufmerksame Betreuung, gutes Hygienemanagement - all das hat sich auch positiv auf die Eutergesundheit ausgewirkt. Und der Bauer selbst hat ein deutlich geringeres Arbeitspensum: Freie Nachmittage - früher undenkbar - sind für ihn zur Normalität geworden.