Rosneft-Enteignung: Erste Investoren bereit, PCK-Raffinerie zu übernehmen

PCK-Raffinerie in Schwedt (Oder) bei Nacht. Bild: © PCK Raffinerie GmbH

Die Zukunft der Raffinerie ist weiter ungewiss. Rufe nach staatlichen Hilfen werden lauter. Auch mögliche Investoren haben sich gemeldet, doch die Bundesregierung zweifelt noch.

Robert Habeck (Grüne) zeigte sich beim Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos entschlossen: Die aktuellen Krisen müssten schnell gelöst werden, sagte der deutsche Wirtschaftsminister, denn ansonsten würde "die Welt destabilisiert" – was sich auch am Krieg in der Ukraine zeige.

Damit Russland für den Angriff auf das Nachbarland bestraft wird, empfahl Habeck in Davos, gemeinschaftlich kein Erdöl mehr aus Russland zu beziehen. Doch die Europäische Union ist in dieser Frage noch immer uneins: Ungarn spricht sich weiterhin gegen ein Embargo auf russische Öllieferungen aus.

Zwar erkannte Habeck – in Worten – an, dass die EU-Länder eine unterschiedliche Ausgangslage haben. Doch er mahnte Ungarn: "Aber ich erwarte von allen – auch von Ungarn –, dass sie darauf hinarbeiten, damit wir eine gemeinsame Lösung finden und nicht sagen: ‚Wir bekommen eine Ausnahme, dann lehnen wir uns zurück und bauen unsere Partnerschaft mit Putin weiter aus‘".

So sehr Habeck einen Verzicht von russischem Öl fordert, so wenig hat er bislang einen konkreten Plan präsentiert, wie es mit der PCK-Raffinerie in Schwedt (Oder) weitergehen soll. Sie solle erhalten werden, erklärte er immer wieder; doch das Wie ist nach wie vor ungeklärt.

Linke startet Aktion und nennt Regierungspläne: nutzlos

In Brandenburg nimmt deshalb die Nervosität zu und die Linke im Brandenburger Landtag starte am Montag eine Aktion, mit der sie den Erhalt der Raffinerie fordert. Mit seichten Erklärungen will sich die Partei nicht mehr zufriedengeben, sondern sie fordert eine Jobgarantie für die rund 1.200 Beschäftigten und staatliche Hilfen.

Die Kritik der Linken ist vernichtend: Habecks Vorstellungen seien nutzlos, heißt es bei ihnen. Zu den Plänen, die Raffinerie künftig über die Ostsee-Häfen Rostock und Danzig zu versorgen, erklärten sie:

Die Raffinerie ist auf das sibirische Öl aus der Druschba-Pipeline geeicht. Sie kann nicht von heute auf morgen andere Rohstoffe verarbeiten. Eine Umstellung würde Zeit und eine Produktionspause erfordern, die wirtschaftlich kaum zu stemmen wäre.

Und an eine schnelle Umstellung der Raffinerie auf die Produktion von grünem Wasserstoff glauben sie auch nicht. Dazu heißt es:

Langfristig ein Zukunftsplan, kurz- und mittelfristig unmöglich. Grüner Wasserstoff lässt sich bislang vor allem im kleinen Maßstab erzeugen, noch kaum in industrieller Massenproduktion. Eine Umstellung von PCK würde Jahre dauern. Soviel Zeit haben weder die Beschäftigten noch die Kunden.

Sie fordern stattdessen, dass die Raffinerie in staatliche Treuhänderschaft überführt wird und Entwicklungsplan erstellt wird, der analog zu dem für die Kohleregionen ist. Doch bislang konnten sie die Linken mit ihren Vorstellungen nicht durchsetzen. Ein entsprechender Antrag wurde kürzlich von den Fraktionen der Regierungskoalition aus SPD, Grünen und Christdemokraten abgelehnt.

Erste Investoren stehen Schlange

Wie das Überleben der Raffinerie gesichert werden kann, ist vor diesem Hintergrund immer noch ungewiss. Nur eines scheint festzustehen: Mit dem russischen Energiekonzern Rosneft als Mehrheitseigner wird die Raffinerie keinen Bestand haben.

Denn um die Raffinerie überhaupt betreiben zu können, wäre man auf Öllieferung aus dem polnischen Hafen Danzig angewiesen – und die polnische Regierung hat ihre Position längst klargestellt: Es wird kein Öl geliefert, solange Rosneft an der Raffinerie beteiligt ist.

Für den Fall, dass Rosneft enteignet wird, stehen schon potenzielle Investoren bereit, um die Raffinerie zu übernehmen. Das berichtete das Handelsblatt am Montag.

Einer der möglichen Investoren ist der Energiekonzern Alcmene. Das Unternehmen hatte im letzten Jahr versucht, den Raffinerie-Anteil des Energiekonzerns Shell zu übernehmen. Doch Rosneft hatte von seinem Vorkaufsrecht Gebrauch gemacht – und übernahm seinerseits den Anteil von 37,5 Prozent.

"Wir stehen bereit, die Raffinerie PCK Schwedt komplett zu übernehmen", sagte nun Raul Riefler, der die Geschäfte von Alcmene führt. Man könne umgehend damit beginnen, eine langfristige Lösung für den Fortbestand der Raffinerie zu finden, hieß es demnach weiter.

Statt die Anlagen weiterhin per Pipeline zu versorgen, setzt Alcmene auf den Öl-Transport auf der Schiene. Das Unternehmen verfüge "vermutlich als Einzige über die technischen Ressourcen, innerhalb weniger Monate Ladevorrichtungen nach Schwedt zu verlegen, durch die eine in Kriegs- und Sanktionszeiten gegebenenfalls erforderliche Auslastung der PCK allein über den Bahnverkehr ermöglicht werden könnte", so Riefler.

Doch im Bundeswirtschaftsministerium zeigte man sich bislang skeptisch. Ein Grund dürfte laut Bericht sein, dass Alcmene weithin unbekannt ist – und eine nicht leicht zu durchschauende Firmenstruktur aufweist. Alcmene gehört zur Liwathon-Gruppe, die neben einem Firmensitz in Estland noch einen in Irland aufweist und einen weiteren auf Guernsey, einer Insel im Ärmelkanal.

Ministerium setzt auf Shell

Wie das Handelsblatt aus dem Wirtschaftsministerium erfahren haben will, setzt man dort auf einen bekannten Konzern: Shell. Deren Leute wüssten mit den besonderen Beschaffenheiten der Raffinerie in Schwedt umzugehen und seien daher eine sichere Lösung, hieß es demnach. Doch bei Shell wollte man sich nicht dazu äußern – und darüber hinaus wäre es auch fraglich, ob der Betrieb der Raffinerie noch mit den Nachhaltigkeitszielen des Konzerns vereinbar wäre.

Als weiterer Bewerber für die Übernahme der Raffinerie steht das deutsche Unternehmen Verbio in der Schlange, ein Unternehmen, dass Biokraftstoffe produziert. "Wir könnten am Raffineriestandort Schwedt demonstrieren, wie sich die Transformation von fossilen zu erneuerbaren Energien gestalten lässt", sagte Verdio-Vorstandschef Claus Sauter dem Handelsblatt.

Die Biokraftstoffe von Verbio werden zum großen Teil nicht aus Getreide oder Raps hergestellt, sondern aus Pflanzenresten, wie zum Beispiel aus Stroh. Bei diesen Biokraftstoffen spricht man von der "zweiten Generation". Und sie sollen künftig in einem der zwei Produktionssträngen der PCK- Raffinerie erzeugt werden, während im anderen Produktionsstrang zeitweilig noch fossile Kraftstoffe raffiniert werden können, so Sauter.

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