Russenpartei Jisra'el Beitenu tritt Regierungskoalition bei

Avigdor Lieberman wird Verteidigungsminister

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Die 1999 gegründete Partei Jisra'el Beitenu ("Unser Haus Israel") wird vor allem von Juden aus der ehemaligen Sowjetunion gewählt, die nach 1990 in großer Zahl nach Israel einwanderten - aktuell spricht etwa ein Fünftel der insgesamt achteinhalb Millionen Einwohnern Israels Russisch als Muttersprache. Jisra'el Beitenu tritt für ein säkulareres, aber auch homogeneres Israel und propagiert den Tausch jüdischer Siedlungen auf der Westbank gegen überwiegend arabisch besiedelte Gebiete, die zu Israel gehören. 2010 regte sie außerdem an, dass israelische Araber, die sich illoyal verhalten, ausgebürgert und zu Palästinensern erklärt werden sollten.

Chef und bekanntester Politiker von Jisra'el Beitenu ist der bereits 1978 aus dem heute moldawischen Kischenau eingewanderte Avigdor Lieberman, der mittlerweile ganz passabel Hebräisch spricht. Seine Forderungen wie die, Israel sollte mit der Hamas verfahren wie die USA mit den Japanern im Zweiten Weltkrieg oder die Russen in Tschetschenien, werden auch in ausländischen Medien diskutiert. Lieberman war von von 2009 bis 2012 Netanjahus Außenminister. Die Korruptionsermittlungen, wegen denen er damals zurücktreten musste, endeten in einem Freispruch. Nun soll er neuer Verteidigungsminister werden - das gaben gestern übereinstimmend einer seiner Sprecher und Tourismusminister Jariv Levin bekannt.

Zurückgetretener Verteidigungsminister Jaalon kritisiert Netanjahu

Diese Nachricht kommt insofern wenig überraschend, als Lieberman bereits letzte Woche öffentlich Interesse an diesem Kabinettsposten geäußert hatte. Seine dabei vorgebrachte Forderung nach mehr Rente für Einwanderer akzeptierte Netanjahu und machte dafür bis 2020 1,4 Milliarden Schekel Haushaltsmittel flüssig. Einer anderen Forderung Liebermanns - der Anwendung der Todesstrafe bei Messerattentätern - wollte er Medienberichten zufolge jedoch nicht nachgeben. Als der Ministerpräsident sich mit Jisra'el-Beitenu-Vorsitzenden zu Gesprächen traf, kam Verteidigungsminister Mosche Jaalon am Freitag seiner drohenden Entlassung zuvor und legte sein Amt von sich aus nieder.

Gegenüber der Presse beklagte Jaalon "moralische Differenzen" mit Netanjahu. Außerdem kritisierte er einen seiner Ansicht nach zunehmende Bedeutung von Extremisten und Versuche einer politischen Einflussnahme auf die Justiz. Aus diesen Kreisen heraus war Jaalon im letzten Jahr scharf angegriffen worden, weil er für zwei Mitglieder der so genannten "Hügeljugend Administrativhaft angeordnet hatte (vgl. Ha'aretz wirft israelischen Behörden Folter vor).

Mit der Aufnahme der Jisra’el Beitenu in das Kabinett verbreitert sich die bislang knappe Parlamentsmehrheit der im Mai 2015 gebildeten Regierung von einen auf sieben Sitze. Größte Regierungsfraktion ist mit 30 von insgesamt 120 Knesset-Abgeordneten der Likudblock, dann folgen Mosche Kachlons Likud-Abspaltung Kulanu (10 Sitze), Naftali Bennetts HaBajit haJehudi (8 Sitze), die religiöse Sephardenpartei Schas (7 Sitze) und die religiöse Aschkenasenpartei Jahadut HaTorah HaMeukhedet (6 Sitze).

Gespräche mit Sozialdemokraten gescheitert

Die Opposition besteht jetzt von der 24 Mandate zählenden sozialdemokratischen HaMaḥane HaẒioni von Jitzchak Herzog und Tzipi Livni, der Araberpartei al-Qā'ima al-ʿArabiyya al-Muwahhada (13 Mandate), der betont säkularen Jesch Atid des ehemaligen Fernsehjournalisten Yair Lapid (11 Mandate) und der linksgrünen Meretz (5 Mandate). Vor seiner Einigung mit Lieberman hatte Netanjahu die Sozialdemokraten eingeladen, seiner Koalition beizutreten. Gespräche mit Jitzhak Herzog, der dafür angeblich Außenminister werden wollte, scheiterten jedoch.

Ob Liebermann als Verteidigungsminister bestimmte Bereiche abgeben wird, ist noch nicht klar. Als Außenminister hatte er auf die Zuständigkeit für den Kontakt mit Palästinensern verzichtet und der damaligen Chefunterhändlerin Zipi Livni freie Bahn gelassen. Behält er alle Kompetenzen des Verteidigungsministeriums wird er unter anderem für die israelischen Truppen in der Westbank zuständig sein. Andere Brennpunkte seines Ressorts sind der Schutz vor Angriffen der Terrorgruppen Hamas und Hisbollah (die im Gazastreifen und in Teilen des Libanon herrschen), der Dschihadisten in Syrien und aus dem Iran.

Pasdaran-Berater behauptet, dass Iran Israel innerhalb von acht Minuten "auslöschen" könnte

Dort meinte Ahmad Karimpour, ein hochrangiger Berater der Revolutionsgarden, diese Woche in einem Interview, wenn der Oberster Religionsführer Ali Khamenei den Befehl dazu geben, dann könne man den Judenstaat innerhalb von nur acht Minuten "auslöschen". Ob diese Auskunft zutrifft, ist zwar fraglich - fest steht jedoch, dass der schiitische Gottesstaat Raketen entwickelt und testet, die israelisches Territorium erreichen können.

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