Russische Kampfflugzeuge in Syrien?

Moskau und Washington loten die Möglichkeit einer Zusammenarbeit zur Lösung des Konflikt aus, wobei es primär darum geht, ob und wann Assad abtreten muss

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Gestern berichtete das Pentagon, US-Verteidigungsminister Ash Carter habe ein "konstruktives Gespräch" mit seinem russischen Kollegen Sergei Shoygu über Syrien geführt. Seit dem Ukraine-Konflikt war dies nicht mehr geschehen, ob dies schon ein wirklicher Kurswechsel ist, bleibt abzuwarten, deutlich ist jedoch, dass durch die versuchte Annäherung der Ukraine-Konflikt in den Hintergrund gerät, weil auch aufgrund der Flüchtlingsströme, die in die europäischen Nato-Länder kommen, andere Probleme wichtiger geworden sind. Zuvor hatte schon Außenminister Kerry erklärt, Gespräche zwischen den Militärs seien notwendig, um den Konflikt in Syrien zu lösen.

Man habe ausgelotet, wo sich Interessen überschneiden oder auseinandergehen. Carter betonte, man müsse die Gespräche der Verteidigungsminister parallel zu diplomatischen Gesprächen über einen politischen Übergang in Syrien verfolgen. Offenbar geht es den Amerikanern darum, inwieweit Moskau bereit wäre, bei einer Übergangslösung auch einen Rücktritt von Assad zu unterstützen. US-Außenminister Kerry machte dies gerade bei seinem Besuch in London klar. Er rief Russland und Iran dazu auf, Assad zu überreden, dass er abtritt. Er müsse abtreten, um zu einer politischen Lösung zu kommen, über den Zeitpunkt könne man sprechen, so Kerry diplomatisch. Die US-Regierung sei offen für Verhandlungen.

Große Teile der Städte in Syrien sind bereits zerstört, 7 Millionen Menschen sind in Syrien vertrieben worden, mehr als 4 Millionen sind aus dem Land geflüchtet. Bild: Sana

Angeblich hatte dies Moskau schon vor Jahren einmal vorgeschlagen, ohne dass dies aufgegriffen wurde (Westen soll 2012 russischen Syrien-Friedensplan ohne Assad ignoriert haben). Aus Moskau hört man, wie der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Generalmajor Igor Konaschenkow, sagte: "Wie der Verlauf des Gesprächs gezeigt hat, sind die Meinungen der Seiten zu den meisten behandelten Fragen einander ähnlich beziehungsweise identisch."

Allerdings betont der russische Präsident Putin immer wieder, dass Assad und sein Militär für den Kampf gegen den Terrorismus unabdingbar sei. Gerade erst wurde Assad im russischen Staatsfernsehen eine große Bühne gegeben. Er bietet Oppositionsgruppen die Zusammenarbeit im Kampf gegen den IS an. Wie Moskau mit Assad derzeit verfahren will, ist allerdings nicht klar. Es ist davon auszugehen, dass man ihn fallen lässt, wenn man die eigenen geopolitischen Interessen wahren kann (Putins IS-Warnung: "Sie wollen nach Mekka und Jerusalem").

Neben den deeskalierenden Gesprächen, die auch die Außenminister führen, wird aber auch auf Eskalation gesetzt. So wirft man Moskau vor, die Militärpräsenz in Syrien auszubauen und einen Luftstützpunkt in Lataka einzurichten. Unterkünfte, Luftabwehrsysteme, Panzer, ein mobiles Leitsystem und Soldaten seien dort schon eingetroffen. Allerdings sagt man im US-Außenministerium weiterhin, dass man sich nicht schlüssig ist, was Russland in Syrien vorhat, wie der Sprecher Toner am Freitag sagte. Schließlich unterstütze Moskau ebenso wie der Iran Assad seit Jahren, es könne sich auch nur um einen Ausbau dieser Hilfe handeln.

Er betonte aber auch, dass die US-Regierung in keiner Weise wie Moskau in Assad einen Partner im Kampf gegen den Terrorismus sehen könne. Interessant ist, wie Toner sich windet, als er gefragt wurde, ob mit dem Gespräch zwischen den beiden Verteidigungsministern nun der nach der Übernahme der Krim beendeten militärischen Beziehungen auf höchster Ebene nun wieder aufgenommen worden seien. Nein, das bedeute es nicht, die Minister hätten "kein Gespräch" geführt, es handele sich um einen "Mechanismus" oder ein "einmaliges Gespräch", später ergänzte er, es sei ein "Entspannungsmechanismus". Interessanterweise machen russische Staatsmedien daraus einen "Kooperationsmechanismus". Soweit ist man aber ganz klar noch nicht. Toner wollte nicht sagen, dass man sich eine Kooperation mit Russland wünsche, er sprach von einer "konstruktiven Rolle", die u.a. darin bestehen könne, dass Moskau Assad nicht mehr unterstützt.

Will Moskau die Einrichtung einer Flugverbotszone verhindern?

Nun berichtet das konservative Wall Street Journal, dass einmal wieder anonym bleibende Pentagon-Mitarbeiter gesagt hätten, Russland habe bereits die ersten Kampfflugzeuge vom Typ Sukhoi Su-27 zu dem Luftwaffenstützpunkt in Syrien gebracht. Die Zeitung sieht die Gefahr einer militärischen Eskalation, weil Moskau damit zeige, Assad direkt militärisch unterstützen zu wollen. Die Entsendung der Kampfflugzeuge sei kurz vor dem Gespräch der Verteidigungsminister erfolgt. Nach den Informanten des WSJ habe das Gespräch auch dazu gedient, eine Konfrontation zwischen Russland und den USA zu verhindern. Es habe eine "überraschende russische Eskalation" gegeben. Selbst wenn der IS bekämpft werden solle, würde dies eine Unterstützung von Assad darstellen und könnten auch Oppositionsgruppen, die Assad bekämpfen, zum Ziel russischer Angriffe werden.

Man könnte aber auch vermuten, dass Moskau mit der Stationierung von russischen Kampfflugzeugen die von der Türkei geforderte Einrichtung einer Flugverbotszone verhindern will. Die Türkei will damit weitere Flüchtlingswellen verhindern, aber auch sicherstellen, dass die von Kurden an der türkischen Grenze kontrollierten Gebiete nicht zusammenwachsen. Eine Flugverbotszone würde die bewaffneten Oppositionsgruppen schützen und die Position von Assad schwächen. Allerdings hatte Russland bereits die Eirichtung einer Flugverbotszone kritisiert und vor den Folgen gewarnt, Libyen ist nach dem Sturz Gadaffis zu einem weiteren failed state geworden.

Vermutlich sich hinter der Bühne in den USA auch ein Streit ab, ob man weiter auf Konfrontation mit Moskau und Assad setzt oder die Gelegenheit nach dem Atomdeal mit dem Iran und dem nun gerade einigermaßen haltenden Waffenstillstand in der Ukraine nutzt, um mit Russland und Iran einer Lösung des syrischen Konflikt näher zu kommen, was ohne die beiden Länder völlig unmöglich ist. Der Druck auf Washington dürfte hoch sein, weil die transatlantische Einheit Risse kriegen könnte, wenn der Flüchtlingsstrom weiter anhält und die USA sich nicht engagieren. Zudem muss auch für Libyen eine Lösung gefunden werden, während im Jemen, bombardiert von Saudi-Arabien, die nächste Flüchtlingswelle ausbricht.

Von Florian Rötzer gerade zum Thema Stadt erschienen: Smart Cities im Cyberwar.

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