Russland-Deutschland: Wirtschaftliche Expansion in die umgekehrte Richtung
Die russische Torgservis-Kette will den deutschen Discountermarkt aufrollen
Seit den frühen 1990er Jahren expandieren deutsche Discounterketten wie Aldi und Lidl nach Mittel- und Osteuropa. Nun will eine russische Kette auf dem deutschen Markt Geschäfte machen und an "über hundert Standorten" in Berlin, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern Filialen eröffnen: Torgservis.
Bislang war Torgservis außer in Russland in anderen ehemaligen Sowjetrepubliken, Osteuropa und China tätig. In den dort etwa 800 Swetofor-, Majak- und Mere-Supermärkten werden vor allem Eigenmarken verkauft. Diese Waren werden nicht in Regale geräumt, sondern auf Paletten angeboten, weshalb man sie günstiger verkaufen kann. Ob das auch in deutschen Filialen so sein wird, will man bei der für die Expansion gegründeten TS Markt GmbH auf Anfrage von Telepolis noch nicht sagen.
Früher boten auch deutsche Ketten wie Aldi und Norma Waren oft auf Paletten dar, heute werden diese häufiger eingeräumt, was die Kosten einem Handelsblatt-Bericht zufolge deutlich erhöht. Auf dem Foto, das auf der TS-Markt-Website gezeigt wird, sind eingeräumte Kühlregale zu sehen. Dabei handelt es sich aber um ein Symbolbild, das nicht von der Firma selbst stammt (vgl. Boom im Online-Lebensmittelhandel lässt auf sich warten).
20 Prozent günstiger?
Informationen will das Unternehmen erst Ende Januar herausgeben, wenn im sächsischen Leipzig die erste Filiale öffnet, die unter dem bereits in Rumänien genutzten Namen "Mere" laufen soll. Berichte, dass man diesen Namen aufgrund von Rechtsansprüchen einer Mera Tiernahrung GmbH ändern habe müssen, sind einer Sprecherin des Unternehmens zufolge falsch. Der Lebensmittelzeitung zufolge hatte man vorher den Namen "Centwelt" angemeldet, gegen den jedoch der Haushaltswarenhersteller "Centi" mit seiner "Centiwelt" Rechtsansprüche geltend machte.
Über die voraussichtlich erste Filiale in Leipzig ist bislang bekannt, dass sie etwa 1000 Quadratmeter groß ist, im Einkaufszentrum Portitz liegt und vorher einen Aldi beherbergte. Die Einrichtung könnte aus anderen Supermärkten stammen, weil die TS Markt GmbH außer nach Lieferanten, Immobilien und Personal auch nach entsprechenden Gegenständen sucht. Die Preise, die es dafür bietet, "untermauern" der Morgenpost zufolge "den Anspruch, besonders kostengünstig zu agieren". Meldungen, dass man die Waren "um ein Fünftel günstiger" anbietet als andere deutsche Discounter möchte das Unternehmen aber ebenso wenig kommentieren wie es die Frage beantworten will, ob Kunden das durch Internet-Preisangaben vor einem Einkauf überprüfen können.
Zweiter Preis Beschaffungsaufwandskosten
Neben dem eigentlichen Kaufpreis haben Waren auch einen zweiten Preis: Die Beschaffungsaufwandskosten, die davon abhängen, wie viel Zeit man für ihren Einkauf benötigt und wie teuer diese Zeit in Stundenlohn umgerechnet für den jeweiligen Einkäufer ist. Einfluss auf diese Beschaffungskosten hat nicht nur die Dichte des Filialnetzes, sondern auch die Länge der Schlangen an den Kassen. Hier gibt es nicht nur personalbedingte Unterschiede zwischen einzelnen Filialen, sondern auch zwischen Ketten. Je mehr eine Kette mit Rabattsystemen arbeitet und je bürokratischer Stornoprozesse gestaltet sind, umso mehr Wartezeit muss man dort im Regelfall einkalkulieren.
Die Lieferung von Lebensmitteln an die Haustür ist bislang nur ein Nischenmarkt. Auch deshalb, weil der Aufpreis, der dafür verlangt wird, relativ hoch ist und Kunden ausgedehnte Zeitfenster in Kauf nehmen müssen, um die Ware in Empfang zu nehmen (vgl. Online-Lebensmittelhandel: Teure Liefermodelle verhindern den Erfolg). Auch "smarte Türschlösser", mit denen der Edeka-Bote Zugang zum Kühlschrank bekommt, sind nicht jedermanns Sache (vgl. Online-Lieferservice bringt Lebensmittel bis in den Kühlschrank).
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