"Russland-Dossier" über Trump: Vorwürfe gegen Hillary Clinton und die Demokraten
Laut einem Bericht der Washington Post soll die Materialsammlung über Trumps Beziehungen zu Russland von der Wahlkampagne Clintons und dem nationalen Komitee der Demokraten finanziert worden sein
Hillary Clinton und das nationale Komitee der Demokraten (DNC) sollen Millionen für Recherchen bezahlt haben, die sich zur Dauer-Affäre um die Verbindungen von Donald Trump und seiner politischen Umgebung zu Russland sowie zu Vorwürfen der "Koordination der Wahlkampagne Trumps mit dem Kreml" entwickelt haben - diesen Vorwurf erhebt ein aktueller Bericht der Washington Post.
Das Russland-Dossier
Das Material gegen Trump wird im Bericht mit dem Begriff "Russland-Dossier" bezeichnet. Eine maßgebliche Rolle beim Zusammentragen des Materials spielte Christopher Steele, der als "ehemaliger britischer Geheimagent" mit Verbindungen zum FBI und US-Geheimdienstkreisen geschildert wird. Dessen "Enthüllungen" von kompromittierenden Informationen, über die Russland zu Trump verfügen soll, sorgten Anfang Januar für weltweites Aufsehen (siehe Trump, die Russen und goldene Duschen).
Die Sache wurde von damaligen US-Geheimdienstchefs als "explosiv" gewertet, weil Trump damit erpressbar sei. Im Kontrast zur Höhe des Verdachts stand die Beweislage, die dem Spektakel, das die Vorwürfe auslösten, nicht annähernd Paroli bieten konnte. Es hieß, dass einige Informationen des Dossiers von M16-Agent Steele "falsch seien und dass keine der Behauptungen verifiziert werden konnten" (siehe Wie im Kalten Krieg: Trump, die Geheimdienste, Medien, Fake News).
Der angeheuerte britische Ex-Spion und die Fusion GPS
Laut den Informationen, welche die Washington Post nun gut neun Monate später an die Öffentlichkeit gibt, wurde Christopher Steele von einer Firma namens Fusion GPS angeheuert, die von einem Anwalt, der Clintons Wahlkampagne und das DNC vertrat, mit Recherchen zu Trump beauftragt worden war. Der Name des Anwalts ist Marc E. Elias.
Elias und seine Anwaltsfirma Perkins Coie hatten im April 2016 das Unternehmen Fusion GPS für die Clinton Wahlkampagne in den Dienst gestellt. Schon zuvor, bei den Vorwahlen, hatte Fusion GPS gegen Trump recherchiert, finanziert von einem Republikaner, dessen Name nicht genannt wird.
Ab Ende Oktober 2016, so die Washington Post, bekam Fusion GPS für weitere "Ermittlungen" gegen Trump Geld aus den Kassen der Clinton Wahlkampagne und des DNC - als Zwischenglied diente die oben genannte Anwaltsfirma Perkins Coe.
Fusion GPS leitete dann das Material, das der ehemalige britische Geheimagent Steele gesammelt hatte, und andere Dokumente weiter an den Anwalt Elias. Die Höhe der Summe, die an Fusion GPS für die "Trump-Recherchen" bezahlt wurde, ist nicht genau zu erfahren, berichtet die Zeitung.
Aus den Kassen der Clinton-Wahlkampagne wurden laut deren Finanzunterlagen an die Anwaltsfirma Perkins Coe 5,6 Millionen Dollar für den Zeitraum von Juni 2015 bis Dezember 2016 bezahlt. Das DNC zahlte der Firma 3,6 Millionen Dollar für "Beratungen" seit November 2015 - aber es ist aus den Unterlagen nicht ersichtlich, wie viel der bezahlten Dienste mit Fusion GPS zusammenhängen und welche Dienste für andere Zwecke damit bezahlt wurden.
Washington Post
Ein Fass ohne Boden
Offensichtlich ist, dass hier ein Fass aufgemacht wird, das Clinton und die Demokraten reichlich nass macht - der Boden ist noch nicht zu sehen. Als Quellen nennt die Jeff Bezos-Zeitung an mehreren Stellen lediglich: "Personen, die mit der Sache vertraut sind" (i.O. "people familiar with the matter").
Die genannten Geschäftsaufnahmedaten mit Fusion GPS (April 2016 und Oktober 2016) decken sich nur teilweise mit den Zeiträumen der Geldüberweisungen der Wahlkampagne und des DNC an die Anwaltsfirma Perkins Coe (Juni 2015 bis Dezember 2016 bzw. an November 2015). Hier gibt es große Lücken.
Nichts ist darüber zu erfahren, für welche Tätigkeiten Perkins Coe bezahlt wurde und wie viel Geld von Perkins Coe genau an Fusion GPS in welchen Zeiträumen floss. Nach Aussagen von Mitgliedern der Demokraten und des Wahlkampfteams hatten sie keine Ahnung von den Aktivitäten im Zusammenhang mit Fusion GP.
Aufgeblähter Verdacht
Dass die Veröffentlichung der Vorwürfe gegen Clinton und das DNC jetzt geschieht, wird damit in Zusammenhang gebracht, dass Fusion GP gerichtlich gezwungen werden könnte, Finanzunterlagen offenzulegen. Ein entsprechendes Begehren soll laut RT der Vorsitzende des Geheimdienst-Ausschusses Devin Nunes gestellt haben. Seit Monaten würden Mitglieder der Republikaner eifrig darauf bedacht sein, Namen von Finanziers der Fusion GP zu erfahren, so die Washington Post.
Charakteristisch für das Spektakel über den aufgeblähten Russland-Verdacht und die Hintergrundmechanismen ist ein Satz im Bericht der Zeitung:
Vertreter der Administration sagten, dass das FBI manche Informationen des Dossiers bestätigen. Andere Details, einschließlich der am meisten sensationellen Anklagen, wurden nicht verifiziert und werden es möglicherweise nie.
Washington Post
Zu den bestätigten Details, die nicht genannt werden, kann noch allgemein angemerkt werden, dass Beziehungen zwischen Vertretern unterschiedlicher Länder an sich noch nichts Außergewöhnliches oder Kompromittierendes sind, auch nicht wenn es um Beziehungen zu Russland geht.
Gefährliche Generäle
Dass seine (Geschäfts-)Beziehungen oder die seiner Mitarbeiter zu Vertretern Russlands die Politik Trumps deutlich zum Nachteil der Interessen der USA beeinflusst haben, ist eine Spekulation, die bislang nur schwierig zu begründen ist. Für die Behauptung, dass das "Russland-Dossier" das Verhältnis erschwert hat, lassen sich dagegen sehr viel leichter Argumente finden.
Bei weitem mehr Sorgen müssten sich US-amerikanische Bürger darüber machen, wie viel Macht die Generäle in Trumps Administration im Laufe der letzten Monate hinzugewonnen haben.