Russland nimmt Unterwasserkabel zur Krim in Betrieb
Polen will zweite Ostseepipeline verhindern
Am 22. November verübten Unbekannte Sprengstoffanschläge auf vier Strommasten zwischen der Ukraine und der Krim. Anschließend blockierten ukrainische Rechtsextreme und mit ihnen verbündete moslemische Krimtataren Reparaturarbeiten des Energieversorgers Ukrenergo. Das führte dazu, dass die Halbinsel, die sich im Frühjahr 2014 von der Ukraine abspaltete und in die Russische Föderation aufgenommen wurde, teilweise ohne Strom war.
In der Vergangenheit produzierte die Krim nur etwa 30 Prozent ihres Strombedarfs selbst. Der Rest kam aus der Ukraine, der das Gebiet in den 1950er Jahren vom Ukrainer Nikita Chrustschow zugeschlagen worden war. Nach der Sprengung der Strommasten wurde deshalb der Notstand ausgerufen. In größeren Städten gab es nur stundenweise Strom, weshalb sich die Menschen mit Kerzen behelfen mussten. Wasserleitungen froren durch den Ausfall von Elektro- und von Elektronik abhängigen Gasheizungen jedoch nicht ein, weil es auch am Schwarzen Meer für die Jahreszeit noch sehr warm ist.
Nun hat der russische Staatspräsident Wladimir Putin bei einem Besuch des Energieversorgers Krimenergo in der Stadt Simferopol eine neue Hochspannungsleitung zwischen der russischen Halbinsel Taman und der Krim in Betrieb genommen. Neben der Unterseeverbindung wurden dafür auch 100 Kilometer oberirdische Hochspannungsleitungen errichtet. Mit dem Bau der Leitung war allerdings schon vor den Anschlägen begonnen worden. Im Mai 2016 soll dann ein zweites Unterseekabel die "Abhängigkeit von den ukrainischen Stromlieferungen" vollständig beenden.
Bis 2018 soll außerdem eine 19 Kilometer lange und gut drei Milliarden Euro teure Brücke über die Kertsch-Meerenge die Krim mit Russland verbinden. Den Zuschlag hat das das Unternehmen Stroigasmontasch erhalten, das bereits mit dem Bau begonnen hat. Das Bauwerk soll Platz für zwei Eisenbahn- und vier Autobahnspuren bieten. Derzeit gibt es nur Eisenbahn- und Autofähren sowie Schiffs- und Flugverbindungen. Die Ukraine will Warenlieferungen auf die Krim ab dem 1. Januar 2016 stoppen.
Eine andere Unterwasser-Energieleitung will die polnische Regierung verhindern: Sie soll durch die Ostsee führen und jährlich 55 Milliarden Kubikmetern russisches Erdgas nach Deutschland liefern. Die schon jetzt in Betrieb genommenen Nord-Stream-Gasleitungen liefern diese Menge bereits. Sie fordert vom polnischen Ratspräsidenten Donald Tusk und von der EU-Kommission, dass sie diese Kapazitätsverdoppelung verhindert. Dabei wird sie von Ungarn, Rumänien, Litauen, Lettland, Estland und der Slowakei unterstützt.
Zur Begründung führen die Polen an, die Leitung nütze zwar den wirtschaftlichen Interessen Deutschlands, schade aber dem EU-Ziel, unabhängiger von russischen Gaslieferungen zu werden. Außerdem schwäche man durch die zweite Ostseepipeline die Ukraine, die knapp zwei Milliarden Euro jährlich an Durchleitungsgebühren einbüßen würde. Der Verlust solcher Durchleitungsgebühren dürfte auch die slowakische Regierung maßgeblich motiviert haben, die polnische Forderung mit zu unterzeichnen: Denn auch dort könnte man etwa 400 Millionen Euro jährlich weniger kassieren, wenn mehr Gas durch die Ostseeleitungen fließt.
Auch der neue EU-Energiekommissar Maroš Šefčovič ist Slowake. Er hat bereits durchblicken lassen, dass er den Nutzen der neuen Pipeline bezweifelt, da es dafür seiner Ansicht nach keinen Bedarf gibt. Dabei lässt er freilich außer Acht, dass die North-Stream-Zwei-Pipeline die Energiesicherheit Europas erheblich erhöhen würde, weil die Ukraine dann keine Blockademöglichkeiten mehr hätte.
Will Šefčovič die Pipeline verhindern, dann könnte er dafür die EU-Wettbewerbsvorschriften als Hebel einsetzen, mit denen die EU-Kommission nach dem Zerwürfnis mit Russland die South-Stream-Gasleitung nach Bulgarien verhindert hat. Nach deren Ende hatten Russland und die Türkei den Bau einer Turkish-Stream-Ersatzpipeline beschlossen, die etwas weiter südlich in Rumelien anlanden sollte. Durch den Abschuss eines russischen Flugzeugs im syrisch-türkischen Grenzgebiet verschlechterte sich das Verhältnis zwischen den beiden Ländern in der letzten Woche jedoch so sehr, dass auch ein Scheitern dieses Projekts nicht ausgeschlossen werden kann.
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