Russlands Vorstoß an der Südostflanke der Nato
Seite 2: Syrische Flüchtlinge fürchten Rassismus in der Türkei
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Für den türkischen Präsidenten Erdoğan, der laut Umfragen bei den Wahlen erstmals um sein Amt fürchten muss, könnte die russische Vermittlung einen Vorteil im Wahlkampf bringen. Die Rede ist von den syrischen Flüchtlingen. Rund 3,5 Millionen halten sich nach Angaben des UN-Hochkommissariats in der Türkei auf. Erdoğan hat im laufenden Wahlkampf versprochen, sie abzuschieben.
Er reagiert damit auf das wiederholte Wahlversprechen seines schärfsten Herausforderers Kemal Kilicdaroglu, dessen Kandidatur von sechs Oppositionsparteien unterstützt wird. Kilicdaroglu fordert seit Langem die Ausweisung der Syrer. Auch vor den staatenlosen Flüchtlingen und den rund 700.000 in der Türkei geborenen Kindern von Syrern will er nicht Halt machen.
Das Sechs-Parteien-Bündnis, das Kilicdaroglu von der sozialdemokratisch-kemalistischen CHP anführt, wird von der nationalistischen İyi Parti der ehemaligen MHP-Politikerin Meral Akşener unterstützt.
Hinter Erdoğan steht die rechtsextreme MHP (Milliyetçi Hareket Partisi) von Akşeners ehemaligem Rivalen um den Parteivorsitz, Devlet Bahçeli. Mit der Demokrasi ve Atılım Partisi (Deva) unter Ali Babacan gehört eine Abspaltung von Erdoğans AKP (Adalet ve Kalkınma Partisi) zu Kilicdaroglus Lager.
Dazu gehören auch Erdoğans ehemaliger Weggefährte Ahmet Davutoğlu mit seiner Gelecek Partisi (GP), die liberalkonservative Demokrat Parti. (DP) und die islamistische Saadet Partisi.
Kilicdaroglu wiederholte ganz unsozialdemokratisch, aber im Sinne seiner Mitstreiter mehrfach das Versprechen, die Syrer auszuweisen.
Neben der MHP kann Erdogan auch auf die als rechtsextrem eingestufte Büyük Birlik Partisi (BBP) sowie die islamistische Yeniden Refah Partisi (YRP), wiederum eine Abspaltung der Saadet Partisi, zählen.
Für die syrischen Flüchtlinge in der Türkei sind das keine guten Nachrichten. Sie sind um ihre Zukunft besorgt. Sie gehören auch zu den Opfern des verheerenden Erdbebens, das im Februar den Südosten der Türkei verwüstete und Zehntausende Menschenleben forderte.
Wie lange die Türkei unter diesen Umständen noch als "sicherer Drittstaat" für Flüchtlinge gelten kann, ist mehr als fraglich.
Der EU-Nachbar der Türkei reagiert bereits auf die sich ändernde geopolitische Lage. Der Grenzzaun, der die Landgrenze Griechenlands zur Türkei absperrt, wird eiligst um 35 Kilometer erweitert. Die Regierung in Athen ist entschlossen, die öffentliche Ausschreibung für den Bau, der auf 99,2 Millionen Euro taxiert wird, noch vor den griechischen Parlamentswahlen zu veröffentlichen und im Zweifel auch ohne EU-Zuschüsse abzuschließen.