SOFTLIFE
Eine Begriffsdefinition und nützliche Links als Einstiegshilfe
Der Begriff Agent geistert durch die Medien. Doch oft ist gar nicht klar, was damit überhaupt gemeint ist. Ein Informationsassistent? Eine Spionagesoftware? Ein Aspekt des menschlichen Geistes? Telepolis gibt eine kurze Einführung mit internen Links zu den Texten des Telepolis Schwerpunktthemas "Softlife" und mit externen Links zu den Schauplätzen der Agentenforschung.
"Softlife" - das ist das Leben, das in der digitalen Ökosphäre der Computerspeicher und der vernetzten Computer langsam heranwächst. Telepolis bietet Ihnen einen Einblick in den Stand der Dinge. Wissenschaftler berichten über die Ansätze zur Schaffung Künstlichen Lebens und virtueller Agenten. Doch das Thema ist heiß und faszinierend und gibt zu manchen Visionen Anlaß, die hier gleichfalls zu Wort kommen werden.
Derzeit wird vor allem fieberhaft daran gearbeitet, sogenannte virtuelle Agenten zu entwickeln, die im Gespinst der Netze autonom sinnvolle, aber auch bedenkliche Aufgaben ausführen sollen. Armin Medosch erklärt, was man unter virtuellen Agenten versteht.
Was ist ein Agent?
Ein Agent kann als persönlicher Software-Assistent betrachtet werden, an den der Nutzer ein gewisses Maß an Autorität oder Autonomie delegiert.
Oder anders ausgedrückt:
Agenten sind Computerprogramme, die eine menschliche Beziehung simulieren, indem sie etwas tun, was sonst eine andere Person für einen Nutzer tun könnte.
Man kann Agenten auch als elektronische Erweiterungen des Nutzers auffassen, welche die Fähigkeit haben, Informationen aufzuspüren, Geschäfte vorzubereiten und Transaktionen im Auftrag des Nutzers durchzuführen. Wenn sie gut programmiert sind, können sie dabei auch einen ursprünglichen Plan verwerfen, sich auf den Sinngehalt des originären Plans oder Auftrags zurückbeziehen und einen neuen Plan ausführen. Agenten können auch so programmiert sein, daß sie durch die Interaktion mit dem Nutzer lernen, d.h. daß sie mehr Informationen darüber erhalten, wie sich er sich an ihrer Stelle verhalten hätte und dadurch insgesamt schlauer, vor allem aber stärker personalisiert werden, also ihr Verhalten nach den persönlichen Vorlieben des Nutzers ausrichten.
Der Wunsch, Agenten zu bauen, hat starke Wurzeln in der KI und ist aus dem "bottom-up" Ansatz der KI in den achtziger Jahren entstanden. Seither sind jedoch sehr viele auf den Agentenzug aufgesprungen, die aus ganz verschiedenen Wissensgebieten kommen - aus der Telekommunikation, der Robotik, den kognitiven Wissenschaften, der Psychologie, der objektorientierten Programmierung, der Computergrafik, den Computerspielen u.a. - und die das Konzept der Agenten nach eigenem Bedarf weiterentwickelt haben. Die theoretische Strenge der KI ist dabei sicherlich oft verlorengegangen und einem pragmatischen Nützlichkeitsaspekt gewichen. Auch wenn dadurch eine gewisse theoretische Fuzzyness in die Begrifflichkeit Einzug gehalten hat, so sind diese Agenten dadurch um nichts weniger real.
Ein häufiger Fehler ist, Agenten zu anthropomorphisieren, d.h. menschliche Eigenschaften in sie hinein zu interpretieren, die sie gar nicht haben. Oft werden sie auch als Menschen oder zumindest als Cartoon-Figuren visualisiert. Dies entspricht wohl unserem tiefen Bedürfnis, in alles, was auch nur den kleinsten Funken Intelligenz aufweist (oder simuliert), menschliche Eigenschaften und vor allem Absichtlichkeit hinein zu deuten.
Dieser Antropomorphisierung förderlich war sicher auch die gerade in der deutschen Sprache mißverständliche Wortwahl. Bei dem Wort "Agent" denken wir zuallererst an Dunkelmänner in Trenchcoats und Schlapphüten, an den Checkpoint Charlie und den Kalten Krieg. Erst in zweiter Linie denken wir vielleicht an Theater- oder Musikagenten, die den von ihnen betreuten Künstlern Aufträge zuschustern. Dieses Verständnis von Agenten als Makler ist, nun ja, vielleicht nicht richtiger (die Assoziation mit dem Kalten Krieg sollte man bei allem, was mit KI zu tun hat, nie ganz aus den Augen verlieren) aber allgemeingültiger und dem Wesen existierender Agenten besser entsprechend. In einigen gehobeneren Werken der Literatur findet sich als Übersetzung des englischen Wortes "Agent" das lateinische "Agens", was soviel wie "ein Handelndes" oder auch "Handlungsträger" bedeutet. Diese Definition ist sicherlich die weiteste, doch der Einfachheit halber und in der Hoffnung, daß Sie diese Zeilen gelesen haben, wird in Telepolis weiterhin von Agenten die Rede sein, nicht zuletzt auch, da es sich grammatikalisch wesentlich leichter in den Sprachfluß integrieren läßt als das seltsame Agens, das uns manch gezwungenes Genetiv-Apostroph abringen würde.