SOS auf dem Arbeitsmarkt

Seite 2: Staatshilfen und trotzdem Jobverluste durch die Corona-Pandemie

Die Insel Zypern ist normalerweise ein ganzjähriges Tourismusziel. Mitte Januar lieferte das Statistikamt aussagekräftige Zahlen über die Auswirkungen der Pandemie auf den Fremdenverkehr. Trotz der Werbekampagnen blieben, wie bei einer Pandemie nicht anders zu erwarten, die gewohnt hohen Tourismuszahlen aus.

Der Tourismus als "Schwerindustrie" der südlichen EU-Länder in der Krise, das bedeutet unmittelbare Arbeitsplatzverluste für einen Großteil der dort Beschäftigten. Es bedeutet aber auch, dass Fluglinien über ein sinkendes Passagieraufkommen klagen.

Die deutsche Lufthansa erhielt daher Staatshilfen in Milliardenhöhe. Neun Milliarden Euro Staatsgelder haben den Abbau von Jobs bei der Fluglinie mit dem Kranich im Emblem nicht verhindert. Rund 29.000 Stellen werden im gesamten Konzern wegfallen, Arbeitnehmer verzichten auf einen Teil ihrer Gehälter.

Es ist kein deutsches Phänomen. In Griechenland gibt die Regierung den Fernsehsendern, die bereits mehrfach in der Krise gefördert wurden, per Gesetz einen Rabatt von 98 Prozent auf die Lizenzgebühren, die für 2020 zu zahlen waren. Gleichzeitig werden die Gehälter für die von der Regierung eingestellten Angestellten in den staatlichen Rundfunkanstalten und in der staatlichen Nachrichtenagentur erhöht.

Die politischen Beamten in der staatlichen Nachrichtenagentur, werden ausdrücklich von den Bestimmungen für die maximale Gehaltshöhe im öffentlichen Dienst ausgenommen, und können somit erheblich höhere Bezüge kassieren.

Die privaten Fernsehsender, deren Arbeitnehmerpolitik nach vielen Jahren mit Scheinselbstständigen durch das Gesetz 4339 von 2015 geregelt wurde, profitieren nun von einer erneuten Deregulierung. Sie können Arbeitsplätze abbauen und in Leihfirmen verlagern.

Deregulierung von Arbeitszeiten als politisch verordnete Lösung

Griechenland, das immer noch unter den Auswirkungen der faktischen Staatspleiten seit 2010 leidet, übernimmt beim Abbau von Arbeitsrechten die Vorreiterrolle in Europa. Die Regierung schaut tatenlos zu, wie Arbeitgeber die ohnehin aufgeweichten Schutzgesetze für Arbeitnehmer brechen, und sich dabei sogar an den für die Arbeitnehmer gedachten Beihilfen aus dem Sure-Programm bereichern.

Arbeitnehmer müssen hinnehmen, dass Firmen wie Vodafone Griechenland ihnen die Totalüberwachung im Homeoffice mit Kameras aufzwingen. Andere Firmen entlassen Angestellte, die in ihrer Wohnung keine ausreichende Bandbreite für das Internet zur Verfügung haben. Ob es am Arbeitnehmer oder an den fehlenden Kapazitäten der Internetprovider liegt, spielt bei diesen Entscheidungen keine Rolle.

Die sozial schwächeren Arbeitnehmer spüren am meisten die Schutzlosigkeit. Pakistanische Arbeiter in der Region Böotien in Mittelgriechenland wollten in der letzten Januarwoche endlich ihren Arbeitslohn sehen. Sie sprachen beim Chef vor, kassierten eine Tracht Prügel und mussten unbezahlt wieder gehen. Einem Arbeiter wurde bei der Prügelaktion die Brille zerschlagen. Für den Fall, dass sie auf ihre Bezahlung bestehen würden, informierte der Chef sie, würde er ihnen die Wohnung abbrennen.

Industrieruine in Griechenland (Daring-Werke). Foto: Wassilis Aswestopoulos

Für das erste Quartal 2021 plant das Arbeitsministerium zudem die Abschaffung der 1990 eingeführten Arbeitszeitregelung. Zehn Stunden Tage und sechs Tage Arbeit pro Woche sind so ohne Lohnausgleich oder Überstundenzahlung möglich. Die Mehrarbeit soll laut Theorie des Arbeitsministeriums im Lauf von sechs Monaten durch Freistunden ausgeglichen werden. Die Erfahrung in Griechenland zeigt, dass dies eher nicht der Fall sein wird.

Die regierungsnahe Presse feiert das geplante Gesetzespaket als längst überfällige Reform. Sie erwartet, dass die sinkenden Lohnkosten die Wettbewerbsfähigkeit des Landes verbessern werden. Was übersetzt nichts anderes bedeutet, als dass mittelbar auch die übrigen Staaten der Euro-Zone auf die eine oder andere Weise nachziehen müssen.

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