SVP gegen Bitcoin-Annahme
Pilotprojekt der Stadt Zug könnte nach Meinung des Gemeinderats Gregor Bruhin die "Stellung des Bargeldes untergraben"
Am 3. Mai beschloss der Rat der schweizerischen Stadt Zug, dass Gebühren für den "Heimatschein" und andere Leistungen des Einwohneramts bis zu 200 Franken ab dem 1. Juli auch in Bitcoins beglichen werden können. Damit wäre die Stadtverwaltung international die erste Behörde, die Zahlungen in dieser Digitalwährung akzeptiert.
Dass das vorerst bis Ende des Jahres befristete Pilotprojekt nicht im kalifornischen Silicon Valley, sondern in einem 30.000-Einwohner-Städtchen in der Zentralschweiz läuft, liegt unter anderem daran, dass es in der Region eine Initiative Cryptovalley Zug und etwa 15 Firmen gibt, die sich mit Kryptowährung und Blockchain-Technologie befassen. Das vom Südafrikaner Johann Gevers gegründete Unternehmen Monetas entwickelt beispielsweise eine App, die den weltweiten Tausch von Währungen einfacher und weniger teuer machen soll.
Möglicherweise auch im Hinblick auf diese Unternehmen steht Matthias Michel, der Volkswirtschaftsdirektor des Kantons Zug, den Vorstoß der Stadt ausgesprochen positiv gegenüber.
Weniger positiv sieht man das Experiment in der Schweizerischen Volkspartei, der SVP, die im Großen Gemeinderat der Stadt acht der insgesamt 38 Räte stellt. In einem Parlamentarischen Vorstoß begrüßt die im schweizerischen Nationalrat sitzstärkste Partei zwar grundsätzlich die "Technologie-Innovations-freundliche Haltung des Stadtrats gegenüber Wirtschaft und Bevölkerung", befürchtet aber durch den "instabilen Wechselkurs, der als Spielball von Spekulanten und Währungszockern bekannt ist und keine Garantie resp. Aufsicht einer Zentralbank oder Nationalbank genießt" "erhebliche Risiken" für den Steuerzahler.
Deshalb will die SVP wissen, wie die Stadtregierung eingenommene Bitcoins wieder los wird, woher sie weiß, dass sich dafür genügend Abnehmer finden, wie Spekulationsverluste gedeckt werden und welche Kosten das Pilotprojekt überhaupt verursacht.
Außerdem sieht die SVP mögliche rechtliche Hürden in Artikel 99 der schweizerischen Verfassung, der die Zuständigkeit für Währungsfragen dem Bund zuweist, und im Gesetz über die Währung und Zahlungsmittel (WZG), das den Schweizer Franken als offizielle Währungseinheit und gesetzliches Zahlungsmittel nennt. Deshalb möchte die Partei erfahren, auf welcher gesetzlichen Grundlage die Stadt ihr Pilotprojekt durchführt.
Darüber hinaus befürchtet SVP-Stadtrat Gregor Bruhin, der den Vorstoß verfasst hat, die Stadt Zug könne mit dem Versuch "die Stellung des Bargeldes untergraben".
Auf Fragen dazu, was er zu diesem Vorwurf Bruhins sagt und welche Bitcoin-Clients Zug einsetzen wird, meint Stadtpräsident Dolfi Müller gegenüber Telepolis, er werde den Parlamentarischen Vorstoß der SVP innerhalb der nächsten sechs Monaten beantworten und wolle dem nicht "über die Medien vorgreifen".
Großes Interesse an DLT
Die Sicherheitsbedenken, die Bruhin hat, findet man auch außerhalb der SVP: Sie gründen sich unter anderem darauf, dass einige Bitcoin-Entwickler den Bitcoin-Code ändern wollen, um das steigende Transaktionsvolumen besser zu bewältigen, was jedoch die Dezentralität des Systems aufweichen könnte. Ein anderer Punkt sind die Spekulationen um den Erfinder des Systems, von dem nicht alle Beobachter glauben, dass es so dezentral ist, dass die Identität wirklich keine Rolle spielt.
Andere Elemente des Bitcoin-Systems stoßen dagegen auch außerhalb des Kreises der direkten Nutzer der digitalen Währung auf großes Interesse: Das gilt vor allem für die Distributed Ledger Technology (DLT), die oft mit einem "öffentlich und geteilt geführten Kontobuch" verglichen wird. Die Europäische Zentralbank (EZB) untersucht das Verfahren derzeit auf potenzielle Einsatzmöglichkeiten. Große internationale Finanzdienstleister wie HSBC und die Citigroup experimentieren bereits damit.
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