SWIFT: Der lange Arm des Donald Trump
Seite 2: "EntSWIFTen" unerläßlich
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Anderswo war es vor allem die Drohung mit rechtlichen Schritten in den USA, die vor allem europäische Konzerne zum Rückzug aus dem Iran bewegte: Die Bestimmungen in den USA sind so schwammig, dass selbst Sprecher des US-Finanzministeriums nicht erläutern können, was denn nun genau einem Unternehmen drohen könnte, das die US-Sanktionen verletzt. Und dennoch: Vor allem mittelständische Betriebe ohne nennenswerte Geschäftsbeziehungen in die USA, russische und chinesische Unternehmen sind weiterhin im Iran tätig.
Und an dieser Stelle kommt SWIFT ins Spiel: Wenn kein Zahlungsverkehr mit dem Iran mehr möglich ist, dann, so die Hoffnung im Weißen Haus, müssten auch ausländische Unternehmen ihre Tätigkeit im Iran einstellen, ganz egal ob sie wollen, oder wo sie ihren Sitz haben. Und auch Ölexporte wären nicht mehr so leicht möglich, wie bisher.
In einem Memo der den Republikanern nahe stehenden Foundation for the Defense of Democracies (FDD) wird das "entSWIFTen" des Iran als "unerlässlich" für die Sanktionen bezeichnet. Dabei verweist der Autor Mark Dubowitz auf das Jahr 2012.
Damals war Swift, die wie erwähnt ihren Sitz in Brüssel hat, und damit dem Recht Belgiens und der Europäischen Union unterliegt, erstmals in ihrer Geschichte dazu gezwungen gewesen, ein Land auszuschließen, nachdem die EU Sanktionen gegen den Iran verhängt hatte.
Dieser Schritt habe, so Dubowitz, der iranischen Wirtschaft schweren Schaden zugefügt; es ist die heute vorherrschende Ansicht, dass diese Maßnahme die iranische Regierung damals zu Zugeständnissen am Verhandlungstisch gezwungen hatte.
Zudem beruft sich der Autor auf den Ausschluss nordkoreanischer Banken im vergangenen Jahr, und sieht dies als Beleg dafür, dass Swift sehr wohl auch ohne ein Einschreiten der Europäischen Union zu Maßnahmen bereit sei. Aber: Der Ausschluss der nordkoreanischen Banken erfolgte nach Angaben der Organisation, weil diese "die Richtlinien verletzt" hätten. Die politischen Entwicklungen rund um das Land hätten dabei keine Rolle gespielt.
Und auch im Fall des Iran hält man daran fest: Nur dann, wenn die belgische Regierung oder die Europäische Union dies verfügten, oder wenn eine Bank ihre Lizenz verliere, eine Zentralbank die Arbeit einstelle oder eine Bank oder Zentralbank die Richtlinien der Organisation verletze, werde es einen Ausschluss geben.
Deshalb sind derzeit die Abgesandten Trumps unterwegs, um europäischen Regierungen und dem Swift-Vorstand zuzureden: Mal freundlich bittend, aber sehr oft auch drohend fordernd. Vor allem John Bolton, Sicherheitsberater Trumps, fordert drastische Maßnahmen, sollte Swift sich nicht an die US-Sanktionen halten: "Das Führungspersonal von Organisationen wie Swift muss sich fragen, ob das Geschäft mit dem Iran das Risiko wert ist", sagt er.
Im Raum steht die Drohung, Vorstandsmitglieder und Mitarbeiter der Organisation könnten juristisch belangt werden, wenn sie in die USA einreisen. Bei der FDD schlug man zudem vor, Vorstandsmitglieder der Organisation mit Sanktionen zu belegen. Auch ein Rechenzentrum im Bundesstaat Virginia ist ins Augenmerk der Trump-Leute geraten: Man könnte dort einfach den Strom abstellen.
Doch all' diese Maßnahmen haben das gleiche Problem: Sie bringen das Risiko mit sich, die internationalen Finanzmärkte zu erschüttern. Ein plötzlicher Ausfall des Rechenzentrums in den USA würde den Zahlungsverkehr zumindest teilweise behindern und verlangsamen.
Zudem sind die Vorstandsmitglieder der Organisation gleichzeitig auch Chefs von Finanzinstituten; sollten sie mit Sanktionen belegt werden, hätte dies auch Auswirkungen auf die Stabilität der entsprechenden Banken. Darüber hinaus würde Swift auch angreifbar.
Schon in der Vergangenheit gab es immer mal wieder Forderungen, Russland, Israel auszuschließen; während der NSA-Affäre forderte das europäische Parlament auch, die USA von Swift abzuklemmen. All' diese Forderungen wies man stets mit Nachdruck zurück, und stets war dies dann auch das Ende.
EU als "zahnloser Tiger"?
Vertreter mehrerer europäischer Regierungen äußern sich deshalb "befremdet" über das Verhalten des Weißen Hauses; immer wieder heißt es, man habe das Gefühl, dass es den Trump-Leuten nicht mehr allein um die Sanktionen gehe, sondern darum, mit allen Mitteln zu demonstrieren, dass die Macht des Weißen Hauses überall hin reicht.
Gleichzeitig befürchtet man, dass die Europäische Union außenpolitisch dauerhaft den Ruf des zahnlosen Tigers erhalten könnte. Deutschland, Großbritannien und Frankreich lassen derzeit prüfen, ob die Einrichtung einer Finanzinstitution möglich ist, über die nach Art einer Tauschbörse Zahlungen mit dem Iran abgewickelt werden können.
Dabei würden Forderungen und Zahlungen von iranischen und europäischen Unternehmen verrechnet, ohne dass eine Banküberweisung getätigt werden muss; Swift könnte dann der US-Forderung nachkommen.
Nur: Auch dies würde zu einem Vertrauensverlust gegenüber Swift führen.
Gleichzeitig würde "entSWIFTen" des Iran auch den US-Sicherheitsdiensten die Arbeit erschweren: Zum 1. August 2010 trat ein umstrittenes Abkommen zwischen den USA und der EU in Kraft, dass es US-Ermittlern erlaubt, auf Swift-Transaktionen Zugriff zu nehmen. Damit haben die USA auch die Möglichkeit, den Geldverkehr in und aus dem Iran heraus zumindest teilweise zu überwachen.