Die EU will Bankdaten weiter den US-Geheimdiensten zur Verfügung stellen

Dass auch das EU-Parlament ausgehebelt werden soll, erzürnt Parlamentarier in Straßburg

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Die EU will trotz der Kritik weiter die Bankdaten an die USA weitergeben. Jedenfalls haben die EU-Außenminister gestern, am EU-Parlament vorbei, grünes Licht für Verhandlungen mit den USA gegeben, in denen in aller Eile die Modalitäten für die Weitergabe der Bankdaten an die US-Geheimdienste festgelegt werden sollen. Es geht erneut angeblich um die Terrorfahndung, weshalb den US-Geheimdiensten auch weiterhin die Daten des Finanzdienstleisters Swift zur Verfügung gestellt werden sollen. Swift wickelt täglich 15 Millionen Transaktionen zwischen 8300 Banken auf der ganzen Welt ab. Mit einem Abkommen soll nun die Datenweitergabe legalisiert werden, die sich die US-Geheimdienste jahrelang illegal von einem Swift-Server erschnüffelt haben, der im US-Bundesstaat Virgina steht. Doch um genau das in Zukunft zu verhindern, wird der Server in die Schweiz verlegt.

"Starken Tobak" nennt der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Peter Schaar, die Planungen, die Daten nun freiwillig den USA zur Verfügung stellen zu wollen. Schaar wies darauf hin, dass sogar ganz banale innerdeutsche Überweisungen betroffen sind, weil Swift auch diese abwickelt:

"Das bedeutet, dass in Zukunft die Amerikaner nicht nur Zugriff erhalten würden auf Daten, die entstehen, wenn ich Geld an Saudi‑Arabien oder auch nach Österreich überweise, sondern auch, wenn ich Geld von Hamburg nach Hamburg oder von Hamburg nach Köln überweise."

Nach dem Umzug des Servers gäbe es keinen Grund, warum die USA "Zugriff auf diese Daten" haben sollten. "Es bleibt es bei allen Datenschutzbedenken, die auch seinerzeit vom Europäischen Parlament geäußert wurden und das Europäische Parlament wird ja nicht mal beteiligt", beklagte er im Interview.

Dass die Daten zudem auch noch fünf Jahre lang gespeichert werden sollen, erregt nun anscheinend quer durch alle Fraktionen die Gemüter. Der Grünen-Europapolitiker Daniel Cohn-Bendit nannte Kommissionspräsident José Manuel Barroso einen "Handlanger der USA". Den US-Geheimdiensten die Daten zur Verfügung zu stellen, sei ein "eklatanter Eingriff in die Grundrechte". Er forderte Barroso auf, die EU-Volksvertreter in das Vorhaben einzubinden oder die Pläne sofort zu stoppen. "Sonst wird es einen Riesen-Putsch im Parlament geben. Er fügte an: "Es wird immer klarer, dass Barroso das Parlament nicht ernst nimmt".

Die Bundesregierung hätte sich, nach einem Urteil des Verfassungsgerichts widersetzten müssen, sagte der Europa-Experte der Linksfraktion im Bundestag. Ja sogar die CSU stimmt in den Chor ein. Deren Chef Horst Seehofer nannte die Pläne ein "absolutes Unding". Die bayerische Landesregierung werde alles tun, um das zu verhindern. Die CSU pocht vor den Wahlen allgemein auf stärkere Kontrollrechte der nationalen Parlamente, nachdem das Verfassungsgericht der Kompetenzverlagerung nach Brüssel gerade Grenzen gesetzt hat. FDP-Chef Guido Westerwelle sagte: "Dieses Vorhaben muss gestoppt werden". Die EU-Kommission müsse die Pläne ändern und für Datenschutz sorgen. Ja sogar die SPD‑Europaabgeordnete Birgit Sippel hat den Beschluss kritisiert. Es unbekannt, ob die Daten tatsächlich unverzichtbar sind und in welchem Ausmaß sie zu einer Terrorfahndung beitragen. "Wenn sie dazu beitragen, müssen sie natürlich weiter genutzt werden, aber sie sollten nach europäischen Standards genutzt werden, und das geht nur in Europa selbst", meinte Sippel.

So fragt man sich, warum der SPD-Außenminister Frank-Walter Steinmeier über Staatsminister Günter Gloser in Brüssel seine Zustimmung geben ließ. Er selbst hielt die Angelegenheit, wie die Beitrittsverhandlungen mit Island, offensichtlich für nicht bedeutsam genug, um sich persönlich darum zu kümmern. Da Steinmeier ja bald Kanzler werden möchte, hielt er lieber in Berlin eine Wahlkampfbesprechung ab.