Sarrazin und SPD: Der 3. Trennungsversuch
Egal, wie er ausgeht, die SPD hat den Schaden
"Warum die SPD einen Thilo Sarrazin in ihren Reihen nicht dulden kann", lautete das Plädoyer von Sigmar Gabriel für einen schnellen Rausschmiss des Bankdirektors in Ruhestand und Hobby-Eugenikers Thilo Sarrazin aus der Partei. Es ist acht Jahre alt, stammt vom September 2010.
Gabriel ist als Parteichef schon längst Geschichte und Sarrazin noch immer Parteimitglied. Nachdem auch die jetzige Parteivorsitzende Nahles schon mal mit einem Rausschmiss von Sarrazin gescheitert ist, startet sie nun den dritten Anlauf. Eine Kommission hat nämlich in einem nicht öffentlichen Bericht die nicht sehr überraschende Entdeckung gemacht, dass auch Sarrazins neuestes Buch Feindliche Übernahme nicht den Grundsätzen der SPD entspricht.
Dort vertritt der Autor die Thesen, dass eine Einwanderung aus islamischen Staaten eine Gefahr sei und gestoppt werden müsse. Damit füge er nach Meinung der Verfasser des Gutachtens der SPD Schaden zu.
Was sagen die Buschkowskys der SPD dazu?
Doch das dürften nicht alle SPD-Genossen so sehen. Der Typus Heinz Buschkowsky, gegen den auch schon Ausschlussanträge gestellt wurden ist dort schließlich an der Basis zahlreich vertreten. Der hat wie der ehemalige Neuköllner Bürgermeister seinen Sarrazin im Bücherregal, würde sicher nicht alle seine Formulierungen unterschreiben, ist aber davon überzeugt, dass Sarrazin eher zur SPD gehört als der Islam zu Deutschland. Wenn Buschkowsky Sarrazin kritisiert, hört sich das so an: "Das ist eine These, lieber Thilo, der ich nicht beitreten möchte."
Noch ist nicht klar, wie der 3. Ausschlussversuch ausgeht. Doch klar ist, die SPD hat schon jetzt den Schaden. Zunächst erinnert sie die Öffentlichkeit daran, dass der Autor von Büchern wie "Deutschland schafft sich ab" und eben "Feindlicher Übernahme" noch SPD-Mitglied ist. Darauf legt Sarrazin auch viel Wert, denn seine Aufmerksamkeit bekommt er dadurch, dass er eben als rechter Stichwortgeber fungiert und nicht bei der AfD, sondern in der SPD ist. So jemand wird schnell mit dem Begriff Querdenker belegt und das ist dann noch als Lob gemeint. So titelt das Hamburger Abendblatt und nicht etwa die Junge Freiheit: "Ein Rauswurf des Querdenkers macht die SPD zu einer Sekte der Rechtgläubigen".
Es ist nicht die einzige Pressereaktion, die die SPD nicht etwa dafür kritisiert, dass sie es noch immer nicht geschafft hat, Sarrazin los zu werden, sondern dass sie es zum dritten Mal versucht. Die Presseschau zeigt, der Mann hat in der bürgerlichen Presselandschaft seine Fans. Die ihm nicht so wohlgesonnen sind, kritisieren die SPD, dass die ihm wieder Aufmerksamkeit und neue Leser beschert. Sarrazin hat die von ihm erwartete Rolle schon eingenommen und sieht den Ausschlussantrag als Angriff auf die parteiinterne Meinungsfreiheit.
In den 1970er Jahren reichte es bereits, einen Aufruf für Frieden und Abrüstung zu unterzeichnen, unter dem auch DKP-Mitglieder standen, um bereits beim ersten Mal aus der SPD ausgeschlossen zu werden.
Auch die AfD will wieder ausschließen
Auch die AFD will wieder mal bekannte Rechte ausschließen. Es handelt sich um die ultrarechte Juristin Doris von Sayn-Wittgenstein, die sogar fast in den Parteivorstand gewählt worden wäre und Landesvorsitzende der AfD Schleswig-Holstein war.
Sie soll 2014 für einen revanchistischen, von einer verurteilten Holocaustleugnerin mit gegründeten Verein geworben haben. Doch der Hintergrund des Ausschlusses sind persönliche Intrigen und Machtkämpfe, die es bei der AfD immer wieder gibt. So dürfte das Verfahren wie das von Björn Höcke eingestellt werden. In den 1970er Jahren haben manche gewitzelt, Linksintellektuelle könnten sich mit einen Parteiausschlußverfahren ehrenhalber aus der SPD ihre politische Biographie interessanter gestalten. Das könnte von rechts auch Schule machen.