Saudis bombardieren Jemen
Bodenoffensive einer Sunnitenallianz soll kurz bevorstehen
Seit gestern Nacht bombardieren etwa 100 saudische Kampfflugzeuge Ziele im Jemen - darunter den Flughafen in der Hauptstadt Sanaa und mehrere Stützpunkte der Armee. Dabei wurden angeblich vier jemenitische Kampfflugzeuge und mehrere Raketenstellungen zerstört. Die Zahl der zivilen Opfer liegt dem jemenitischen Staatsfernsehen zufolge bei mindestens 17.
Außerdem hat Saudi-Arabien an der 1.458 Kilometer langen Grenze zum Jemen 150.000 Soldaten aufmarschieren lassen. Sie stehen für eine Bodenoffensive bereit. Riad verlautbarte inzwischen, man kontrolliere den Luftraum über dem Nachbarland, und warnte alle Schiffe, Häfen dort anzusteuern.
Anlass für die saudischen Angriffe ist die Machtübernahme durch Huthi-Rebellen, die im September die Hauptstadt einnahmen, im Februar den Präsidenten Abd Rabbuh Mansur Hadi (der inzwischen nach Dschibuti geflohen sein soll) durch eine "Sicherheitskommission" ersetzten und gestern den US-Luftwaffenstützpunkt al-Anad einnahmen (dessen amerikanische Besatzung allerdings bereits vier Tage vorher evakuiert wurde).
An der "Decisive Storm" benannten "Militäroperation zum Schutz und zur Verteidigung der rechtmäßigen Regierung des Jemen" vor den "Aggressionen" der "Werkzeuge ausländischer Mächte" beteiligen sich einer gemeinsamen Erklärung zufolge die sunnitischen Golfstaaten Katar, Kuwait, Bahrain und die Vereinigten Arabischen Emirate. Auch im sunnitischen Ägypten erklärte die Regierung mittlerweile öffentlich ihre militärische Unterstützung für den Angriff, für den kein UN-Mandat vorliegt.
Dem saudischen Botschafter in Washington zufolge sind darüber hinaus auch die sunnitischen Staaten Jordanien, Marokko, Sudan Pakistan Teil der Allianz. Das Nachbarland Oman, wo keine Sunniten, sondern Ibaditen an der Macht sind, hält sich dagegen heraus. Die USA sollen bislang lediglich "logistische und geheimdienstliche Hilfe" beisteuern.
Die Huthis sind Zaiditen: Diese Schiiten stellen etwa 40 Prozent der Bevölkerung des Jemen und leben fast ausschließlich in den Bergen im Norden. Der Süden und die westliche Küste werden dagegen von Sunniten bewohnt.
Außerdem haben sich die Huthis den "Tod" der USA und Israels zum Schlachtruf erwählt. Saudi-Arabien wirft ihnen vor, vom schiitischen Iran unterstützt zu werden, was bislang sowohl die Huthis als auch Teheran bestreiten. Aber auch dann, wenn der Iran tatsächlich keine Zahlungen leisten und keine Waffen liefern sollte, würde seine geopolitische Position durch eine dauerhafte Machtübernahme von Schiiten in Saudi-Arabiens Südwesten doch wesentlich gestärkt. Anwar Gargash, der Außenminister der vereinigten Arabischen Emirate, gab auf Twitter offen zu, dass das ein wichtiger Grund für die Bildung der Militärallianz war. Der iranische Außenminister Mohammad Javad Zarif forderte dagegen ein umgehendes Ende der Operation Decisive Storm.
Ob eine sunnitische Besatzungsarmee den gescheiterten Staat Jemen auf Dauer stabilisieren kann, ist fraglich: Im schiitischen Norden dürfte sie in der Bevölkerung wenig Rückhalt genießen - und im Süden streiten sich sunnitische Stammesführer und Dschihadisten, die 2011 ein kurzlebiges Emirat errichteten, um die Macht. Dafür könnte ein Krieg die gesamt Region "in einen großen Krieg ziehen", den ein Huthi-Sprecher heute Morgen auf al-Dschasira ankündigte.
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