Schon wieder ein Unfall in einem Vattenfall-AKW
Im AKW Ringhals in Südwestschweden kam es am Dienstagmorgen zu einem folgenschweren Brand. Ein Reaktor musste im Schnellverfahren abgeschaltet werden
Schwedens Stromkonzern Vattenfall, der auch in Deutschland Atomkraftwerke und Wasserbetriebe besitzt, ist schon wieder in den Schlagzeilen. Am Dienstagmorgen um 0.30 Uhr explodierte im Atomkraftwerk Ringhals, 60 Kilometer südlich von Göteborg an der Küste gelegen, ein Transformator und brannte vollständig aus. Der Vorfall ereignete sich außerhalb der vier Kraftwerksblöcke, doch ein Reaktor, Ringhals 3, musste heruntergefahren werden.
Betreiber Vattenfall – Ringhals gehört zu 70,4 Prozent der Vattenfall-Gruppe und zur 29,6 Prozent dem deutschen Versorger-Konzern E.ON – beeilte sich zu versichern, dass zu keiner Zeit eine Gefahr bestanden habe. Doch so ganz problemlos scheint die Schnellabschaltung nicht verlaufen zu sein, auch wenn die Schwedische Atomaufsicht SKI (Statens Kärnkraftinspektion) nur einen trockenen Satz darüber verliert:
There is information that a redundant pump in the sea water cooling system (715 P2) failed to start and that initial loss of power to the digital control rod position indication occurred.
Mitteilung von SKI
Eine von mehreren Kühlwasserpumpen war also ausgefallen, ebenso vorübergehend auch die Positionskontrolle der Brennstäbe, da sie zunächst nicht mit Strom versorgt wurde. Das hört sich nicht gerade nach „Alles in Butter“ an, und man darf gespannt sein, was die Untersuchung über die Feuerursachen und die Vorgänge bei der Schnellabschaltung in den nächsten Tagen ergeben wird. Der Reaktor ist jedenfalls erst einmal für mindestens zwei Wochen vom Netz, heißt es bei der Betreibergesellschaft. Die Zeit wird man wahrscheinlich allein schon gebrauchen, um den Transformator zu ersetzen, denn der hat Totalschaden. Ringhals 3 war im September 1981 erstmalig in Betrieb gegangen und ist einer von vier Reaktoren in Schwedens größtem AKW.
Die Vorgänge in Ringhals rufen Erinnerung an einen Unfall vom Sommer dieses Jahres wach. Am 25. Juli war es in einem ebenfalls von Vattenfall betrieben Atomkraftwerk in der Nähe Stockholms zu folgenschweren Ereignissen gekommen ("Forsmark ist der Normalfall"). Ein Ausfall zweier Notstromdiesel hatte in Forsmark 1 beinahe zur Kernschmelze geführt. Vattenfall hatte seinerzeit abgewiegelt und der deutschen Öffentlichkeit über die Ausrüstung seiner hiesigen AKWs nicht korrekt informiert ("Wir lernen aus Erfahrung").
Zwischenzeitlich hat es in Forsmark weitere Unregelmäßigkeiten gegeben: Anfang Oktober kam es nach einem Bericht der SKI im Reaktor Forsmark 2 zu einer Leckage des Reaktor-Containments. An einer Schweißnaht waren mehrere kleine Löcher aufgetreten. Als die Aufseher die Prüfberichte für die Schweißnähte sehen wollten, waren diese nicht auffindbar. Der Reaktor wurde daraufhin für mehrere Wochen vom Netz genommen. Ende Oktober wurde er wieder hochgefahren, nach dem man die Prüfungen wiederholt und keine weiteren Lecks gefunden hatte.
Unterdessen erinnert die atomkritische Organisation IPPNW (Internationale Ärzte und Ärztinnen für die Verhütung eine Atomkriegs) an Unfälle in Deutschen Kraftwerken und fordert einen zügigen Ausstieg aus der Atomwirtschaft. Bei Greenpeace geht man sogar noch einen Schritt weiter und verlangt die sofortige Abschaltung der älteren deutschen AKWs, da sie besonders unfallträchtig seien.
Unter anderem kam es im Dezember 2001 im ebenfalls von Vattenfall betriebenen AKW Brunsbüttel an der Unterelbe nordwestlich von Hamburg zu einer Wasserstoffexplosion im Kühlwasserkreislauf. Um ein Haar wäre dieser derart Leck geschlagen, dass der Reaktor nicht mehr abzudichten gewesen wäre. Dennoch hatte der Betreiber Vattenfall den Reaktor erst auf massiven Druck der schleswig-holsteinischen Aufsichtsbehörden zur Inspektion des Unfalls heruntergefahren und auch erst fast zwei Monate nach dem Unfall.
In Schweden war 1980 per Volksabstimmung der Ausstieg aus der Atomkraft beschlossen worden. Lange Zeit hieß es, dass der Ausstieg bis 2010 vollzogen sein soll. Allerdings fehlt es der Regierung an einem klaren Ausstiegskonzept, und noch immer wird die Hälfte des schwedischen Stroms in AKWs erzeugt (Gänzlicher Verzicht auf Öl). Erst im letzten Jahr hatte die Regierung in Stockholm ein milliardenschweres Investitionsprogramm genehmigt, das die in die Jahre gekommenen Meiler aufrüsten soll. Bedenken eines Gerichtes, das auf die zwischenzeitlich verschärfte Umweltgesetzgebung verwies, der die schwedischen AKWs nicht mehr genügten, wurden kurzerhand vom Tisch gewischt.
Entsprechend gut laufen die Geschäfte der AKW-Betreiber. Nach Konzernangaben konnte die Vattenfall-Gruppe im dritten Quartals des Geschäftsjahres 2006 ihre Ergebnisse weiter steigern. Die Umsatzerlöse stiegen von Januar bis September 2006 um 14,2 Prozent auf 105,0 Mrd. SEK (11,3 Mrd. EUR). Die Rendite betrug satte 19,3 Prozent, wie aus einer Mitteilung des Mutterkonzerns in Stockholm hervorgeht. Zur Gewinnsteigerung hat im erheblichen Umfang der deutsche Unternehmenszweig beigetragen, und zwar vor allem aufgrund der höheren Strompreise, wie man bei Vattenfall freimütig einräumt. Das um Sondereinflüsse bereinigte Betriebsergebnis in Deutschland ist im Vergleich zum Vorjahr um 54,4 Prozent auf 1,2 Mrd. EUR gestiegen.