Schonfrist für Petry

Seite 2: "Machos, Verschwörungstheoretiker und Menschen, die über den Umsturz in Deutschland fantasieren"

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Die Petry-Getreue Brönner warf dem ultrarechten Flügel unter anderem um Höcke eine "unerträglich" gewordene "versuchte Einflussnahme" auf die Partei und deren weitere Ausrichtung nach Rechtsaußen vor. Sie frage sich, schrieb die ehemalige Stellvertreterin Höckes über diesen, ob er noch "mit beiden Beinen auf dem Boden der Demokratie [steht] oder rückwärtsgewandt ein Deutschland haben [möchte], welches wir schon einmal hatten." Höcke erinnere sie eher an einen "verwirrten Geschichtsromantiker".

Der rechte Partei-Flügel, so Brönner weiter, stelle nicht die Mehrheit in der Partei, sei "aber laut und schafft es, durch seine Netzwerke und seine Mobilisierung, immer mehr Anhänger in Position zu bringen und verhindert dadurch einen normalen innerparteilichen Diskurs um Richtung und Anspruch." Es drohe die Gefahr, dass die AfD sich weiter nach "rechtsaußen/rechtsextrem hinbewegt". Nun schon, sagte Brönner der "Thüringer Allgemeinen", besetze die AfD "in Thüringen zentrale Funktionen mit Personen, die in ihrer Vergangenheit tief im rechtsextremistischen Bereich tätig waren".

Jenny Günther, zeitweise auch Funktionärin auf Kreisebene, trat ganz aus der Partei aus und publizierte ihre Gründe dafür. Sie schrieb über ihre Erfahrungen, wonach in der ‪AfD‬ "Spitzenfunktionäre öffentlich daran [arbeiten], Begriffe der Nazis salonfähig zu machen". Sie sei "umgeben [gewesen] von Machos, Verschwörungstheoretikern und Menschen, die über den Umsturz in Deutschland fantasierten. Ich war mitten in einer Partei, deren Personal in WhatsApp-Gruppen andere Politiker mit Ratten verglich und den Hitlergruß verharmloste." Ein "unerbittlicher Machtkampf" sei "von den Anhängern des rechten Flügels rund um […] Höcke [getrieben], die mit diktatorischen Zügen die Macht ihrer Gruppe ausbauten und Gegner einschüchterten."

Doch auch das Petry- respektive Pretzell-Lager scheint nicht zimperlich, wenn es parteiintern zur Sache geht. Der "Stern" berichtete nun, dass Pretzell nach der Sitzung in Dohna gegen Parteifreunde gewettert haben soll, die seine Gattin hatten düpieren wollen. "Wild bis wirr pöbelte Pretzell in einer geschlossenen Facebook-Gruppe gegen jene, die die Eignung seiner Frau als Kandidatin in Frage gestellt hatten", heißt es in dem Bericht. Pretzell habe gepostet: "Ich zähle 18 Hirntote und ein Steroidopfer. Das schrumpft halt nicht nur die Hoden, sondern auch das Hirn."

Laut "Rheinische Post" [http://www.rp-online.de/politik/deutschland/marcus-pretzell-nennt-afd-mitglieder-hirntote-und-steroidopfer-aid-1.6940001] ergriff auch Petry Partei für ihren Ehemann in dieser Diskussion via Facebook, während andere scharfe Kritik an ihm übten. Der AfD-Kreisverband Sächsische Schweiz-Osterzgebirge verurteilte die "verbalen Entgleisungen" Pretzells in einer Stellungnahme [https://www.facebook.com/afdsoe/posts/1509636585724690] scharf. Abzuwarten dürfte also bleiben, ob die Bestätigung der Direktkandidatur für die Parteichef nur eine Schonfrist darstellt oder alles in den kommenden Tagen oder Wochen bis zur Bundestagswahl weiter eskaliert.