Schuldenschnitt für 60.000 Kroaten
Kritisch beäugt von ausländischen Kommentatoren entschuldet Kroatien seine ärmsten Bürger
Wie der sozialdemokratische Premier, Zoran Milanovic, erklärte, könne man mit der Anfang Februar angelaufenen Entschuldungsaktion "Zehn von Tausend" kroatischen Familien helfen. Das Programm wurde mit Banken, Steuerbehörden, staatlichen Unternehmen und Telekommunikationsanbietern ausgehandelt. Rund 27 Millionen Euro an privaten Verbindlichkeiten dürften gestrichen werden. Das ist allerdings nur ein Tropfen auf dem heißen Stein.
Während Griechenland in den vergangenen Wochen unter großer medialer Aufmerksamkeit um einen Schuldenschnitt mit den EU-Behörden rang, machte der kroatische Premier, Zoran Milanovic (SDP), sozusagen "Nägel mit Köpfen". Zumindest die Ärmsten der Armen dürfen in dem rezessionsgeplagten Land ein wenig aufatmen.
Agenturberichten zufolge können kroatische Bürger bis Mai einen Erlass ihrer Schulden beantragen. In den Genuss der Aktion "Neuer Anfang" sollen Bürger kommen, deren Konten seit über einem Jahr gesperrt sind. Die Schulden dürfen nicht mehr als 35.000 Kuna (ca. 4.550 EUR) betragen und das Monatseinkommen nicht höher als 2.500 Kuna (ca. 325 EUR) liegen. Es dürfe kein Vermögen zur Begleichung der Verbindlichkeiten vorhanden sein.
Verbindlichkeiten in Milliardenhöhe
Der Schuldenschnitt wurde von der Regierung mit Banken, Kommunen, staatlichen Unternehmen, Steuerbehörden und Telekommunikationsunternehmen ausgehandelt. Bis zu 27.3 Millionen Euro könnten gestrichen werden. Im Vergleich zu den Gesamtschulden der Kroaten ist dieser Betrag allerdings verschwindend niedrig. Insgesamt werden die privaten Verbindlichkeiten der Kroaten auf etwa vier Milliarden Euro geschätzt, berichtet die österreichische Nachrichtenagentur APA. Weitere 260.000 Privatkonten blieben weiterhin gesperrt, zumal ihre Inhaber die Voraussetzungen für einen Schuldenschnitt nicht erfüllen würden.
Gegenüber dem amerikanischen Sender CNN verteidigte Premier Milanovic https://das Programm. Es sei sicher ein außergewöhnlicher Akt. Man würde damit aber "zehn von tausend Familien" in Kroatien helfen, so Milanovic gegenüber CNN. Außerdem erwartet sich die Regierung einen kleinen Anschub für den Konsum.
Purer Populismus?
Der Nachrichtensender CNBC widmete dem Thema ebenfalls einen Beitrag und zitierte einen Analysten, der die Aktion als politisch motiviert und auf die bevorstehenden Parlamentswahlen ausgerichtet einstufte. Es handle sich um einen "klassischen Fall von Populismus", so der Finanzmarktexperte. Auch die "Washington Post" berichtet über skeptische Reaktionen auf den Schritt der Kroaten in Finanzkreisen. Zitiert wird in dem Artikel der Volkswirt Dean Baker. Er glaube nicht, dass dies der richtige Weg sei, Menschen mit niedrigem Einkommen zu helfen, so Baker gegenüber der Zeitung. Wenn Kreditgeber davon ausgehen müssten, dass dies wieder passieren könnte, könnten sie künftig sehr hohe Zinsen für einkommensschwache Kreditnehmer fordern, warnte Baker.
Die Financial Times geht ebenfalls davon aus, dass es sich um einen politischen Schachzug handelt. Möglicherweise möchte der Sozialdemokrat Milanovic Punkte für eine vorgezogene Parlamentswahl in der Bevölkerung sammeln. Beobachter halten Neuwahlen vor Ablauf der Legislaturperiode 2016 für wahrscheinlich. Im Januar verlor der sozialdemokratische Kandidat das Rennen um das Präsidentenamt gegen die konservative Kolinda Grabar-Kitarovic, welche von der Mitte-Rechts-Partei Kroatische Demokratische Gemeinschaft (HDZ) unterstützt worden war.
Die Financial Times weist allerdings auch darauf hin, dass der Internationale Währungsfond IWF den Kroaten in einem Bericht neben etlichen anderen Maßnahmen auch eine Neuordnung der privaten Schulden empfohlen hätte. Der staatlichen Finanzagentur FINA zufolge haben sich bereits 22.335 Menschen (Stand 2t. Februar) online registriert, um zu prüfen, ob sie die Kriterien für einen Schuldenerlass erfüllen.