Schwarze Opfer, weiße Täter
Seite 2: Schockierende Details
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"Detroit" ist ein brutales Kammerspiel, dem öffentliche Aufklärung und Gerichts-Prozess wie ein Epilog folgen, das vor allem dazu dient zu zeigen, dass die Täter auch vor Gericht nicht verurteilt wurden - obwohl die Polizeiführung genau wusste, was ihre Leute getan haben, und die Täter danach aus dem Verkehr zog. "Detroit" ist insofern in seinem Zentrum ein Film über die Perversion von Recht und Gesetz.
Indem sie diese empörenden Vorgänge in all ihren schockierenden Details nacherzählt, hat Bigelow einen antirassistischen Film gedreht. Dies ist Kino, das haargenau in unsere Zeit passt, und jenen Rassismus zeigt, der nicht nur in den USA bis heute Alltag ist, der auch in Europa und Deutschland sehr schnell abrufbar ist, wenn es um dunklere Hautfarben, um andere Religionen geht, und zum Beispiel darum, "unsere deutschen Frauen" vor "denen" zu schützen.
Rassismus, auch das zeigt Bigelow, ist - ähnlich wie übrigens frauen- und homsexuellenverachtendes Verhalten - keine Frage des Benehmen, der Manieren, der persönlichen Haltung einzelner Individuen, der Vorurteile, sondern es ist ein Faktum, das das komplette Leben Amerikas (und wenn auch mitunter in geringerem Maß aller anderen Länder des Westens) strukturiert. Rassismus steckt in allen Institutionen der Macht, den Institutionen, die die Gesellschaft kontrollieren, die Menschen durch Integration als Bürgern anerkennen oder durch Exklusion ihrer Bürgerrechte berauben.
Loyalität gegenüber der Erfahrung der Einzelnen
Zugleich nimmt sich Bigelow jenseits des Spannungskinos und seiner Gesetze Zeit, vor dem Publikum einige Facetten der genuin schwarzen Kultur Amerikas zu entfalten.
Die moralischen Wertungen scheinen auf den ersten Blick klar zu sein. Doch tritt man einen Schritt zurück, wird deutlich: Man kann dem Film vorwerfen, dass er die Details der qualvollen Nacht allzu deutlich ausmalt. Dass er dadurch Züge des Exploitation-Kinos trägt, das die Gewalt in ihrer ästhetischen Seite - auch - genießt, das deren Inszenierung genießt, die Nacktheit und das Leiden der Opfer, das von einem sadistischen Blick geprägt ist - all das unbewusst selbstverständlich.
Es ist auch ein interessanter Vorwurf, dass der Film klammheimlich mit den Polizisten, den Weißen sympathisiert. Dem System bei der Arbeit zusieht, den Uniformen, Waffen, der Macht. Nicht die Detailversessenheit, wie der eine oder andere jetzt suggeriert, ist das Problem, sondern die Offenheit dieser Filme und die Loyalität gegenüber der Erfahrung der Einzelnen.
"Detroit" ist ein herausragend inszenierter, überaus dichter Film geworden. Hart, und mitunter schwer erträglich - aber eben auch eindringlich und nachwirkend. Ein Meisterwerk der Inszenierung.