Schwedische Justiz zeigt sich gegenüber amerikanischem Druck unbeirrt
Der wegen einer Prügelei der Körperverletzung beschuldigte Rapper ASAP Rocky muss vorerst weiter in Untersuchungshaft bleiben
Der US-Rapper ASAP Rocky, der am 30. Juni in Stockholm in eine Schlägerei verwickelt war, muss "wegen Fluchtgefahr" weiterhin in der Stockholmer Vollzugsanstalt Kronoberg in Untersuchungshaft bleiben, so ein Beschluss des "Tingsrätt", dem zuständigen Amtsgericht. Somit zeigte sich die schwedische Justiz nach außen hin unbeirrt gegenüber dem Druck, der aus Hollywood und Washington ausgeübt wurde.
Der zuständige Staatsanwalt Daniel Suneson hatte bereits am Freitagmorgen dafür plädiert, die Untersuchungshaft bis zum 25. Juli zu verlängern, um eine mögliche Anklage besser vorzubereiten. In der kommenden Woche soll dann entschieden werden, ob gegen den US-Bürger Anklage wegen Körperverletzung erhoben werden soll.
Slobodan Jovicic, Anwalt des Musikers, erklärte nach der Entscheidung des Gerichts: "Tief in meinem Herzen bin ich davon überzeugt, dass es sehr ungerecht ist, dass mein Klient inhaftiert ist." Eine Fluchtgefahr sei aufgrund der vielen Geschäftsbeziehungen des Musikers in Europa nicht gegeben.
Die Geschichte der U-Haft des Musikers ist auch die Geschichte eines öffentlichen Drucks der USA auf das skandinavische Land, dessen Probleme mit Migranten von Donald Trump mehrfach plakativ aufgegriffen wurden (Trump verursacht Image-Problem für Schweden.
Wie ein Video der amerikanischen Klatsch-Webseite TMZ am 1. Juli zeigte, schlugen Rakim Mayers, wie der Rapper bürgerlich heißt, und zwei Begleiter auf einen Mann ein. Der Musiker lud jedoch tags darauf ein weiteres Video hoch, bei dem deutlich wird, dass die Amerikaner von dem späteren Opfer und einem Begleiter mehrfach bedrängt wurden.
Druck aus den USA
Der 31-Jährige sowie zwei Begleiter wurden nach seinem Konzert in Stockholm am 2. Juli wegen "schwerer Körperverletzung" festgenommen, was einige Tage später mit "Körperverletzung" revidiert wurde. In den USA starteten andere Musikgrößen Boykottaufrufe gegen Schweden, sämtliche Auftritte des amerikanischen Musikers für Schweden im Juli sowie in einigen anderen europäischen Ländern wurden abgesagt. US-Medien berichten von unmenschlichen Zuständen der Haft des Rappers.
Aber auch die Hautfarbe des Afroamerikaners spielt eine Rolle. Mark Brzezinski, von 2011 bis 2015 US-Botschafter in Stockholm, sah rasserelevante Gründe für das Bedrängen des Musikers durch die beiden Männer, die vermutlich selbst einen Migrationshintergrund haben. Schweden solle ASAP Rocky umgehend freilassen. Auch taten sich diese Woche mehrere Kongressabgeordnete zusammen, um gegen die Haft des Musikers und Schauspielers zu protestieren.
Die schwedische Außenministerin Margot Wallström wies darauf hin, dass die Regierung keinen Einfluss auf juristische Fälle habe, sie vertraue zudem der schwedischen Rechtsstaatlichkeit.
Der Superstar Kim Kardashian soll über Trumps Schwiegersohn Jared Kushner den US-Präsidenten um Hilfe gebeten haben. Donald Trump habe nach Auskunft von TMZ die Untersuchungshaft des Musikers als "unfair" bezeichnet. Der Jurist Carl Risch des US-Außenministerium hat den Rapper am Freitag im Gefängnis besucht, auch er versucht seit Donnerstag vor Ort politischen Einfluss in Schweden auszuüben. Der Krimiautor und ehemalige Polizeimitarbeiter Leif G. W. Perssen hat die Inhaftierung als unverhältnismäßig kritisiert.
Auf der anderen Seite hat die schwedische DJ-Formation "Swedish House Mafia" eine Kooperation mit dem US-Rapper wegen seiner Gewalttätigkeit aufgekündigt.
Widerspenstigkeit Schwedens gegen die USA
Ob die schwedische Regierung in diesem Fall keinerlei Einfluss auf die Justiz ausübt, muss dahin gestellt bleiben. Doch könnte die erfolgreiche Forderung der Staatsanwaltschaft nach Verlängerung der U-Haft durchaus als ein Signal an die schwedische Bevölkerung zu lesen sein.
Vor allem unter den Wählern der rot-grünen Minderheitsregierung unter Stefan Löfven hat das egalitäre Schweden immer noch Konjunktur, in dem der Starkult verpönt ist und jeder die gleichen Rechte und die gleichen Pflichten hat und sich niemand über den anderen erheben soll. Auch stehen die von Trump regierte USA nicht hoch im Kurs - und so hat sich "das kleine Schweden", wie man gerne sagt, dem großen Amerika nicht gebeugt.
Diese Rolle der Widerspenstigkeit Schwedens gegen die USA gab der heute noch stark verehrte Olof Palme vor, der mit dem nordkoreanischen Botschafter 1968 in Stockholm gegen den Vietnamkrieg protestierte und die amerikanische Bombardierungen mit einem Holocaust-Vergleich scharf kritisierte. Von Nixon wurde er als "Arschloch" bezeichnet.
Auf jeden Fall bleibt Schweden der internationalen Öffentlichkeit als Gegenstand des Interesses bis Donnerstag erhalten. Dann muss die Staatsanwaltschaft eine Anklage erheben oder den Rapper freilassen.
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