Selbsthass des Westens reloaded?

Seite 3: Große Action und noch größere Gefühle

In "Black Panther: Wakanda Forever" gibt es viele Tote und überraschende Wendungen, zugleich liefert der Film eine kraftvolle, mitunter schmerzhafte und äußerst respektvolle Darstellung von Trauer, Verlust, aber auch der Bedeutung von Vermächtnis und Tradition, grundiert mit einer Dosis Hoffnung. Und zwar auf die spektakulärste Art und Weise, die möglich ist.

Es ist, als ob der Film selbst alle Phasen der Trauer durchspielt, und am Ende gehen Wakanda, seine Bevölkerung und sämtliche Hauptfiguren emotional verändert aus dieser Reise hervor. Trotzdem wird es nicht allzu tiefsinnig oder originell.

Bild: © Marvel Studios

In der fast dreistündigen Laufzeit stechen Angela Bassett als Königin Ramonda, sowie Neuling Tenoch Huerta Mejía als rund 500 Jahre alter, moralisch ambivalenter Unterwasserherrscher besonders hervor. Dominique Thorne, mit der als Tech-Genie Riri Williams noch eine neue, interessante jugendliche Heldin ins Spiel kommt, die in kommenden MCU-Filmen noch eine größere Rolle spielen dürfte, ist auffälliger als Letitia Wright.

"Black Panther: Wakanda Forever" bedient gekonnt die Action-Schauwerte des Superheldengenres, erschöpft sich aber nicht darin. Im Zentrum steht die universelle Geschichte einer Nation, die viel gelitten hat und weiter leidet, aber darum kämpft, sich nicht von diesen Tragödien vereinnahmen zu lassen.

Die politische Zielrichtung dieses offen politisch gemeinten Films ist dabei auf den ersten Blick klar: Es geht einmal mehr um das Empowerment nicht-weißer Menschen, verbunden mit einer Kolonialismus- und Imperialismus-Kritik im Allgemeinen und am geopolitischen Einfluss der USA im Besonderen, der genauso wie das Wirken von CIA und NSA eindeutig negativ konnotiert wird.

Hier ist ein US-amerikanischer Film deutlich kritischer als die meisten europäische Filme und andere Kulturprodukte.

Die politischen Perspektiven sind pessimistisch

Bei genauerem Hinschauen und im Kontext entpuppt sich die politische Botschaft indes als zwiespältiger. Schlussendlich sind es zwei indigene Nationen, die hier gegeneinander kämpfen, sich gegenseitig bis an den Rand der Vernichtung schwächen werden und damit – divide et impera – die traditionelle Großmacht USA indirekt profitieren lassen. Um das nur als Warnung zu verstehen, dafür ist dieser Aspekt der Handlung nicht eindeutig genug erzählt.

Man kann auch nicht übersehen: Weder Wakanda noch Talokan sind Demokratien. In beiden herrschen benevolente Aristokratien in klaren Hierarchien. Widerstand dagegen, die Fantasiereiche Wakanda und Talokan einseitig zu verklären, ist das aber auch nicht – denn obwohl der Film nur bedingt als "woke" Übermenschenfantasie taugt kritisiert er keineswegs Privilegien, die durch Herkunft entstehen, sondern betont ihren Wert.

Zusammen mit der klar negativen Darstellung von USA, Frankreich und der Uno ist hier eine scharfe Grundsatzkritik und letztendlich auch von Selbsthass des Westens unübersehbar.

Zudem fällt auf, dass der Tonfall des Films in Hinblick auf die internationalen Beziehungen im Ganzen pessimistischer ausfällt als noch in Teil 1: Während die Zuschauer dort am Ende eine Zukunft in Aussicht gestellt sahen, in der Wakanda unter seinem neuen König T'Challa seinen Isolationismus aufgeben und zu einer prägenden Stimme im Kreis der Vereinten Nationen werden würde, bleibt das Verhältnis des utopischen Staates zu anderen Ländern diesmal bis zum Schluss von Reserviertheit und Misstrauen überschattet, auch wenn Shuri sich schlussendlich durch eine Geste der Großmut auszeichnet.

Am Ende ist aber immerhin die Trauerarbeit um den Verlust T'Challas zu Ende und das eigentliche Ziel erreicht – Chadwick Boseman ist (fast) vergessen gemacht. Marvel dagegen hat offenbar die Unsterblichkeit erreicht. The show must go on. Ist das genug? MCU forever?