Selbstreparierender Beton
Eine Erfindung aus den Niederlanden könnte nicht nur Steuergeld, sondern auch CO2 sparen
Wer dieses Jahr mit dem Auto aus dem Urlaub nach Hause fuhr, dem begegneten oft Baustellen, an denen Straßen nicht ausgebaut, sondern nur repariert wurden. Dem Sender n-tv zufolge kosten alleine die unmittelbar anstehenden Reparaturarbeiten auf dem Viertel der deutschen Schnellstraßen, das aus Beton ist, mindestens 320 Millionen Euro.
Denn der Baustoff der Bauhaus-Epoche hält bislang - trotz seines Images - keineswegs ewig, sondern bekommt Risse, in denen sich Wasser sammelt, das diese Beschädigungen immer weiter vergrößert, wenn es sich beim Einfrieren ausdehnt. Das sieht man nicht nur an Autobahnen, sondern auch an vielen Brücken, Schulen und anderen öffentlichen Gebäuden, deren Instandhaltung den Steuerzahler zusammengerechnet viele Milliarden Euro kostet. Unterlässt man hier schnelle Reparaturen, beginnt das über Risse immer weiter eindringende Wasser auch den Bewehrungsstahl rosten zu lassen. Dann bleiben nur noch teure Sanierungen oder Abrisse.
Solche Probleme gibt es nicht nur in Deutschland, sondern in allen Ländern. Weltweit. Bei Mashable glaubt man deshalb, dass sich mit einer Erfindung des Niederländers Hendrik Marius Jonkers von der Fakultät für Bauingenieurwesen und Geowissenschaften an der Technischen Universität Delft auf lange Sicht viel Geld sparen lässt. Jonkers gelang es, die Bakterien Bacillus pseudofirmus und Sporosarcina pasteurii, die aus alkalischen Vulkanseen stammen, in zwei bis vier Millimeter große Pellets aus Ton einzuschließen. Diese Pellets werden in einen Beton eingegossen, der auch Stickstoff, Phosphor und Kalziumlaktat enthält. Dort warten die Bakterien bis zu 200 Jahre lang im Ruhezustand, dass durch winzige Risse Wasser eindringt. Erst dann wachen die kleinen Handwerker auf und verarbeiten das Kalziumlaktat zu Kalkstein, der die Risse, durch die das Wasser eindringen konnte, wieder verschließt, so lange sie eine Breite von 0,8 mm nicht überschreiten.
Zweieinhalb Prozent Anteil am weltweiten CO2-Ausstoß
Wegen des Kalziumlaktats, das die Bakterien als Nahrung benötigen, kostet so ein Bionik-Beton bislang etwa doppelt so viel wie die herkömmliche Variante des Baustoffs, weshalb Jonkers an kostengünstigeren Ernährungsalternativen für seine schlafenden Reparaturbrigaden forscht. Gelingt ihm das, könnte ein selbstheilender Beton nicht nur Geld und Arbeit sparen, sondern auch dazu beitragen, den CO2-Ausstoß zu verringern:
Denn was länger hält, das muss nicht mit neuem Zement neu gebaut werden. Und auch wenn Zhu Liu vom California Institute of Technology in Pasadena im letzten Jahr in Nature Geoscience darlegte, dass die vorherigen Berechnungen, nach denen die Betonproduktion ungefähr fünf Prozent zum weltweiten CO2-Ausstoß beiträgt, nicht berücksichtigen, dass der Baustoff fast die Hälfte davon wieder aufnimmt und speichert, bleibt doch ein Nettoausstoß von gut 50 Kilogramm Kohlendioxid pro Tonne Beton, der entsteht, wenn das Kalziumkarbonat (CaCO3) beim Brennen von Kalkstein in Kalziumoxid (CaO) umgewandelt wird.
Alternative Ansätze
Einen anderen Weg, selbstreparierenden Beton zu entwickeln, hat man an der südkoreanischen Yonsei-Universität beschritten: Dort mischen Forscher dem Baustoff Methacryloxypropyl-terminiertes Polydimethylsiloxan bei - ein Kunststoff, der in Ritzen fließt und durch Fotopolymerisation aushärtet, wenn er die Oberfläche erreicht, wo die Sonne scheint. Bei dieser Methode entstehen allerdings "Narben".
Eine dritte Möglichkeit, die Lebensdauer von Straßenbaustoffen zu verlängern, hat der Delfter Materialforschungsprofessor Erik Schlangen entwickelt: Er mischte dem Straßenbelag Asphalt winzige Stahlfasern bei, die sich über Induktion erhitzen lassen. Versiegelt man den Asphalt auf diese Weise alle vier Jahre neu, hält er Schlangens Berechnung nach nicht mehr nur 20, sondern 40 Jahre. Besonders sinnvoll wäre ein Einsatz seiner Ansicht nach beim so genannten "Flüsterasphalt", der wasserdurchlässig ist, aber auch sehr viel schneller verschleißt.