"Seltene Erden": Nur eine begrenzt lange wirksame Handelswaffe
Die meisten der unter diesem Namen zusammengefassten Metalle sind eher aufwendig abzubauen als wirklich selten
Die chinesischen Medien Global Times und Renmin Ribao ("Volkstageszeitung") haben Exportbeschränkungen für so genannte "Seltene Erden" als chinesische Waffe im Handelskonflikt mit den USA ins Spiel gebracht. Ein Sprecher der Planungsbehörde in Peking dementierte solche Pläne nicht direkt, sondern sprach stattdessen von einem "Vorrang" für den "heimischen Bedarf" bei gleichzeitigem Willen eine "vernünftige Nachfrage" anderer Länder zu befriedigen. Kurz vorher hatte der chinesische Staatspräsident Xi Jinping Seltene Erden "wichtige strategische Ressourcen" genannt.
Setzt China solche Exportbeschränkungen im Falle einer Eskalation des Handelsstreits mit den USA ein, könnte das zu einer Verknappung der unter anderem für die Herstellung von IT-Geräten, Elektroautoakkus, Solarpaneelen und Windkraftanlagen wichtigen 17 Metalle führen. Das ökonomische Druckpotenzial dieser Verknappung wären allerdings insofern begrenzt, als die USA nur vier Prozent der chinesischen Seltene-Erden-Exporte abnehmen. Amerikanische Firmen und Konsumenten kaufen nämlich lieber fertige oder halbfertige Produkte, in denen chinesische Firmen diese Metalle schon verarbeitet haben.
Vorhandene Minen in den USA und anderen Ländern wegen günstiger Konkurrenz geschlossen
Eine Verknappung Seltener Erden wäre außerdem zeitlich begrenzt, weil diese Metalle - anders als ihr Name suggeriert - (abgesehen von der Ausnahme Promethium) gar nicht so selten sind. Da sie aber nur an verhältnismäßig wenigen Stellen in sehr hoher Konzentration lagern und leicht oxidieren, ist der Aufwand, sie abzubauen, häufig eher hoch. Dass China das Angebot verknappen kann, liegt nicht nur an den geschätzten 2,9 Millionen Tonnen Seltener Erden in der Inneren Mongolei, sondern auch daran, dass diese besonders gut zugänglich sind und Material daraus früher besonders preisgünstig anboten wurde. Aufgrund dieser günstigeren Konkurrenz schloss man bis in die Nuller Jahre hinein vorhandene Minen in den USA und in anderen Ländern.
Steigen die Preise wegen einer Verknappung entsprechend und ohne längerfristige Aussicht auf einer Änderung dieser Situation, lassen sich solche Minen wieder öffnen und wirtschaftlich betreiben. Als China 2010 die Preise über Exportbeschränkungen schon einmal deutlich anziehen ließ (vgl. Handelskrieg um Seltene Erden), geschah genau das.
Die 2017 wiedereröffnete große kalifornische San-Bernardino-Mine schickte ihr Erz aber zur Verarbeitung nach China, weil sich das wegen niedrigerer Umweltauflagen lohnte. Erst nachdem Peking solche Erztransfers im letzten Jahr mit einem zehnprozentigen Vergeltungszoll belegte (der am 1. Juni auf 25 Prozent erhöht werden soll), beschlossen die Amerikaner, auch ihre eingemottete Verarbeitungsanlage wieder in Betrieb zu nehmen.
China hatte schon einmal Exportbeschränkungen verhängt - und nach Klagen vor der WTO wieder aufgehoben
Nach der ersten chinesischen Exportbeschränkung 2010 investierten auch Kanada, Australien, Indien, Brasilien, Malaysia und Vietnam große Summen in neue Abbauanlagen. In den letzten Jahren gingen solche Investitionen jedoch wieder zurück, weil China die Exportbeschränkungen nach Klagen der USA und Japans vor der Welthandelsorganisation WTO wieder aufhob und den Weltmarktpreis deutlich sinken ließ.
Steigt er erneut, könnten sich findige Unternehmen nicht nur die vermuteten riesigen Lagerstätten in Grönland näher ansehen, sondern auch die auf dem Meeresboden, wo das Achthundertfache des an der Oberfläche zu findenden Materials vermutet wird (vgl. Seltene Erden unter Wasser).
Führungsposition beim Unterwasserabbau
Die sehr umfangreichen und teilweise bis zu 70 Meter dicken Sedimentschichten im mittleren Nord- und im östlichen Südpazifik sind mit 0,1 bis 0,2 Prozent Gehalt an Seltenen Erden mit Material aus chinesischen Minen vergleichbar. Der Anteil schwerer (und teurerer) Seltener Erden wie Dysprosium war in manchen Unterwasserproben sogar höher. Der Haken bei Vorkommen auf dem Meeresgrund sind die Schwierigkeiten bei der Förderung in bis zu sechs Kilometern Tiefe.
Beim Versuch, diese Schwierigkeiten zu bewältigen, führen derzeit das kanadischen Unternehmen Nautilus Minerals (vgl. Tagebau in der Tiefsee) und die chinesischen Mawei-Werft. Zusammen mit dem von chinesischen CRRC-Gruppe übernommenen britischen Unterwasserroboterhersteller SMD wollen diese Firmen noch in diesem Jahr ein "Produktionsschiff" für Seltene Erden in Betrieb nehmen.
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