Sex-Grüße aus Moskau
Seite 2: "So sind die Russen"
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Aber "so sind die Russen." Schon früh in diesem Film hat sich Dominika von jeder Ähnlichkeit mit den amerikanischen Heldinnen Hollywoods befreit, als sie sich an denen, die an ihrem Bühnen"unfall" und Karriereende Schuld tragen, blutig rächt, indem sie sie ihrerseits brutal zusammenschlägt. Schon hier zeigt sie, wie wenig sie in der Ausbildung noch lernen muss.
Hier kommt heraus, was "Red Sparrow" tatsächlich ist: eine in riesengroße Nostalgie für den Kalten Krieg getränkte amerikanische Russenfantasie. Die ist geprägt von offener Angst und klammheimlicher Bewunderung für die Russen, vom Wissen um deren Überlegenheit im Kampf um die Weltherrschaft.
Es geht dabei weniger um die gern beschworene "russische Seele", sondern um die Härte und offene Gewaltbereitschaft von kalten Bestien. Die Russen dieses Films repräsentieren eine neue eisige Ordnung der Welt, in der alles Handelsgut ist: Liebe, Sex, Körper.
Im Unterschied zu "Hunger Games" ist die Welt dieser neuen Franchise der unsrigen erschreckend ähnlich. Und im Unterschied zu James-Bond-Filmen und ihren Epigonen lebt dieser Film mehr von Thrill und Intrige als von aufwendig inszenierter Action oder touristisch ins Bild gesetzten spektakulären Schauplätzen.
Zugleich fehlt "Red Sparrow" der analytische Realismus der John-Le-Carré und Graham Greene-Verfilmungen. Dieser gelungene, in einzelnen Szenen spektakuläre Film ist nicht das Portrait einer vorhandenen Welt, sondern eine Meditation darüber, was die vorhandene in sich birgt. Dieses Gedankenspiel ist konsequent, spektakulär und unterhaltend inszeniert.
Der latente Zynismus der Inszenierung, die nicht an Alternativen glaubt, sondern Einverständnis zu zelebrieren scheint, ist keiner, den man den Machern ankreiden sollte. Es ist ein Zynismus, der aller genauen Beobachtung zugrunde liegt.
Die Buchvorlage zum Film: Jason Matthews: "Red Sparrow", Goldmann Verlag, München 2016