Sicherheitsberater Bolton will den Nationalen Sicherheitsrat umbauen
So soll der Posten des Cyberkoordinators gestrichen werden, was darauf hindeuten könnte, dass Cybersicherheit an Bedeutung verliert und Bolton auch im Cyberbereich auf militärische Drohungen setzt
Mit John Bolton, einem Politiker aus dem Kalten Krieg, der unter George W. Bush massiv die aggressive Neocon-Politik einer amerikanischen Dominanz vertreten hat, hat sich der Baumogul Donald Trump einen rückwärts gewandten Sicherheitsberater ins Haus geholt. Das wird nicht nur ein Irrtum sein, schließlich ist Trump selbst weniger dem digitalen Zeitalter aufgeschlossen, sondern ein Fan der materiellen Gewalt und der physisch gebauten Infrastruktur, was sich auch an seiner Forderung nach einer wirklichen Mauer an der Grenze zu Mexiko ablesen lässt.
Zwar waren schon während der Präsidentschaft von Bill Clinton die digitalen Bedrohungen beschworen worden und haben dazu geführt, dass auch militärisch digital aufgerüstet wurde. Lange jedoch blieb die Cybersicherheit ein Stiefkind, zu sehr waren Militär und Politik noch in den Vorstellungen konventioneller Machtdemonstration und Kriegsführung verhaftet. Erst Barack Obama machte Cybersicherheit zu einer Priorität, während seiner Präsidentschaft wurde im Pentagon das Cyberkommando mit einer offensiven Ausrichtung aufgebaut und mit Stuxnet ein erster Cyberangriff ausgeführt.
Donald Trump hatte zwar das Cyberkommando in der Pentagon-Hierarchie weiter verstärkt und im Nationalen Sicherheitsrat einen Cyberkoordinator verankert, aber Bolton scheint nun zu versuchen, wie Politico mit Verweis auf Quellen aus dem Weißen Haus berichtet, die Bedeutung der Cybersicherheit für die US-Regierung wieder herunterzufahren und die Stellung des von Obama eingesetzten Cyberkoordinators abzuwerten, der mit seinem Team die Cyberstrategie der Regierung von der Sicherung der Wahlen über die Verschlüsselungspolitik bis zum Cyberwar auch unter Einbezug der Wirtschaft bündelt.
Er hatte zwar schon mal gefordert, dass die USA scharf auf Cyberangriffe aus China, Russland oder Iran zurückschlagen und eine digitale Abschreckung nach dem Vorbilder der nuklearen aufbauen sollen, aber das hatte weniger mit einer digitalen Strategie zu tun als mit der Forderung, überlegene Gewalt auszuspielen, um amerikanische Konkurrenz mit allen Mitteln klein zu halten. So schlug er im Februar vor, als er noch nicht Sicherheitsberater war, gegen Russland bei einem erneuten Vorfall nicht nur mit Sanktionen, sondern mit einer Cyberkampagne zurückzuschlagen, die "entschieden unverhältnismäßig" sein müsse. Russland oder ein anderer Staat müsse lernen, "dass die ihnen entstehenden Kosten von künftigen Cyberangriffen gegen die USA so hoch sind, dass sie einfach ihre Cyberwarpläne ihren Computerspeichern ablegen, um elektronischen Staub zu sammeln".
Neocon-Haudrauf-Taktik ohne langfristige Pläne
Bolton ist bekannt für seine aggressive Haudrauf-Taktik zur Lösung von Konflikten. Diese Neocon-Haltung stand auch schon hinter dem Irak-Krieg von George W. Bush. Damals meinte man, der Krieg wäre schnell und billig zu gewinnen (Peanuts) und ein von den Amerikanern befreiter Irak würde auch die anderen autoritären Staaten wie ein Kartenhaus zusammenbrechen und in US-freundliche Demokratien umwandeln. Pläne und Strategien für die Zeit nach dem Regime Change gab es nicht. Ähnlich hatte Bolton auch jetzt wieder im letzten Sommer für einen Ausstieg aus dem Atomabkommen mit scharfen Sanktionen und der Unterstützung von Oppositionellen und Minderheiten sowie für einen Präventivschlag gegen Nordkorea im Februar geworben. Bolton war unter Bush auch beim Ausstieg der USA aus dem ABM-Vertrag 2002 maßgeblich beteiligt, was entscheidend zur Eskalation der Krise mit Russland beigetragen hat, und er förderte die Ablehnung des Internationalen Gerichtshofs.
Überlegungen, wie sich nachweisen lässt, wer einen Cyberangreifer ausgeführt hat, finden sich bei Bolton bezeichnenderweise nicht. Sonderlich am Schutz der amerikanischen Cyberinfrastruktur liegt ihm offenbar auch nichts. Nach Informationen von Politico strebt Bolton an, den Posten des Cyberkoordinators abzuschaffen und die Aufgabe bei der geplanten Umorganisation des Nationalen Sicherheitsrats (NSC) niedriger anzusetzen. Megan Stifel, eine frühere NSC-Direktorin für internationale Cyberpolitik, warnt, die Abschaffung könne anderen Staaten den Hinweis geben, dass Cybersicherheit kein wichtiges Thema der nationalen Sicherheit mehr ist. Das wäre seltsam ausgerechnet in einer Zeit, in der ständig die Rede davon ist, dass die nationale Infrastruktur von den Wahlsystemen bis zum Stromnetz gefährdet sei und Cyberspionage oder auch einfach nur Cyberkriminalität zunehmen sollen.
Gut möglich, dass Bolton nur die Gelegenheit nutzen will, um seine Macht auszubauen, da der Cybersecurity-Koordinator Rob Joyce, der unter Trump etwa mit den WannaCry- und NotPetya-Angriffen zu tun hatte, heute seinen Job im Weißen Haus beendet und wieder zur NSA zurückkehrt. Grund soll sein, dass er von Boltons Verständnis der Cyberpolitik frustriert worden sei. So hatte Bolton, als er seinen neuen Job antrat, gleich den Cyberexperten Tom Bossert, den Leiter der Cybersecurity im Weißen Haus, damit der Chef von Joyce, und zuständig für den Heimatschutz gefeuert. Angenommen wird, dass Joyce und Bossert mit dafür verantwortlich waren, dass Donald Trump nach langem Zögern auf die angeblichen russischen Angriffe und die Einmischung in die Wahlen dann doch scharf mit neuen Sanktionen reagierte.
Die Vermutung ist, dass für Bolton Cybersecurity nicht besonders wichtig ist und dass damit dem militärischen Cyberkommando mehr Bedeutung zukommen könnte. Das würde zum Profil des Neocon-Politikers passen, für den militärische Drohungen und Lösungen mit zu den ersten Mitteln der Politik zählen.
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