Sinkt nach einem Vaterschaftsurlaub die Lust auf weitere Kinder?

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Nach einer Studie, die die Folgen der Einführung des Vaterschaftsurlaubs 2007 in Spanien untersucht, scheint diese Erfahrung der Männer mit Kinderbetreuung und Haushalt nachzuwirken

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In Spanien wurde 2007 für Väter eine Elternzeit eingeführt. Seitdem konnten Väter nach der Geburt einen 13 Tage langen Vaterschaftsurlaub antreten, bis dahin hatten sie Anspruch auf zwei Tage Urlaub. Mit der Regelung, die im Rahmen eines Gesetzes zur Herstellung der Gleichberechtigung in Kraft gesetzt wurde, sollte die "Vereinbarkeit des persönlichen, familiären und Arbeitslebens" verbessert und natürlich die Bereitschaft gefördert werden, mehr Kinder auf die Welt zu bringen.

Arbeitswissenschaftler aus Barcelona, die mit dem von der Deutschen Post Stiftung gegründeten Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit (IZA) zusammenarbeiten, haben im Vergleich mit Eltern vor der Regelung untersucht, ob und welche Auswirkungen der Vaterschaftsurlaub während der ersten 10 Jahre hatte, und kommen zu ganz interessanten Ergebnissen.

Das Gesetz sah vor, die bezahlte Elternzeit für Väter und Mütter nach und nach anzugleichen. 2017 wurde der Vaterschaftsurlaub auf 4 Wochen verlängert, um den Vätern die Übernahme familiärer Verantwortung zu erleichtern. Jetzt können Väter 5 Wochen freiwillig in die Elternzeit gehen, Frauen haben 6 Wochen einen verpflichtenden Mutterschaftsurlaub nach der Geburt. Zusätzlich gibt es Anspruch auf weitere 10 Wochen, was bislang allerdings fast ausschließlich Frauen in Anspruch nehmen.

Nach einem Dekret vom März 2019 erhielten Väter ab April ein Anrecht auf 8 Wochen Vaterschaftsurlaub, während Frauen noch 16 Wochen haben. 2020 soll der Vaterschaftsurlaub auf 12 Wochen und 2021 ebenfalls auf 16 Wochen ansteigen.

Gedacht ist der Vaterschaftsurlaub nicht nur, um die Fertilität zu steigern, die Mütter zu entlasten und die Väter zur größeren Beteiligung an Kinderbetreuung und Hausarbeit heranzuführen, sondern auch, um zu ermöglichen, dass Frauen in ihren Jobs bleiben können und die Einstellung der Arbeitgeber entsprechend zu verändern.

Erhöht ein Vaterschaftsurlaub die Wahrnehmung für Aufwand der Kinderbetreuung?

Die Autoren schreiben in ihrer Studie, die im Journal of Public Economy erschienen ist, dass noch relativ wenig über die Folgen der Einführung des Vaterschaftsurlaubs bekannt sei, Studien zeigen unterschiedliche Folgen, oft würden Väter sich später eben mehr an der Kinderbetreuung beteiligen und weniger Stunden arbeiten. Ob die Fertilität dadurch verbessert wird, werde von Studien nicht bestätigt. In ihrer Studie über den Vaterschaftsurlaub verglichen die Wissenschaftler Familien mit einem Kind vor und nach der Einführung 2007.

Die Möglichkeit wurde nach der Einführung von vielen Vätern angenommen, sie wendeten auch nach dem Urlaub mehr Zeit für die Kinderbetreuung auf, aber nach Analyse der Geburtsurkunden (2003-2013) stellte sich heraus, dass die Paare, bei denen Väter den Vaterschaftsurlaub in Anspruch nahmen, in den folgenden Jahren etwas später weitere Kinder bekamen. Allerdings betrug die Verzögerung bis zur Geburt eines weiteren Kindes nur 16-38 Tage, was nicht viel ist.

Die Wahrscheinlichkeit, in den nächsten beiden Jahren ein weiteres Kind zu bekommen, sank um 7-15 Prozent, nach sechs Jahren lag sie allerdings nur noch bei 1-5 Prozent. Bei Frauen über 30 Jahre war die Wahrscheinlichkeit, ein weiteres Kind zu bekommen, um 11-22 Prozent innerhalb von 2 Jahren bzw. nach sechs Jahren mit 3-11 Prozent niedriger. Nicht eruiert wurde, welchen Einfluss das Alter der Männer haben könnte.

Auf die Beschäftigung hatte die Maßnahme bei den Vätern keinen Einfluss, es arbeiteten aber 6 Monate nach der Geburt mehr Mütter, deren Männer den Vaterschaftsurlaub nutzten. Untersuchungen in anderen Ländern hätten aber nahegelegt, dass Vaterschaftsurlaub die Zahl der Scheidungen erhöhen könnte. Das fanden die Wissenschaftler in ihrer Studie über Spanien nicht bestätigt.

Die Fertilität ist 2008 gegenüber 2007 (1,38) und 2006 (1,36) leicht auf 1,45 angestiegen, aber schon 2009 wieder auf 1,38 gefallen, um 2013 einen Tiefstand von 1,26 zu erreichen und dann wieder leicht zu steigen. 2016 lag sie bei 1,33 und 2017 wieder tiefer bei 1,31. Also jedenfalls niedriger als vor der Einführung des Vaterschaftsurlaubs, was aber nur eine Variable von vielen ist, die Einfluss auf die Geburtenrate hat, die in Spanien, ähnlich wie in Malta, Italien, Griechenland und Zypern, niedriger als die Deutschlands ist, wo sie 2018 wieder auf 1,57 gestiegen ist.

Die Wissenschaftler rätseln, was die Paare, bei denen der Mann im Vaterschaftsurlaub war, dazu geführt hat, später weniger Kinder zu zeugen als bei den Paaren ohne Vaterschaftsurlaub. Zwar scheint dieser die Bindung der Frauen an die Arbeit, aber auch die erwarteten Kosten für ein weiteres Kind erhöht zu haben. Das betrifft vor allem die Männer, vermuten die Autoren, die durch eigene Erfahrung erkannt hätten, welchen Aufwand Kinder machen, sie aber auch dadurch lieber auf die Qualität der Betreuung achten als auf die Zahl der Kinder.

Bleibender Effekt: Männer widmen ihren Kindern mehr Zeit

Allerdings sind die Unterschiede relativ klein, sie könnten auch länderspezifisch sein. Dass Frauen über 30 nach dem Vaterschaftsurlaub ihres Partners nicht so schnell und weniger weitere Kinder haben, könnte auch damit zusammenhängen, dass die Männer auch älter sind und sich durch mehr Haushalt und Kinderbetreuung mehr belastet als die jüngeren sahen.

Vor der Einführung des Vaterschaftsurlaubs ist der Wunsch nach mehr Kindern bei den Männern 2006 höher gewesen als bei den Frauen, 2011 war es dann umgekehrt, die Männer hatten einen geringeren Kinderwunsch, die Frauen einen höheren.

Nach einer Erhebung aus dem Jahr 2002 haben spanische Frauen mit 4,2 Stunden täglich für Haushalt und Kinder deutlich mehr Zeit aufgewendet als Männer, die nur auf 1,3 Stunden kamen. Nach dem Vaterschaftsurlaub durchschnittlich haben sich Väter mit Kindern immerhin eine Stunde länger am Tag als die Väter ohne Vaterschaftsurlaub gekümmert. Das soll nicht auf Kosten anderer Haushaltsarbeiten, sondern der Freizeit oder des Schlafs erfolgt sein.