Spanische Regierung will Millionäre extra besteuern
Während die von der Rechten regierten Regionen die Vermögenssteuer abschaffen, kündigt die sozialdemokratische Landesregierung eine temporäre landesweite Reichensteuer an.
Großspurig hat die sozialdemokratische Regierung in Spanien eine "Reichensteuer" angekündigt. Da die Inflation im Land mit offiziellen 10,5 Prozent deutlich über dem Durchschnitt im Euroraum mit 9,1 Prozent liegt, sollen nun offenbar einige Reiche zur Kasse gebeten werden, um untere Einkommensschichten entlasten zu können.
Es handelt sich tatsächlich aber um keine Initiative der Sozialdemokraten (PSOE) unter Regierungschef Pedro Sánchez, sondern in der Frage hat sich offensichtlich der Koalitionspartner Unidas Podemos (UP) gegen die PSOE einmal durchsetzen können.
Die Linkskoalition läuft bisher in praktisch allen sozialen Fragen bei der PSOE gegen eine Wand. Die Sozialdemokarten haben bisher fast alle sozialen UP-Initiativen, wie zum Beispiel den Mietendeckel, verhindert.
Da im nächsten Jahr Kommunal-, Regional- und Parlamentswahlen anstehen, setzen die Sozialdemokraten nach deutlichen Wahlschlappen bei vorangegangenen Regionalwahlen wie in Andalusien den Blinker wieder nach links und kündigen die Reichensteuer an.
Auf die Frage im Interview, wer denn als reich anzusehen sei, erklärte die Finanzministerin María Jesús Montero: "Wenn wir über Reiche sprechen, sprechen wir über Millionäre."
Mit den neuen Einnahmen sollen "Hilfen" finanziert werden können, die zur Unterstützung der "Mittelschicht und der Arbeitnehmer" geschaffen wurden. Darunter etwa der "Tankrabatt" von 20 Cent, den es in Spanien immer noch gibt, der aber mit der Gießkanne vor allem denen zugutekommt, die das Auto besonders viel nutzen.
Es soll es darum gehen, "die normalen Einkommen von 99 Prozent der Bürger des Landes zu schützen", fügte Montero an. Ab welchem Vermögen genau die "vorübergehende" neue Steuer ab 2023 erhoben werden soll und wie lange, ist aber noch genauso unklar wie der Steuersatz.
Letztlich ist alles noch unklar. Man fragt sich, ob es wieder vor allem um die übliche Kommunikationsstrategie von der Sánchez-Regierung handelt. Sie kündigt gerne großspurig Maßnahmen an, die positive Schlagzeilen machen, wie man sie auch in Deutschland bis in die Tagesschau finden kann.
Das Kleingedruckte
In der Praxis werden sie üblicherweise aber über das Kleingedruckte entweder verwässert oder bis zur Unkenntlichkeit entstellt. So wurde die Arbeitsmarktreform der rechten Vorgänger, statt sie, wie versprochen, zu schleifen, sie zu 95 Prozent bestätigt. Das undemokratische Maulkorbgesetz wurde auch nicht "geschleift", wie es angekündigt worden war; es wurde bisher nicht einmal reformiert, sondern sogar verschärft.
Besonders deutlich wurde die Strategie der Ankündigungsweltmeister am angeblichen "Gratis-Ticket" im öffentlichen Verkehr. Am Ende ist ein undurchsichtiger Tarif- und Gültigkeits-Wirrwarr entstanden. Ohnehin ist das Ticket letztlich auf den Zugverkehr begrenzt und wird in vielen Fällen auch nicht gratis sein.
Das zeigt sich auch an den im Juli angekündigten Sondersteuern für Banken und Energieunternehmen. Letztere werden noch immer mit Milliarden beglückt, die als "windfall profits" auf sie vom Himmel herabregnen. So wurde Montero im Interview gefragt, ob aus diesen Sondersteuern überhaupt etwas wird, da die Betroffenen juristische Schritte angekündigt haben.
"Ja", behauptete sie mit Blick auf die Behandlung im Parlament. Aber die ultraneoliberale Wirtschaftsministerin Nadia Calviño hat schon Änderungen am Gesetz angekündigt, um unter anderem die "Finanzstabilität" nicht zu gefährden.
Sinnvollere Optionen
Es wäre, statt einer solchen Steuer, viel sinnvoller, dafür zu sorgen, dass die Banken die Hilfen für die Bankenrettungen zurückzahlen. So rechnet der Verbraucherschutzminister in einem Gastbeitrag vor, dass der Staat schon jetzt 61 Milliarden Euro davon übernommen hat.
Sogar das Regierungsmitglied Eduardo Garzón klärt auf, dass schon die bisher geplanten Steuern "zu kurz greifen" und nun weiter verwässert werden. Allein im vergangenen Jahr hätten die Großbanken Rekordgewinne im Umfang von 21 Milliarden Euro eingesackt, streicht er heraus.
Es herrscht auch Sprachverwirrung um die neue Steuer. Es ist unklar, ob das eine neue Reichensteuer oder eine Vermögenssteuer werden soll, die es tatsächlich schon gibt und Millionäre eigentlich zahlen müssen.
Sie wird aber von Autonomieregierungen gerade abgeschafft, in denen die Rechte wie in Andalusien regiert.
Steuerdumping in Andalusien auf Kosten des Sozialen
Diese Steuer zahlen nur 20.000 in der armen Region, die mit viel Geld aus dem Staatshaushalt (und aus der EU) bedacht wird. Etwa 100 Millionen werden in den Steuerkassen der Region fehlen.
Andalusien tritt beim Steuerdumping in Madrider Fußstapfen, wo die regierende Volkspartei (PP) seit langem Steuerdumping betreibt, die Vermögenssteuer schon abgeschafft sowie die Erbschafts- und Schenkungssteuern deutlich verringert hat.
"Willkommen im Paradies" erklärt Isabel Díaz Ayuso dazu, dass ihre Parteifreunde in Andalusien der Region Madrid nun Konkurrenz dabei machen, sie aber Madrid weiter für viel attraktiver hält.
Ayuso regiert mit der ultrarechten VOX-Partei die Hauptstadtregion, wobei sie auch ganz am rechten Rand steht. Sie hat kein Problem damit, als "Faschistin" bezeichnet zu werden. Die gesamten Steuersenkungen in Madrid haben dazu geführt, dass Steuereinnahmen im Umfang von 61 Milliarden Euro ausgeblieben sind.
Kein Wunder, dass die Hauptstadtregion am Ende der Schlange bei Investitionen in Soziales steht und dass Madrid die tödlichste Region während der Covid-Pandemie war, die durch einen unmenschlichen Umgang mit alten Menschen auffiel.