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Spanische Verhältnisse nun auch in Griechenland?

"Wir sind aufgewacht." Bild: W. Aswestopoulos

Kein Geld, keine Zukunft und eine Stinkwut im Bauch - Griechen protestieren friedlich auf den Plätzen der Großstädten gegen die Parteien

Spaniens Bürger wehren [1] sich nicht nur gegen die eigene Regierung, sie haben auch ihre griechischen Leidensgenossen zum Mitmachen aufgefordert. "Psst, seid ruhig, sonst weckt Ihr die Griechen auf" [2] stand auf einigen Spruchbändern. Die derart brüskierten Griechen reagierten, sie wachten auf und füllen seit Mittwoch die Plätze der Großstädte mit parteiübergreifenden Demonstrationen "wütender Bürger".

"Hätten die Spanier das Plakat nicht in eine blöde Kamera gehalten, dann wäre ich nun daheim und nicht hier", beklagte ein Einsatzpolizist sein Leid. Wie für alle urbanen Märchen gibt es auch für diese Legende eine logische Erklärung. Nicht die Spanier weckten die Griechen, vielmehr hatte eine Gruppe griechischer Studenten in Spanien auf diese Weise versucht, den Funken überspringen zu lassen.

Die Initiatoren des anfänglich von Griechen als hämische Ironie empfundenen Aufrufs erklärten [3], dass sie keineswegs ihre Landsleute als Schlafmützen bezeichnen wollten. Vielmehr hätten sie im Sinn gehabt, die Spanier auf humorvolle Weise auf die mögliche Streiksolidarität der Griechen hinzuweisen.

So oder so, das Unterfangen hatte offensichtlich Erfolg. Zahlreiche Plakate vom Mittwoch gaben als Antwort: "Wir sind aufgewacht!" Am Donnerstag stichelten die Hellenen selbst: "Franzosen wacht auf, 1968 ist schon lange verstaubt." Gerüchte, dass das Plakat von in Griechenland lebenden Franzosen stammt, haben sich bisher nicht bestätigt.

Zum ersten Mal seit vielen Jahren erlebten nahezu alle größeren Städte des Landes friedliche Demonstrationen [4].

Friedliche wütende Bürger. Bild: W. Aswestopoulos

Eine Demo als Volksfest

Die zwei bisher in Athen stattgefundenen Protestaktionen hatten beinahe Volksfestcharakter. Ohne Tränengas, ohne vermummte Krawallmacher mit rechten oder linken Fahnen und ohne die üblichen zertrümmerten Schaufensterscheiben blieben auch die sonst für ihre Brutalität gefürchteten MAT-Einsatzpolizisten ruhig. Anders als sonst zeigten sich die Beamten sogar gesprächig und waren offensichtlich erfreut, die lange Standzeit am Platz mit Diskussionen aufzulockern. Im Unterschied zu den spanischen Aktivisten hatten die griechischen Organisatoren kein Alkoholverbot ausgesprochen. "Nehmt Euer Bier und kommt auf die Plätze in den Städten", geisterte als Aufruf durch das Internet.

MAT-Bereitschaft ohne volle Kampfausrüstung. Bild: W. Aswestopoulos

Die Parolen der Demonstranten waren nicht unbedingt friedfertig. "Brennt das Parlament, das Bordell ab", skandierte die Menge im Chor. "Jeffrey go home", schallte es regelmäßig in Anspielung auf den Kosenamen und die amerikanische Abstammung des amtierenden Premiers Georgios Papandreou. "Bringt das geklaute Geld zurück", "Nehmt einen Hubschrauber, die IWF-Bande und haut ab!", waren weitere Parolen. In Anspielung auf die Zeit der Militärregierung und die Tatsache, dass die nunmehr herrschende Politikergeneration aus den wilden Achtundsechzigern stammt, wurde deren Motto "Brot, Freiheit, Schulbildung" ergänzt um "Die Militärdiktatur endete nicht 1973". Dazu kamen zahlreiche sexistische Flüche gegen Papandreou, Kanzlerin Angela Merkel und weitere Politiker.

Die Griechen empfinden das aktuelle, von der EU und dem Internationalen Währungsfond (IWF) verordnete "Sparprogramm" der Regierung wie eine Besatzung des Landes ohne Präsenz der Besatzungsmacht. Im Mai 2010 hatte Premier Papandreou ohne die verfassungsrechtlich erforderliche Zweidrittelmehrheit des Parlaments ein Memorandum mit dem IWF, der EU und der Europäischen Zentralbank abgeschlossen. In dem Memorandum stehen die Forderungen der Kreditgeber nach einschneidenden Strukturreformen und nach Verringerung der Staatsausgaben. Der IWF forderte gemeinsam mit der EU Griechenland zu umfangreichen Privatisierungen staatlicher Betriebe und zur Aufhebung protektionistischer Interessengruppenpolitik in freien Berufen auf. Gleichzeitig sollte der Staat die galoppierende Inflation eindämmen und für ein gesundes Wirtschaftsklima sorgen.

Der 110 Milliarden Euro Kredit machte für ernsthafte Euroretter nur in Verbindung mit solch harten Maßnahmen Sinn (Ein hellenisches Fass ohne Boden [5]).

Bild: W. Aswestopoulos

Operation gelungen, Patient tot

Um die Durchsetzung ihrer Ansprüche zu gewährleisten hat die IWF-EU-EZB Troika die Auszahlung der Kredite in Raten vereinbart. Regelmäßig wird der Fortschritt der griechischen Regierung mit intensiven Prüfungen vor Ort untersucht. Die Prüfer sind entsetzt, denn außer massiven Kürzungen von Löhnen und Renten, unverhältnismäßig hohen Verbrauchssteuererhöhungen und einer Halbierung des im internationalen Vergleich bereits vor der Krise niedrigen Bildungsetats auf 2,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts haben die Regierenden nichts zu Stande gebracht.

Zwar konnte diese Weise das rekordverdächtige Staatsdefizit in einer ebenso rekordverdächtigen Weise gesenkt [6] werden, aber gleichzeitig wurde die Wirtschaft in eine rasante Abwärtsspirale geschickt. Das Memorandum gilt als gescheitert, ohne dass es je wirklich eingehalten wurde.

Wasser predigen und Prosecco trinken

Ein Großteil der Bevölkerung leidet unter Armut, steigender Kriminalität und Arbeitslosigkeit (Griechenland: Gewaltexzesse als Nebenwirkung der Finanzmarktdisziplin [7]), während für die herrschende Kaste die Party immer noch weitergeht.

Besonders deutlich wurde dies für die Griechen als die Presse den sparenden Finanzminister Georgios Papaconstantinou selbst als Verschwender identifiziert hatte. Mitte April reiste der in Griechenland "Finanzzar" genannte Minister mit dem Staatsjet, seiner ministeriellen Entourage und seiner Familie in die USA zum Gipfeltreffen mit dem IWF. Gleichzeitig konnten findige Journalisten den Eurobanker Jean-Claude Trichet beim Warten auf seinen Linienflug zum IWF-Treffen fotografieren [8].

Papaconstantinous Familienausflug kostete allein an Flugkosten 150.000 Euro. Zusätzlich dazu belasten die angefallenen Flughafengebühren den Staatsetat. Im Vergleich zu den Milliardenschulden des Landes mag dieser Trip preiswert erscheinen. Für Rentner, die bei einer 700 Euro Monatsrente und steigenden Preisen Abschläge um bis zu 16 Prozent hinnehmen müssen, sind solche Aktionen jedoch ein Affront.

Auch der wortgewaltige Vizepremier Thodoros Pangalos, der nicht müde wird, das Memorandum als Glücksfall für das Land anzusehen und selbstkritisch bemerkte: "Wir haben alle zusammen das Geld verschwendet", macht im Privatlebensstil kaum Abstriche. Sein Neujahrsfest in einem der teuersten Hotels Athens zahlte zwar nicht der Fiskus, aber der befreundete Hotelbesitzer [9]. Dessen Zahlungssäumigkeit gegenüber den Steuerbehörden ließ die Einladung unter einem anderen Licht erscheinen.

Monatelange Untersuchungsausschüsse, die Milliardeneuroskandale wie die bis in jüngste Zeit andauernde Siemens-Korruptionsaffäre [10] oder klösterliche Grundstücksdeals [11] blieben für die involvierten Politiker weitgehend folgenlos. Die als Missetäter identifizierten Ex-Minister gehen auf der Grundlage eines moralisch fragwürdigen, in der Verfassung verankerten Amnestiegesetzes straffrei aus. Eine Vorbildfunktion der politischen Elite sieht wahrlich anders aus.

Bild: W. Aswestopoulos

"Ihr korrumpiert unsere Leute, aber wir kaufen Eure Waffen trotzdem"

Es ist den verarmenden Griechen kaum vermittelbar, dass ihr Leben immer mehr eingeschränkt wird, während gleichzeitig weiterhin fragwürdige Waffendeals abgeschlossen werden [12].

Der Durchschnittsgrieche erfährt in seinen Medien, dass vor allem deutsche Elektronikfirmen und Rüstungsunternehmen die Mehrzahl der griechischen Politiker geschmiert haben. Die Schmiergeldsummen wurden samt saftigen Provisionsaufschlägen, dem Steuerzahler in Rechnung gestellt.

In Griechenland selbst werden mediale Entgleisungen der ausländischen Presse besonders kritisch gesehen (Die Griechen in der Falle [13]). Stimmen gar ausländische Politiker, wie jüngst Bundeskanzlerin Angela Merkel, griechenlandfeindliche, populistische Töne [14] an, dann weckt dies bei Griechen auch gegen notwendige Sparmaßnahmen Trotz und Widerstand. Die Eurorettung bringt den Griechen momentan keine wirklichen Vorteile. Es ist einem verarmenden, verbitterten und sich betrogen fühlenden Menschen egal, ob er keine Euros oder keine Drachmen hat. Er hat schlicht kein Geld.

Kein Geld, keine Zukunft und eine Stinkwut im Bauch

Die Griechen haben klar erkannt, dass das politische Personal aller aktuellen Parteien im Land die Misere mit verursacht hat. Seit der Wiederherstellung der Demokratie wechselte die nominell sozialistische, de facto aber sozialdemokratische PASOK sich mit der konservativen Nea Dimokratia in der Regierungsmacht ab. Staatliche Unternehmen wurden von beiden Parteien mit hoch bezahlten Wahlkampfhelfern und verdienten Parteigängern besetzt. Die übrige Bevölkerung blieb bei solchen Spielchen außen vor.

Linke Parteien übten stets oberlehrerhaft Kritik am Establishment, boten aber nie eine wirkliche Alternative. Immer wenn es darauf ankam, spaltete sich die Linke im Streit um Chefsessel in Splittergruppen. Im aktuellen griechischen Parlament gibt es links der PASOK vier Parteien. Nach den letzten Parlamentswahlen 2009 waren es zunächst nur zwei. Nicht selten sieht man Politiker der gemäßigten Linken im Sportwagen durch Athen brausen. "Das sind Linke mit einer rechten Brieftasche", kommentierte ein Demonstrant am Mittwoch dieses Phänomen.

Aber auch der rechte Rand hat keine Alternativen zu bieten. Volkstribun Georgios Karatzaferis ist als einziger Parteiführer gewillt, zusammen mit der PASOK die Krise zu meistern. Er schielt nach einem Regierungsposten. Eine Koalition von Sozialisten mit Rechtsnationalisten, kann so etwas gut gehen?

Dieses Theater haben die Wähler mittlerweile satt. Sie sehen sich, wie entsprechende Leserbriefe an Zeitungen, Blogeinträge und Fernsehinterviews zeigen, nur in einem Punkt mitschuldig an der Misere. Sie haben jahrelang dieses politische System mit ihren Wählerstimmen gestützt und gute Miene zum bösen Spiel gemacht.

Bislang zeigten die Griechen in ihrer Mehrzahl nur eine stille Wut. In Cafes, Diskussionsrunden und vor allem über soziale Netze wie Facebook spielten sie den theoretischen Aufstand. "Schluss mit den Sofarevolutionären" lauteten folgerichtig viele Pinwandeinträge der Initiatoren der aktuellen Protestwelle.

Auch in der Nacht wird protestiert. Bild: W. Aswestopoulos

Ein Fass ohne Boden läuft über

Das Fass zum Überlaufen brachten aber nicht nur die spanischen Sticheleien. Vielmehr steht ein erneutes Sparprogramm auf dem Plan. Trotz warnender Worte seitens des IWF und des griechischen Staatspräsidenten Carolos Papoulias, die ärmeren Bevölkerungsschichten nicht noch mehr zu belasten, wählte Premier Papandreou am Montag zusammen mit seinem Finanzminister erneut das bereits gescheiterte Rezept.

Noch vor Wochenfrist hatte Papandreou diesen Schritt vehement dementiert und entsprechende Vermutungen als bösartige "Kassandrarufe" bezeichnet. Der gute Mann hätte besser in der Lehrstunde der griechischen Mentalität aufpassen müssen. Die Seherin Kassandra litt unter dem Fluch, dass ihre unfehlbaren Prophezeiungen niemals geglaubt wurden. Am Ende hatte sie immer Recht.

Weitere Lohnkürzungen und Rentenminderungen stehen an. Das offiziell steuerfreie jährliche Existenzminimum wird von brutto 12.000 Euro auf 6.000 Euro halbiert. Auf Erfrischungsgetränke, aber auch auf Mineralwasser soll eine der Alkoholsteuer entsprechende Abgabe erhoben werden. Erneut soll die bereits zweifach erhöhte Mehrwertsteuer steigen. Zahlreiche Nahrungsmittel, wie Fleisch, Pizza oder Obstkonserven, werden damit künftig nicht mehr mit dem niedrigen Mehrwertsteuersatz von 13 Prozent, sondern mit 23 Prozent belegt.

Die Heizöl und Gassteuer soll ab Herbst 2011 um sagenhafte 1.870 Prozent steigen. Damit kosten dann ein Liter Heizöl oder die äquivalente Gasmenge nach heutigen Preisen 1,60 Euro. Für sommerliche Griechenlandtouristen kaum vorstellbar herrschen im Norden des Landes mitteleuropäische Winterverhältnisse [15]. Eine effektive Verfolgung von griechischen Steuerflüchtigen, die auf Nummernkonten im Ausland Einlagen in der Höhe der Staatsschulden haben, steht erneut nicht auf dem Programm.

Darüber hinaus muss der griechische Staat sämtliches Tafelsilber verkaufen. Die politischen Parteien sollen nach dem Wunsch der EU in Fragen des Staatshaushalts gleichgeschaltet [16] werden.

Dies ist ein ziemlich hoffnungsloses Unterfangen, denn schon jetzt rumort es in der Regierungspartei ob der neuen unpopulären Maßnahmen. Bis auf Karatzaferis und die mit der Gründung einer eigenen Partei beschäftigte, abtrünnige ehemalige Nea Dimokratia Abgeordnete Dora Bakoyianni haben alle Parteiführer ihre Zustimmung zum Finanzpakt vehement abgelehnt. Für den heutigen Freitag wurden sie deshalb zum Rapport bei Staatspräsident Carolos Papoulias bestellt.

Scheitert das neue Maßnahmenpaket im Parlament oder bleibt die Parteieinigkeit aus, dann gehen in Hellas am 18. Juli die Rollläden runter. Denn für diesen Fall verweigern IWF und EU die Zahlung der fünften Rate. "Für Neuwahlen ist keine Zeit und kein Geld da", verkündete Gesundheitsminister Andreas Loverdos in einem Radiointerview gegenüber dem Sender Real FM.

Die EU-Kommissarin Maria Damanaki ließ aus dem fernen Brüssel verkünden, dass entweder der strikte Sparkurs oder aber die Rückkehr zur Drachme anstünden. Noch am 6. Mai wurde dem Spiegel für eine ähnliche Äußerung eine Strafanzeige angedroht. Allseitige scharfe Dementis waren die Reaktion auf die entsprechenden Artikel [17].

Generation Facebook = Generation Verschwörungstheorie?

Bei solchen Hiobsbotschaften war es für die seltsamerweise immer noch weitgehend anonymen Organisatoren der Massendemos ein Leichtes, "wütende Bürger" zu finden. Ohne Parteifahnen aber mit dem Willen das Vaterland zu retten, sollten die Griechen auf die Straße gehen. Anonym bleiben die Organisatoren vor allem deshalb, weil die gewählten Facebookprofile keine Realnamen enthielten.

Linke Gruppen vermuten, dass hinter der Aktion ultrarechte Patrioten stehen würden. Die Kommunisten diagnostizieren gar ein "fehlendes Klassenbewusstsein". Dennoch gab der Parteichef der linken SYRIZA, Alexis Tsipras, am Montag seinen Segen. "Es ist nicht die Zeit um mit der PASOK über eine politische Einigung beim Verbrechen gegen die Griechen zu diskutieren", meinte er nach dem Treffen mit Georgios Papandreou, "vielmehr sollten die Menschen wie in Spanien auf die Straße gehen."

Facebook-Gruppen mit Demonstrationsaufrufen erschienen am Dienstagmorgen und waren trotz 50.000 Mitgliedern bereits am Abend wieder gelöscht. Gerüchte über staatliche Hacker, gar Zensur machten die Runde und gaben so der Bewegung weiteren Rückenwind.

Weitere Zufälle sorgen für verschwörungstheoretischen Gesprächsstoff. Am Mittwoch herrschte in der gesamten Umgebung des Syntagmaplatzes Funkstille. Kein Mobiltelefon funktionierte mehr, selbst das öffentliche Wifi-Netz der Stadt Athen lag lahm. Zunächst verschwiegen die größeren Rundfunkanstalten das Thema, räumten aber im Lauf des Abends ein, dass sich mehrere Tausend Menschen vor dem Parlament getroffen hätten.

Kein Handyempfang. Bild: W. Aswestopoulos

Na, wie viele waren es denn? Das übliche Zahlenspiel

Die Zahlenangaben zur Demoteilnahme weichen je nach Sichtweise des Berichterstatters immens voneinander ab. Die regierungsfreundliche Presse vermeldet zehn- bis zwanzigtausend Menschen in Athen. Die Polizei vermutet, dass sich über Stunden ständig 35.000 Menschen auf dem Platz befanden. Oppositionelle Medien sprechen von bis zu 80.000 Personen, da sie die Fluktuationen eines ständigen Kommens und Gehens von Demonstrationsteilnehmern mit berücksichtigen, und die verschnupften Linken registrieren zumindest, dass die Versammlung fast an ihre Rekorddemos, die über 50.000 Teilnehmer hatten, heran kam.

Wichtiger jedoch als solche Zahlenspiele, die von Politikern wie Pangalos gerne mit Hinweis auf die Bevölkerungsstärke des Großraums Attika relativiert [18] werden, ist jedoch die Tatsache, dass auch am Donnerstag eine weitere gut besuchte Veranstaltung stattfand. Bei schwerem Gewitterregen harrten erneut zehntausende "wütender Bürger" über Stunden auf dem Parlamentsvorplatz aus. Erneut bestand die bunte Gruppe aus Menschen jeden Alters. Familien mit Kindern waren ebenso zugegen wie Behinderte mit Rollstühlen. Vermummte Molotowwerfer fehlten. Verschämt vermerkten einige selbst erklärte Anhänger des Anarchismus auf ihrer Facebook-Pinnwand, dass im Februar eine von autonomen Gruppen organisierte Demonstration für die Rechte von Immigranten (Griechische Regierung gibt erstmals dem Druck der Straße nach [19]) bei Dauerregen buchstäblich ins Wasser fiel.

Eine Diskussionen anheizende Panne gab es erneut. Diesmal funktionierten die Handys, dafür fiel aber die Straßenbeleuchtung aus [20].

Für heute und das Wochenende sind weitere Aktionen bereits angekündigt. Am Sonntag möchte eine Gruppe von namhaften Künstlern ein Gratiskonzert für die Demonstranten organisieren. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Bewegung weiter entwickelt. Die Forderungen nach Wiederherstellung einer funktionierenden Demokratie, Abschaffung der gescheiterten Parteien, IWF-Austritt und Bestrafung der Schuldigen mögen zum aktuellen Zeitpunkt utopisch klingen. Ebenso weltfremd klingen derzeit aber auch die Befürchtungen, dass in naher Zukunft Notstandsgesetze gelten könnten. Falls die spontane Bewegung ihre Dynamik beibehält, dann sind politische Konsequenzen unumgänglich.


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[1] https://www.heise.de/tp/news/Jugend-ohne-Job-ohne-Wohnung-ohne-Pension-und-ohne-Angst-1998336.html
[2] http://tvnz.co.nz/world-news/thousands-protest-greece-austerity-4188907
[3] http://www.vetoneto.com/profiles/blogs/ispanohi-an-xypnhesoyn-oi?
[4] http://e-parembasis.blogspot.com/2011/05/x-25.html
[5] https://www.heise.de/tp/features/Ein-hellenisches-Fass-ohne-Boden-3384593.html
[6] http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,765086,00.html
[7] https://www.heise.de/tp/features/Griechenland-Gewaltexzesse-als-Nebenwirkung-der-Finanzmarktdisziplin-3389708.html
[8] http://www.protothema.gr/news-in-english/article/?aid=118333
[9] http://archive.ekathimerini.com/4dcgi/_w_articles_politics_100002_11/01/2011_122236
[10] http://www.ekathimerini.com/4dcgi/_w_articles_wsite1_1_26/05/2011_392391
[11] http://www.athensnews.gr/portal/8/33731
[12] http://www.defpro.com/daily/details/814/
[13] https://www.heise.de/tp/features/Die-Griechen-in-der-Falle-3384864.html
[14] https://www.heise.de/tp/news/Das-Merkelsche-Suedeuropa-Bashing-und-des-Pudels-Kern-2027647.html
[15] http://www.iten-online.ch/klima/europa/griechenland/griechenland.htm
[16] http://www.chicagotribune.com/business/sns-ap-eu-greece-financial-crisis,0,2726567.story
[17] https://www.heise.de/tp/news/Wer-staendig-luegt-dem-glaubt-man-nicht-2026735.html
[18] http://www.eeo.com.cn/ens//feature/2010/07/20/176034.shtml
[19] https://www.heise.de/tp/features/Griechische-Regierung-gibt-erstmals-dem-Druck-der-Strasse-nach-3389014.html
[20] http://apolitistosteki.blogspot.com/2011/05/blog-post_571.html