Spanischer Geheimagent im Irak ermordet

Die spanischen Unterstützung der Besatzung rückt damit ins Fadenkreuz

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Der am Donnerstag früh in Bagdad ermordete Spanier war kein Diplomat, wie zunächst angegeben wurde, sondern ein Mitarbeiter des "Nationalen Geheimdienstes" (CNI). José Antonio Bernal war zweiter Attaché des CNI, der im letzten Jahr aus dem Militärgeheimdienst Cesid hervorgegangen ist (Alter Wein in neuen Schläuchen).

Die spanische Regierung hat bestätigt, dass Bernal kein simpler Diplomat war. Tatsächlich war er der zweithöchste Geheimdienstmitarbeiter des CNI im Irak. Ihm wurde am Donnerstag früh vor seinem Haus in der irakischen Hauptstadt Bagdad aufgelauert, wo er erschossen wurde. Er war das erste spanische Opfer, das gezielt im Irak umgebracht wurde. Seit Ende Juli beteiligt sich Spanien auch mit eigenen Truppen an der Besetzung des Landes.

Bernal soll seit fünf Jahren für den Geheimdienst gearbeitet haben, seit zwei Jahren im Irak. Dort sei er für die verschlüsselte Übertragung der Nachrichten einer Geheimdienstzelle verantwortlich gewesen, schreibt die Zeitung El País, die über gute Quellen in den CNI verfügt. Kurz vor der Invasion anglo-amerikanischer Truppen sei er evakuiert worden, kehrte aber nach Bagdad zurück. Seine Agententätigkeit soll auch dem Regime Saddam Husseins bekannt gewesen sein. Wenn das stimmt, war seine Rückkehr in den Irak eine tödliche Fehleinschätzung. Unverständlich ist, warum er sogar ohne speziellen Schutz der Spionage nachging.

Schon am 19 August wurde ein spanischer Offizier bei dem Anschlag auf das UN-Gebäude in Bagdad ermordet. Doch mit der gezielten Attacke auf Bernal sind die Spanier nun direkt ins Fadenkreuz gerückt. Der Staatssekretär für Außenpolitik, Ramón Gil-Casares, erkannte an, dass mit dem Anschlag die Bedrohung einen "qualitativen Sprung" mache. Er erklärte aber: "Wir werden der terroristischen Erpressung nicht nachgeben", und lehnte der Rückzug spanischer Truppen ab.

Angesichts der Trauerfeiern hält sich die Opposition mit Kritik noch zurück. Nur die Vereinte Linke (IU) forderte von der konservativen Regierung "ihre Kriegsverpflichtung" gegenüber den USA aufzugeben und eine Normalisierung der Lage im Rahmen der UN zu suchen. Mit den Besatzern zu kollaborieren, stelle Spanier "noch stärker ins Zielfernrohr", sagte Parteichef Gaspar Llamazares.

Richtig losbrechen wird die Kritik vermutlich erst nach der Beerdigung. Die Regierung, die sich schon jetzt weigert im Parlament Rede und Antwort zu stehen, wird sich viel Kritik gefallen lassen müssen. Offenbar ist sie nicht einmal in der Lage, die Sicherheit höchster Mitarbeiter in der irakischen Hauptstadt zu garantieren. Die Bewegung gegen den Krieg, die noch im Frühjahr Millionen auf die Straße gebracht hat (Die Proteste in Spanien gegen den Krieg und die eigene Regierung werden stärker), beginnt sich derweil zu reorganisieren. Ende September demonstrierten in verschiedenen Städten mehrere 10.000 Menschen gegen die Besatzung des Irak.