Spiegelreflex-Qualität mit dem Komfort gewöhnlicher Digitalkameras

Olympus E 330: Digital bequem fotografieren mit Wechselobjektiven und Live-Monitorbild

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Bislang hatten digitale Spiegelreflexkameras gegenüber einfachen Kompakt-Digitalkameras einen entscheidenden Nachteil: Ob man wollte oder nicht, man musste durch den Sucher gucken – das besonders für Brillenträger und Leute, die beim Fotografieren noch etwas von ihrer Umgebung mitbekommen wollen, nützliche Monitorbild gab es hier nicht. Dieses Manko der Profikameras ist nun behoben.

Die Ingenieure von Canon wussten es noch zur Photokina 2004 ganz genau: "So etwas will niemand". Doch wer einmal mit einer digitalen Kamera hantiert hat und froh war, zum Fotografieren sein Auge nicht mehr an ein kleines Guckloch quetschen zu müssen, war von der Profiklasse, den digitalen Spiegelreflexkameras, bislang zutiefst enttäuscht: sie boten kein Live-Monitorbild; erst nach dem Fotografieren wurde das Ergebnis auf dem LC-Bildschirm angezeigt. Wollte man lieber schon vor dem Abdrücken sehen, was wohl auf dem Bild landen würde, so blieb nur der Sucher.

Der LC-Bildschirm der E 330 lässt sich auch abklappen, um Aufnahmen über Kopf oder in Froschperspektive machen zu können (Bild: Olympus)

Beim chemischen Film bot die Spiegelreflexkamera einen großen Vorteil gegenüber der einfachen Sucherkamera: Während die Sucherkamera nur einen Blick bot, der zu dem wirklich von der Linse aufgenommenen Bild nur gewisse Ähnlichkeiten aufwies – unter anderem fehlten die Wiedergabe der zu erwartenden scharfen und unscharfen Bildpartien, im Sucher war alles scharf, und bei der Aufnahmen schielte konstruktionsbedingt der Sucher weit am echten Blickwinkel der Linse vorbei – bot die Spiegelreflex WYSIWYG: Mit dem Sucher sah man hier über einen Spiegelmechanismus direkt durchs Objektiv das Bild, so wie es später auch auf dem Film landen würde.

Zur Aufnahme wurde dann der Spiegel beiseite geklappt und der Weg zum Film frei. Eine technisch perfekte Lösung, mit Ausnahme des deutlich hörbaren Auslösergeräuschs durch den wegklappenden Spiegel und des höheren Gewichts. Für anspruchsvollere Fotografie und insbesondere Wechselobjektive führte in der Praxis jedoch kaum ein Weg an der Spiegelreflexkamera vorbei.

Die E 330 kann Compact-Flash-Speicher und das Olympus-eigene xD-Kartenformat verwenden (Bild: W.D.Roth)

In der digitalen Fotografie ist die Spiegelreflextechnik eigentlich überflüssig geworden: hier kann der Bildsensor, mit dem fotografiert wird, auch ein Vorschaubild liefern. Somit schaut man durch die echte Kameralinse und muss sich mit dem normalen Sucher, so einer vorhanden ist, nicht mehr herumplagen. Das Fotografieren ist auf diese Weise wesentlich entspannter: man klebt nicht an dem kleinen Guckloch fest.

Mit der Fokus-Einstellung ist es bei kleineren LC-Monitoren jedoch schwierig: die Auflösung reicht nicht dazu aus, um hundertprozentig sicher zu sein, dass die Aufnahme gelingt – wenn der Autofokus das falsche Objekt im Bild anvisiert hat, so ist dies auf dem Monitor nicht zu erkennen und die Enttäuschung ist später groß, wenn die Freundin unscharf und die Linde im Hintergrund dafür scharf aufgenommen wurde. Wenn dann die Kamera auch noch so eingestellt ist, dass sie bereits vor Abschluss des Autofokus auslöst, wie beispielsweise bei der Minolta Dimage 7Hi, so kann man getrost mit 10% Ausschuss bei den Aufnahmen rechnen, weil die Bilder unbemerkt unscharf geworden sind.

Der „Modus A“ der E 330 benutzt einen zweiten Sensor im Sucher, um ein Monitorbild zu gewinnen. Infolge des trickreichen, doch aufwendigen Strahlengangs sind Sucher und Sensor nicht besonders hell (Bild: Olympus)

Im Profilager blieb auch bei den digitalen Kameras die eigentlich überflüssig gewordene Spiegelreflextechnik erhalten, was teils schon eine Gewohnheit der Fotografen zu sein schien. Hier bot sie nämlich auf den ersten Blick gar keinen Vorteil, im Gegenteil: da der Bildsensor bei einem heruntergeklapptem Spiegel gar kein Signal bekommt, gibt es auch kein Monitorbild. Nur Olympus hatte in der E 10 einen halbdurchsichtigen Spiegel verbaut, der ein Monitorbild ermöglichte, doch diese Kamera ist einige Jahre alt und heute technisch nicht mehr aktuell.

Im Modus B wird der eigentliche Bildsensor für die Erzeugung des Monitorbilds verwendet (Bild: Olympus)

Auch Wechselobjektive sollten bei digitalen Kameras eigentlich nicht am Spiegelreflex-Prinzip hängen. Doch es gab eine technische Einschränkung, über die die Kamerahersteller nicht gerne redeten: die besseren Bildsensoren, wie sie in den Profikameras verbaut werden, waren nicht zum Dauerbetrieb geeignet, wie er für das Monitorbild oder auch die bei den Kompaktdigitalkameras mittlerweile üblichen Video-Aufnahmefunktionen erforderlich ist. Die Profi-Chips waren zwar deutlich empfindlicher und rauschärmer als die einfacheren Chips in den Kompaktkameras, aber sie konnten wirklich nur in den kurzen Momenten der Aufnahme aktiviert werden; andernfalls wären sie zu warm geworden und hätten zudem in Rekordzeit die Batterien entleert.

Ein anderes Problem: die Sensoren der einfachen Digitalkameras waren im Gegensatz zu Film darauf angewiesen, dass das Licht möglich senkrecht auf den Sensor fällt, was gerade bei starken Weitwinkelobjektiven und allgemein bei Wechselobjektiven selten der Fall war. Deshalb haben diese Kameras meistens fest eingebaute Objektive, die auf den Sensor abgestimmt sind.

“Live-MOS“ will den geringen Strombedarf von CMOS-Bildaufnehmern und die gute Qualität von Full-Frame-Transfer-CCD-Bildsensoren kombinieren (Bild: Olympus)

Während Canon sich nicht für die Wünsche der Kunden interessiert hat, ist Olympus offensichtlich aufgefallen, wie beliebt die E 10 war. Die neue E 330 benutzt deshalb nun einen speziellen, neu entwickelten Bildsensor, der auch ein Monitorbild liefern kann. Allerdings muss hierzu der Spiegel hochgeklappt werden und das bei Spiegelreflexkameras im Vergleich zu Kompakt-Digitalkameras schnellere Autofokussystem ist damit nicht mehr verfügbar.

Im Prinzip ist die Kamera in diesem Moment keine Spiegelreflexkameras mehr, wie bei der ebenfalls mit dem gemeinsam mit Olympus entwickelten neuen Sensor ausgerüstete Lumix DMC-L1, die allerdings noch nicht lieferbar ist. Sie verwendet einen Autofokus der Art, wie er bei Kompaktkameras üblich ist und Wechselobjektive; will man durch den optischen Spiegelreflexsucher gucken, wird der Spiegel heruntergeklappt und das Monitorbild verschwindet.

Blick auf die Sensorplatine der E 330 (Bild: Olympus)

Um die Vorteile des Spiegels mit dem eines Monitors zu kombinieren, ist bei der Olympus E 330 deshalb ein zweiter Bildsensor und ein halbdurchlässiger Spiegel in den Sucher eingebaut. Dieser Sender ist zwar deutlich unempfindlicher und neigt bei schwacher Beleuchtung deshalb zu stark rauschender Darstellung, er kann außerdem nur 92% des Blickfelds darstellen. Aber er entlastet den sich sonst auch hier erwärmenden Hauptsensor – was bei Nachtaufnahmen und Langzeitbelichtungen zur Bildverschlechterung führen würde – und bietet die volle Autofokus-Qualität einer Spiegelreflexkamera.

Der Sucher der E 330 versucht sogar, die von ihm üblicherweise nicht angetanen Brillenträger zu verwöhnen, indem er mit einer Dioptrienanpassung ausgerüstet ist. Deren Einstellebereich ist mit -3 bis +1 Dioptrien allerdings sehr gering; wer mehr als eine leichte Fehlsichtigkeit hat, liegt ohne Brille trotzdem nichts. Konsequent ist es dann allerdings, dass man den optischen Sucher auch komplett verschließen kann, was störende Lichteinstreuungen bei schwierigen Beleuchtungsverhältnisse (starkes Licht von hinten, Nachtaufnahmen…) verhindert.

Um einfallendes Streulicht und damit Fehlmessungen zu vermeiden, rät die Kamera, im Modus A den optischen Sucher zu schließen (Bild: W.D.Roth)

Der LC-Monitor der E 330 ist wiederum groß und hochauflösend, er lässt sich auch noch um bis zu 90° nach oben und 45° nach unten klappen, wodurch man sehr leicht Aufnahmen über die Köpfe der Leute hinweg oder auf der Höhe von Kindern machen kann. Bei Hochkantaufnahmen hilft der Klappmechanismus allerdings nicht weiter, da er nur nach oben und unten flexibel ist. Das Menü ist dagegen etwas verwirrend zu bedienen.

Vergleicht man die Olympus E 330 mit dem für 100 Euro Aufpreis im Kit mitgelieferten Zoomobjektiv 14-45 mm (entsprechend 28-90 mm bei einer Kleinbildkamera) mit der Minolta 7Hi, so ist sie gegenüber dieser deutlich größer, mit 945 g aber nur etwa 200 g schwerer und auf den ersten Blick bei identischer Empfindlichkeitseinstellung unempfindlicher, wobei die maximal möglichen Blendenöffnungen von 3,5 bis 5,6 des Zoomobjektiv 14-45 mm nicht gerade überzeugend sind, aber das Gewicht in Grenzen halten.

So schaut es auf dem Monitor aus… (Bild: W.D.Roth)

Dafür verzeichnet das Objektiv allerdings wesentlich weniger als das der Minolta und die Bildqualität, insbesondere das Rauschen des Bildsensors geht um Größenordnungen auseinander, was an dessen größerer Fläche und der höherwertigen Technik liegt. Selbst wenn man die Olympus also bei schlechten Lichtverhältnissen auf 400 oder 800 ASA einstellt, liefert sie immer noch ein besseres Bild als eine digitale Kompaktkamera.

Und auch wer sich weigert, durch den Sucher zu sehen, kann an Hand des Monitorbilds beurteilen, ob der richtige Teil des Bilds scharf gestellt worden ist – allerdings nicht bei höheren Empfindlichkeiten wie 800 oder 1600 ASA, hier versinkt das Monitorbild im Dunkeln, da der Sensor im Sucher ja nicht ebenfalls empfindlicher geschaltet wird.

…und so wird das endgültige Foto, das gegenüber der Standardbelichtung manuell um mehrere Blendenstufen heruntergeregelt wurde (Bild: W.D.Roth)

Obwohl das Monitorbild zumindest bei stärkerer Beleuchtung farbig wird, durchläuft es nicht wie bei digitalen Kompaktkameras die komplette Bearbeitungskette, weshalb Farbstiche infolge fehlerhaften Weißabgleichs (typischer Fall: weißes Schaf auf leuchtend grüner Wiese hat auf dem Foto plötzlich ein lila getöntes Fell und steht auf braungrünem Rasen) leider nicht vor dem Auslösen erkannt werden. Auch manuelle Belichtungsänderungen, wie bei Gegenlichtaufnahmen erforderlich, werden auf dem Monitor leider nicht wiedergegeben. Und selbstverständlich gehen keine Videoaufnahmen, doch das bieten auch höherwertige digitale Kompaktkameras wie die Sony DSC-P1 nicht und es ist auch nicht die wirkliche Aufgabe einer Fotokamera. Perfekt ist das Ganze also noch lange nicht, aber immerhin ein guter Anfang.

Normale 35 mm-Kleinbild-Objektive passen nicht an die neue Olympus, da der Bildsensor nicht wie bei den allergrößten digitalen Spiegelreflexkameras im Vollformat (24 x 36 mm) ist. Damit wird die Qualität zwar etwas reduziert, Gewicht und Kosten jedoch sehr deutlich. Auch für fortgeschrittene Fotografen dürfte diese Lösung daher im Normalfall ausreichen sollen, zumal bereits ein interessantes Sortiment spezieller Digitalkameraobjektive verfügbar ist, beginnend mit einer interessanten extremen Weitwinkelbrennweite von 7-14 mm, entsprechend 14-28 mm an einer Kleinbildkamera. Extrem allerdings leider auch beim Preis, der mit 2000 Euro das Doppelte der Kamera beträgt. Trotzdem weit unter dem, was bei größeren System verlangt wird, für die dann schon fast ein Kameraträger erforderlich wird, wenn neben der Kamera auch noch fünf Objektive auf die Reise gehen sollen.

Noch nicht lieferbar: Die Lumix DMC-L1, die Alternative von Panasonic mit demselben Bildsensor und einem im Vergleich zur Olympus-Linse lichtstärkerem Leica-Objektiv mit Bildstabilisator (Bild: Panasonic)

Statt der Olympus-Objektive lassen sich im sogenannten Fourthirds-Format auch preisgünstigere Objektive von Sigma anschließen, die aber bislang nicht wirklich für diese Bildsensorgröße optimiert sind, und die von Panasonic sowie Leica selbst angebotenen Leica-Linsen, die natürlich bei höherem Preis auch die bessere Optik bieten.

Einen optischen Bildstabilisator in der Linse für freihändige Aufnahmen bei schwachem Licht gibt es auch nur bei Panasonic und Leica – Olympus bietet nur ein irreführenderweise so bezeichnetes Motivprogramm, das allerdings lediglich die Empfindlichkeit bis zum Anschlag auf 1600 ISO hochdreht – mit entsprechenden Einschränkungen bei der Bildqualität – und die längste Belichtungszeit auf 1/15 Sekunde begrenzt, was zum Verwackeln trotzdem reichen und bei schummriger Kerzenbeleuchtung Unterbelichtung zur Folge haben kann. Hier ist es sinnvoller, die Empfindlichkeit manuell bei Bedarf zu erhöhen.

Dieses Motivprogramm „Bildstabilisator“ zu nennen, ist glatter Etikettenschwindel (Bild: W.D.Roth)

Die Schwerfälligkeit der ersten digitalen Kameras ist bei diesem Modell jedenfalls nicht mehr zu spüren; sie nimmt schneller auf als so manche konventionelle Kamera mit Film. Und bietet neben den unvermeidlichen und doch so überflüssigen und schon von Videokameras bekannten Spielereien wie eine Aufnahme in die Sepiabrauntöne aus den Anfängen der Fotografie zu tünchen auch noch etliche andere Sonderfunktionen wie automatische Panoramafotografie, für die dann allerdings spezielle XD-Speicherkarten von Olympus erforderlich sind, die infolge hoher Lizenzgebühren von vielen Kartenlesern nicht unterstützt werden. In diesem Fall müssen die Bilder über die in der Geschwindigkeit beschränkte USB-Schnittstelle ausgelesen werden. Für normale Fotos können jedoch auch die Compact-Flash-Karten verwendet werden, die mittlerweile auch mit mehreren Gigabyte Speicher zu akzeptablen Preisen erhältlich sind.

Wer bisher wegen der Komforteinbußen von digitalen Spiegelreflexkameras Abstand genommen hat, könnte mit der E 330 eine Lösung gefunden haben. Auch für Unterwasserfotografen waren Spiegelreflexkameras bislang wegen des fehlenden Monitorbilds indiskutabel. Auf Dauer werden vermutlich auch andere Hersteller außer den Mitentwicklern Leica und Panasonic nachziehen und dann hoffentlich die verbliebenen Schwächen des Zwitters beseitigen; noch erklären sie aber nach bewährtem Muster, dass so etwas ja niemand will oder braucht. Gut für Olympus.