Staatsschulden: Warum wir umdenken müssen

Seite 2: Wir lieben einfach Märchen …

Eine der am meisten geliebten Geschichten in der Ökonomik ist die von einem Staat, der so klug und weise ist, dass er nur dann in das Wirtschaftsgeschehen eingreift, wenn es gar keine andere Lösung gibt. Neoklassiker und Keynesianer können sich zu jeder Tages- und Nachtzeit und innerhalb von Minuten darauf einigen, dass der Staat "in der Krise" oder "in der Rezession" antizyklisch agieren, also Schulden machen muss, um die Wirtschaft zu stabilisieren.

Die Neoklassiker beharren allerdings darauf, dass der Staat dann im Aufschwung sparen und mithilfe von Überschüssen seine Schulden wieder verringern muss. Würde er es nicht tun, würde er dauernd steigende Schuldenstände verbuchen, die auf lange Sicht untragbare Zinslasten mit sich brächten.

Das ist eine wirklich schöne Geschichte und man hat sich über viele Jahrzehnte nur darum gestritten, ob die Staaten das mit den Überschüssen im Aufschwung wirklich tun würden. Die Keynesianer waren hier voller Vertrauen in die Rationalität des Staates, die Neoliberalen aber waren höchst misstrauisch, weil sie generell dem Staat nicht zutrauten, sich in ihrem Sinne vernünftig zu verhalten.

Es ist allerdings, wie so oft mit den einfachen schönen Geschichten, sie treffen leider die Wirklichkeit in ihrer grausamen Komplexität nicht ganz. Man hat sich bequem eingerichtet in der einfachen Welt, aber bedauerlicherweise hat sich die Welt gerade fundamental verändert und verlangt Lösungen, die von den einen, wie den anderen das verlangen, was ihnen am schwersten fällt: Umdenken!

Schauen wir einmal die USA an (Abbildung), die typisch sind für eine große, relativ geschlossene Volkswirtschaft, also eine Volkswirtschaft, in der die Außenbeziehungen nicht von erheblicher Bedeutung sind. Die Finanzierungssalden der Sektoren (das Netto-Sparen liegt über null und das Netto-Verschulden liegt unter null) zeigen hier sehr klar die fundamentale Änderung, die sich spätestens mit der globalen Finanzkrise von 2008/2009 herausgebildet hat, die sich aber auch schon vorher andeutete.

Die Unternehmen, die bis zum Jahrhundertwechsel noch überwiegend auf der Schuldnerseite lagen, haben es sich nun neben den privaten Haushalten überwiegend auf der Sparer-Seite gemütlich gemacht. Da die USA ein Leistungsbilanzdefizit aufweisen (also auch noch durch Netto-Sparen des Auslandes belastet sind), gibt es für den Staat prinzipiell keinen anderen Platz als den auf der Schuldnerseite.

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