Stopp der staatlichen Zustellförderung: Das baldige Aus für lokale Printmedien?

Zeitung in einem Briefkasten

Bild: Timo Nausch /Shutterstock.com

Medienpolitik: Kein Geld mehr für Verlage, um Zeitungen und Zeitschriften an den Briefkasten zu liefern. Wütende Verleger: Lokale Medienvielfalt und Demokratie in Gefahr?

"Zustellförderung" ist nicht gerade ein Begriff, der die Verhältnisse zum Tanzen bringt. Man schaut, wenn er fällt, auch nicht verträumt zum Sternenhimmel hinauf. Und doch sind mit der Zustellförderung abgehobene Hoffnungen – nämlich die von Verlagen – verbunden, denen eine damit sich schlecht fügende Lebensrealität der Leser entgegensteht. Beides verträgt sich nicht gut. Da tut sich eine Kluft auf.

Das schwierige Zentrum der Debatte zum jetzt angekündigten Aus der staatlichen Zustellförderung ist dies: Immer weniger abonnieren, kaufen und lesen Printausgaben von Regionalzeitungen. Zugleich wird deren Zustellung in abgelegte Gebieten absehbar immer teurer.

Zu beobachten ist diese Entwicklung etwa am Beispiel der Thüringer Tageszeitungen. Sie verkaufen immer weniger gedruckte Zeitungen, hieß es im vergangenen Herbst.

Das war keine Überraschung für die Funke Medien Gruppe. Schon im Frühjahr 2023 teilte der Verlag mit, dass es die Ostthüringer Zeitung "in einigen Gebieten" nur noch als ePaper geben werde und dass das digitale Abo nun "für Betroffene" günstiger werde.

Niedergang der Printmedien

Diese Entwicklung dürfte kaum aufzuhalten sein, bislang ist noch kein Trend unter Jüngeren auszumachen, der Zeitungen einen Kultstatus verleiht, dem die Vinyl-Schallplatte ihr Comeback zu verdanken hat. Dass die Kosten für die Zustellung am heimischen Postkasten künftig sinken, gehört ins Reich der Träume.

Das ist schade für Old-School-Leser, weil Zeitungen eine besondere Materialität haben und Artikel, anders als online, nicht gescannt werden, sondern, so der Eindruck des Autors dieses Beitrags, konzentrierter und ruhiger gelesen werden. Jüngere gehen lieber online wegen der Vielfalt der Angebote und dafür gibt es gute Gründe.

Bislang wurden die Verlage bei den Kosten vom Staat unterstützt: "Ende 2019 beschloss der Bundestag, 40 Millionen Euro für die Zustellung von Zeitungen und Anzeigenblättern bereitzustellen, weil die Zustellung vor allem im ländlichen Raum zu teuer geworden war" (NZZ).

Mit der staatlichen Unterstützung haben sich Verlage einen Konkurrenzvorteil verschafft, auch das gehört ins große Bild, wenn man sich die Reaktionen der Verlage auf die nun angekündigte Einstellung der Zustellförderung zu Gemüte führt.

Die Regierung habe die Prüfung von Fördermöglichkeiten eingestellt, da es angesichts der wirtschaftlichen Herausforderungen nicht möglich sei, dafür Mittel im Haushalt vorzusehen, teilte ein Sprecher von Medienstaatsministerin Roth (Grüne) auf Anfrage mit.

"Sonntagsreden": Kritik an der Entscheidung der Regierung

So kritisierten der Verband Deutscher Lokalzeitungen und Lokalmedien e.V. (VDL) und der Medienverband der freien Presse (MVFP) die Entscheidung der Regierung scharf. Nach Ansicht des VDL-Vorsitzenden Kai Röhrbein werde damit die lokale Medienvielfalt und damit die Demokratie gefährdet.

Der MVFP bedauert, "dass trotz vieler Sonntagsreden der Politik anlässlich des Grundgesetzjubiläums und 75 Jahre Pressefreiheit, von Bundeskanzler Scholz, Finanzminister Lindner oder auch Kulturstaatsministern Roth, letztlich keine Förderung für die freie Presse und den unabhängigen Journalismus erfolgt".

Politische Spielereien

Beide Verbände zeigen sich enttäuscht, dass den Versprechungen keine Taten folgten. Und sie haben damit auch nicht ganz unrecht. Denn Finanzminister Lindner wagte es im Mai dieses Jahres noch nicht aufzutischen, was nun gilt.

Er bestärkte Hoffnungen und sagte der Zeitungsbranche zu, die staatliche Zustellförderung von Presseprodukten weiter zu prüfen, so wie dies auch im Koalitionsvertrag vereinbart wurde.

Auf dem Branchentreffen des Verbands Deutscher Lokalzeitungen und Lokalmedien (VDL) erklärte Lindner, dass er auf ein Konzept für eine Förderrichtlinie warte, das zwischen dem Haus von Medienstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) und dem Haus von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) abgestimmt werde.

Meedia

Dieser Hoffnungsschimmer sei nun zerplatzt, schreibt Meedia. Zutage kommt, wie es das Zitat zeigt, ein politisches Spiel, geprägt von Unstimmigkeit darüber, wer eigentlich zuständig ist. Das Spiel währt schon lange.

Schon die Große Koalition "war von Anfang an ohne Ziel und Plan, aber getrieben von Mathias Döpfner und der Lobby der Verlage", berichtete im November 2023 netzpolitik.org zur gescheiterten Presseförderung: Chronologie einer Geisterfahrt.