Strafrechtsreform im Eilverfahren und im Alleingang
Seite 2: Verschärfung der Strafen für linke Straftäter
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Verschärft wurden dagegen die Bestimmungen des in Griechenland so genannten Antiterrorgesetzes 186A. Es handelt sich um den Paragraphen, den griechische Strafverfolger fast ausschließlich gegen Täter aus dem linksautonomen Umfeld einsetzen. Noch 2015 war Tsipras mit dem Wahlversprechen angetreten, den umstrittenen Paragraphen ersatzlos streichen zu lassen. Dies aber goutieren die US-Amerikaner, vertreten durch ihren Botschafter in Athen, überhaupt nicht.
So ist es nun noch leichter, Personen mit Hilfe der durch 186A verschärften Strafen zu inhaftieren, wenn deren DNA im Umfeld von Terrorverdächtigen gefunden wird. Der Terrorparagraph greift künftig auch bei Demonstrationen, die mit Gewalt einhergehen, und zwar unabhängig davon, von welcher Seite die Gewalt ausging. Mit dem Straftatbestand der "Störung der öffentlichen Ordnung" kann jeder Teilnehmer einer in Gewalt ausartenden Protestaktion juristisch belangt werden.
Ebenfalls strafbar ist das "Anwerben von Teilnehmern" über das Internet für eine solche Protestaktion. Die unklar gehaltene Formulierung könnte eventuell sogar das Teilen eines Protestaufrufs in sozialen Netzwerken unter Strafe stellen, wenn die Demonstration schließlich in Gewalt mündet.
Kriminelle Vereinigungen werden weniger hart bestraft
Dagegen wird der Artikel, mit dem Straftaten aus dem rechtsradikalen Umfeld angeklagt werden, geschwächt. Künftig ist die Bildung einer kriminellen Vereinigung nur mit einer Mindeststrafe von fünf, statt bisher zehn Jahren belegt.
Die Goldene Morgenröte, beziehungsweise die komplette Führungsspitze der Partei, steht mit einer Anklage mit diesem Artikel seit September 2013 vor Gericht. Das Verfahren ist immer noch nicht abgeschlossen.
Geringerer Schutz gegen Diskriminierungen
Ein weiteres Beispiel für die vielen Unstimmigkeiten des neuen Kodex ist der Wegfall von Artikel 361B. Er regelt den diskriminierungsfreien Zugang von allen Menschen, unabhängig von Geschlecht, Abstammung, Religion, Behinderung, sexueller Orientierung oder Geschlechtsidentität zu Dienstleistungen und Waren. Der Artikel wurde mit der Begründung, er würde Probleme hinsichtlich seiner Auslegung bergen, abgeschafft. Wo genau die Probleme liegen sollen, wurde nicht erklärt.
Zwar verfügt Griechenland über ein weiteres "Antirassismusgesetz", Nummer 4443/2016, dieses ist aber nicht für Diskriminierungen hinsichtlich von Dienstleistungen und Zugang zu Waren gültig. Der Umstand wurde seinerzeit, 2016, vor allem von To Potami bei der damaligen Parlamentsdebatte thematisiert. Griechische Anwälte, die sich mit dem Kodex befasst haben, fanden auch gleich ein reales Beispiel für die Auswirkung der Streichung des Artikels.
Ein Arzt in Thessaloniki war von einem Berufungsgericht im April verurteilt worden, weil er am Eingang seiner Praxis ein Schild mit der Aufschrift, dass Juden unerwünscht seien, angebracht hatte. Sobald der nun verabschiedete Kodex in Kraft tritt, kann der Arzt die Aufhebung des Urteils verlangen. Legal sind künftig auch die Armenspeisungen, welche die Goldene Morgenröte gegen Vorlage des Ausweises "nur für Griechen" veranstaltet hatte.