Strahlende Olympiade

Entfernung der Schutzwand an Reaktor 1 am 7. Oktober. Bild: Tepco

Die Energie- und Klimawochenschau: Von olympischen Spielen in Fukushima, sinkenden Solarmodulpreisen, Rekordtemperaturen im September und optimistischen Aussichten für die Erneuerbaren

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Neues zum Thema billige Atomkraft: Die in Hongkong erscheinende Tageszeitung South China Morning Post berichtet, dass die Kosten für die Aufräumarbeiten im japanischen Fukushima drastisch steigen werden. Japans Industrieministerium geht demnach davon aus, dass für die Beseitigung der Folgen der Reaktorkatastrophe jährlich umgerechnet mehrere Milliarden US-Dollar bezahlt werden müssten. Derzeit betrügen die Aufwendungen jährlich 800 Millionen US-Dollar.

Nach einem Bericht der Japan Times hat die Regierung am Dienstag mit Experten diskutiert, ob und wie die Aufräum- und Abrisskosten in Fukushima aus dem laufenden Betrieb anderer Atomkraftwerke des Fukushima-Eigners TEPCO finanziert werden kann.

Dieser befindet sich durch die dreifache Reaktorhavarie und aufgrund wachsenden Wettbewerbs auf dem japanischen Strommarkt unter erheblichem Druck und musste nach Angaben der Zeitung zuletzt im Juli dieses Jahres Staatshilfen in Anspruch nehmen.

Die Nachrichtenagentur Reuters schreibt, dass inzwischen mit einer Zeit von 40 Jahren für die Beseitigung der Folgen des Reaktorunglücks vom März 2011 gerechnet wird. Die bisher angesetzten Kosten von 8,1 Billionen Yen (71,2 Milliarden Euro) würden vermutlich überschritten werden. TEPCO-Manager hoffen auf eine Ausnahmeregelung, die es dem Konzern ermöglicht, realistische Kosten ausweisen zu können ohne gleich Konkurs anmelden zu müssen. 50,1 Prozent der TEPCO-Anteile befinden sich laut Reuters im Staatsbesitz.

Derweil hat die Huffington Post erfahren, dass der Tokyoter Bürgermeister darüber nachdenkt, 2020 einen Teil der olympischen Spiele in der seinerzeit von Tsunami verwüsteten und von der nachfolgenden Schmelze dreier Reaktorkern verstrahlten Präfektur Fukushima stattfinden zu lassen. Den Bewohnern solle ein Zeichen der Hoffnung gegeben werden.

Das passt zur Politik der konservativen Regierung, die nach wie vor die Strahlenbelastung herunter spielt. Aufklärung über die Belastung von Lebensmitteln ist nach wie vor Mangelware. Stattdessen werden landwirtschaftliche Produkte aus der Region massiv beworben.

Lokalisierung von strahlendem Müll in Reaktor 2 mit einer Myon-Technik. Bild: Tepco

Fünfeinhalb Jahre nach dem Unglück in Fukushima stehen noch immer die meisten von Japans 42 betriebsbereiten AKW still. Zur zeit laufen lediglich zwei, obwohl die konservative Regierung Shinzo Abes seit Jahren alles dran setzt, die Anlagen wieder zum Laufen zu bringen. Die Nachrichtenagentur Bloomberg gibt die Ergebnisse einer jüngsten Meinungsumfrage wieder, wonach 57 Prozent der japanischen Bevölkerung das Wiederanfahren der AKW ablehnt und nur 29 Prozent zustimmt.

Die Agentur berichtet außerdem, dass die Regierung einen Teil der evakuierten Zone ab 2017 frei geben will und ehemalige Bewohner zur Rückkehr drängt. Im Beitrag befindet sich eine Info-Karte der betroffenen Region.

Preiskampf

In China wurden in den ersten neun Monaten 2016 Solaranlagen mit einer Leistung von 27 Gigawatt installiert, rund doppelt so viel wie im Vergleichszeitraum des Vorjahres, wie die South China Morning Post berichtet.

Gemessen an der potenziellen Stromproduktion entspricht das in etwa sechs großen Atomkraftwerken. Der chinesischen Regierung ist dieses Wachstum allerdings etwas zu schnell. Zum ersten Januar werden daher weitere drastische Kürzungen der Einspeisevergütungen diskutiert, die nach den derzeitigen Vorschlägen je nach Anlagenart und Größe zwischen 23 und 52 Prozent liegen könnten.

Der chinesische Branchenverband der Solarindustrie geht daher davon aus, dass sich der Zubau in diesem Jahr zwar noch auf 30 bis 35 GW summieren wird, dieser bisher beispiellose Boom im nächsten Jahr jedoch nicht wiederholt wird. Immerhin würde das für 2016 anvisierte Planziel von 18 GW neuer Solarleistung um fast 100 Prozent übererfüllt.

Andererseits sind aber die Preise für Solarpanele weiter auf Tauchfahrt. Hierzulande lagen die Großhandelspreise im September je nach Herkunftsregion bereits 4,2 bis 13,6 Prozent unter dem Niveau des Januar 2016 und eine Ende des Abwärtstrends ist nicht in Sicht. Ursache ist Überproduktion, die durch das abkühlen in China erheblich vergrößert wird. Hersteller liefern sich daher einen Preiskampf, um ihre Anlagen absetzen zu können.

Die Plattform PV-Tech stellt fest, dass es weltweit im dritten Quartal 2016 so gut wie keine Ankündigung von Erweiterung der Produktionskapazitäten mehr gegeben habe. Eine andere Plattform für Brancheninformationen, Reneweconomy, fragt daher schon, welcher chinesischer Hersteller den Preiskampf überleben wird.

Die Unternehmen müssten in den kommenden 12 bis 18 Monaten ihre Kosten noch aggressiver drücken, als ohnehin schon geplant. In den USA sei der Großhandelspreis für Solarmodule im letzten Quartal von 60 auf 40 US-Cent pro Watt Leistung gefallen, was für den Durchschnitt der chinesischen Produzenten bereits unter den Herstellungskosten liege. Die künftigen Sieger im sich gerade entfaltenden Preiskampf werden nach dieser Einschätzung in etwas mehr als einem Jahr ihre Module für 26 US-Cent pro Watt produzieren.

Temperaturdaten und optimistischer Ausblick

Inzwischen liegen die globalen Temperaturdaten für den September vor. Auch dieser Monat bewegt sich mit 0,91 Grad Celsius über dem Mittel der Jahre 1951 bis 1980 auf Rekordniveau, wie die Berechnungen des Goddard Institutes for Space Studies der NASA zeigen.

Damit ist es inzwischen so gut wie sicher, dass 2016 nach den beiden Vorjahren erneut einen globalen Temperaturrekord aufstellen wird. Es wäre das erste Mal in der über 100jährigen Geschichte der weltweiten Temperaturaufzeichnungen, dass in drei aufeinanderfolgenden Jahren die globale Temperatur die jeweils höchste je registrierte war.

Optimistischer Ausblick

Und zu guter Letzt die gute Nachricht der Woche. Die Internationale Energie Agentur (IEA) hat ihre Prognose für den Ausbau der erneuerbaren Energieträger nach oben korrigiert. Demnach werden diese in den nächsten fünf Jahren über 60 Prozent des Zuwachs an Strombedarf abdecken. 2021 werden sie nach der IEA-Prognose über 7600 Milliarden Kilowattstunden elektrische Energie liefern, was in etwa der Summe der jährlichen Stromerzeugung in der EU und in den USA entspricht.

Verstärktes Wachstum vor allem von Windkraft und Solarenergie erwartet die IEA vor allem aufgrund der Entwicklung in den USA, China, Indien und Mexiko. Bis 2021 rechnet die IEA für Solaranlagen mit einem Preisrückgang von 25 und für Wind an Land mit 15 Prozent. In China gehen die dortigen Behörden nach einem bereits oben zitierten Beitrag der South China Morning Post davon aus, dass für Onshore-Windstrom die sogenannte Netzparität bereits 2020 erreicht sein kann.

Das heißt die Anlagen wären dann in der Lage, mit dem Strom aus Kohle- und Wasserkraftwerken zu konkurrieren ohne auf garantierte Einspeisevergütungen angewiesen zu sein. Für Solarstrom wird für 2025 mit der Netzparität gerechnet. Voraussetzung ist allerdings in beiden Fällen, dass die Probleme mit dem Netzzugang behoben werden können, also die Produktion auch vollständig ins Netz eingespeist werden kann.

"Wir sind Zeugen einer globalen Transformation des Strommarktes, und wie in anderen Fällen auch verlagert sich das Gravitationszentrum in die Schwellenländer", kommentiert IEA-Direktor Fatih Birol die Entwicklung. Die Entwicklung sei erfreulich, aber es bleiben in vielen Ländern Unsicherheiten in den politischen Rahmenbedingungen.

Außerdem sei das schnelle Wachstum in einigen Ländern eine Herausforderung, da die Netzinfrastruktur angepasst werden müsse. Andererseits sei in vielen Entwicklungsländern die Finanzierung noch immer schwierig. Alles in allem seien aber auch die höheren Wachstumserwartungen moderat im Vergleich zum ungenutzten Potenzial der Erneuerbaren, so Birol.