Streit um Geheimdienstkontrolle

Blick auf die BND-Zentrale in Berlin. Foto: Fridolin Freudenstett / Wikimedia Commons (Public Domain)

Erste Beratung über Änderung des BND-Gesetzes im Bundestag: Linke und Grüne werfen Regierung vor, rechtswidrige Praxis legalisieren zu wollen

Nach den Worten des CDU-Politikers und Kanzleramtschefs Helge Braun soll der Regierungsentwurf zur Änderung des BND-Gesetzes dessen Vorgaben für Arbeit des deutschen Auslandsgeheimdienstes lediglich grundgesetzkonform machen, nachdem das Bundesverfassungsgericht im Mai 2020 eine frühere Version kassiert hat.

In der ersten Beratung zu dem Gesetzentwurf am Freitag im Bundestag warfen Oppositionspolitiker der Fraktionen Die Linke und Bündnis90/DieGrünen jedoch Kanzleramt und Regierung vor, rechtswidrige Überwachungspraktiken des Bundesnachrichtendienstes (BND) legalisieren zu wollen.

Das Bundesverfassungsgericht hatte im Mai die Regelungen zur "strategischen Fernmeldeaufklärung" beanstandet und klargestellt, dass "die Bindung der deutschen Staatsgewalt an die Grundrechte" nicht auf deutsches Staatsgebiet begrenzt sei. "Abwehrrechte gegenüber einer Telekommunikationsüberwachung" gelten demnach auch auf Ausländer im Ausland. Außerdem sei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten.

Nun heißt es beispielsweise im Regierungsentwurf für die Änderung des BND-Gesetzes, dem Verbot der pauschalen globalen Massenüberwachung werde durch eine "Volumenbegrenzung auf höchstens 30 Prozent der Übertragungskapazität aller global bestehenden Telekommunikationsnetze" Rechnung getragen.

Da es auch Telekommunikationsnetze gebe, "die in ihrer Gesamtheit auftragsrelevante Daten enthalten" - zum Beispiel solche, die ausschließlich für die Kommunikation öffentlicher Stellen eines Krisenstaates genutzt würden - bezieht sich die angegebene Beschränkung ausdrücklich nur auf maximal 30 Prozent "aller bestehenden Telekommunikationsnetze weltweit" - nicht etwa auf Übertragungskapazitäten innerhalb einzelner Netze.

Auch von der bisher geplanten Ausgestaltung eines "Unabhängigen Kontrollrats", der sich laut Regierungsentwurf aus Richterinnen und Richtern des Bundesgerichtshofs (BGH) sowie Bundesanwältinnen und -anwälten zusammensetzen soll, halten Linke, Grüne und FDP wenig.

Zu befürchten sei eine Schwächung der parlamentarischen Kontrolle der Nachrichtendienste durch einen neuen "Kontrollrat, der sich weitgehend losgelöst vom Parlament konstituiert", wie der Grünen-Politiker Konstantin von Notz am Freitag im Bundestag festhalten wollte.

In einem Antrag fordern die Grünen für den Kontrollrat unter anderem "eine unbeschränkte regelmäßige Berichtspflicht" gegenüber dem PKGr. André Hahn, der für die Linksfraktion im PKGr sitzt, wurde in seiner Kritik noch deutlicher: Die Bundesregierung wolle sich die Mitglieder des von ihr vorgeschlagenen Kontrollrats "auch noch selbst aussuchen", sagte er mit Blick auf die Ernennung von Bundesanwälten. Die Personalien schlägt der jeweilige Bundesjustizminister vor, ernannt werden sie bei Zustimmung des Bundesrats vom Bundespräsidenten.

Kanzleramtschef Braun hatte eingangs versichert, der Kontrollrat solle die Arbeit des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr) lediglich ergänzen, die Rolle des PKGr bleibe aber zentral.

Der FDP-Abgeordnete Stephan Thomae schlug zusätzlich "eine Art Generalanwalt, der Betroffenenrechte wahrnimmt" vor. "Haben Sie doch nicht so viel Angst vor einer effektiven, guten Kontrolle, liebes Bundeskanzleramt", appellierte der FDP-Politiker.