Streit um "Grexit"
SPD und Union uneins über einen griechischen Euro-Abschied
Am Wochenende wurde bekannt, dass die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihr Finanzminister Wolfgang Schäuble Griechenland nicht mehr um jeden Preis in der Eurozone halten wollen, weil mittlerweile Instrumente wie der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) die Finanzmärkte beruhigen könnten.
Nach dem Bericht, der von Merkel und Schäuble nicht dementiert wurde, meldeten sich inzwischen zahlreiche andere Politiker zu Wort: Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel schloss sich in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung (HAZ) der Sichtweise an, dass die Euro-Zusammenbruchsrisiken heute geringer sind als vor vier Jahren, weshalb die Bundesregierung "nicht erpressbar" sei.
Allerdings, so Gabriel, wolle man Griechenland in der Eurozone halten und erwarte, dass sich auch eine von der SYRIZA-Partei angeführte Regierung an die Vereinbarungen mit der EU-Kommission hält. Dazu, wie dies mit den Wahlversprechen von SYRIZA vereinbar ist, äußerte sich der Vizekanzler nicht. Die griechische Linkspartei hat vor, die von der Troika vorgeschriebenen Maßnahmen zum Abbau des Staatsdefizits rückgängig zu machen und Zins- und Tilgungszahlungen auszusetzen
Andere SPD-Politiker kritisierten die Haltung von Merkel und Schäuble deutlicher: Der Seeheimer-Kreis-Sprecher Johannes Kahrs twitterte, die Bundeskanzlerin und der Bundesfinanzminister seien "mit ihrer Kehrtwende in der Griechenland- und Europapolitik ohne Partner" und der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Carsten Schneider sprach von einer Position, die "mit der SPD nicht abgesprochen" sei und von ihr "nicht mitgetragen" werde, weil nach einem Euro-Abschied Griechenlands "sofort die Spekulationen über den nächsten Wackelkandidaten beginnen" würden - und das könne man "nicht erlauben".
Ähnliche Sichtweisen hegt die Grünen-Vorsitzende Simone Peter. Die Saarländerin sagte dem ZDF, sie halte Debatten über die Möglichkeit eines griechischen Euro-Abschieds für "unverantwortlich". Stattdessen müsse man ihrer Ansicht nach die "Solidargemeinschaft stabilisieren". Etwas zurückhaltender äußerte sich ihr Ko-Vorsitzender Cem Özdemir, der meinte, man solle über Konsequenzen erst sprechen, wenn Griechenland gewählt hat.
Auch in der Union ist man sich uneins: Während der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Ralph Brinkhaus zu Protokoll gab, es werde "für keine neue griechische Regierung einen Sonderrabatt geben", warnte der bayerische Finanzminister Markus Söder (CSU) davor, "den Griechen zu drohen". Genau das machte Söders Parteifreund Markus Ferber in der Tageszeitung Die Welt, der er mitteilte: "Wenn die Griechen unter einem möglichen Regierungschef Tsipras wieder zum alten Schlendrian zurückkehren wollen, dann sollen sie das machen, das ist eine souveräne Entscheidung des griechischen Volkes - aber dann wird es keine Hilfen der EU mehr geben."
Bei der Alternative für Deutschland (AfD) streitet man dagegen über die Führungsstruktur und das eigene Personal - aber nicht um die Grexit-Option. Bernd Lucke, der bekannteste der drei Parteisprecher, begrüßte die "späte Einsicht" Merkels und Schäubles. Fachleuten wie ihm, so der Wirtschaftswissenschaftler, sei trotz der früheren Irreführung der Wähler stets klar gewesen, dass es "geeignete Sicherungsmechanismen" für einen Euro-Ausstieg kleinerer Länder gebe.
Dieser Meinung ist auch der tschechische Staatspräsident Miloš Zeman, ein Sozialdemokrat: Er erinnerte in der Prager Zeitung Právo daran, dass Griechenland nur unter Vorspiegelung falscher Tatsachen in die Eurozone aufgenommen wurde, weshalb ein Hinauswurf rechtlich kein Problem sein sollte.
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