Stricken die USA am seidenen Vorhang?
- Stricken die USA am seidenen Vorhang?
- Pompeo "on fire"
- Auf einer Seite lesen
Eine turbulente Woche für die diplomatischen Beziehungen zwischen den USA und China zeigt: Die "Entkopplung" von China nimmt weiter Gestalt an
Die Beziehungen zwischen den USA und China sind mehr als belastet: Chinas Umgang mit dem Ausbruch des Coronavirus, der Handelsstreit, Spionagevorwürfe, das Vorgehen in Hongkong und in Xinjiang und im Südchinesischen Meer sind die Angriffspunkte einseitiger Sanktionen und Sanktionsandrohungen, die Washington an die Adresse Pekings sendet. Hinzu kamen diese Woche eine Reihe von weiteren politischen und verbalen Provokationen. US-Außenminister Mike Pompeo forderte am Donnerstagabend: Die "freie Welt" müsse über die "Tyrannei" Chinas "triumphieren".
Zuvor hatten die rhetorischen Verurteilungen Chinas Fahrt aufgenommen, nachdem Präsident Donald Trump am 18. Juni von einer möglichen "Entkopplung" von China gesprochen hatte. In den Wochen danach folgten mehrere, teils beeindruckende Grundsatzreden, in denen einige der höchsten Beamten der USA die Geschichte der Beziehungen beider Länder unter die Lupe nahmen und die ideologischen, freiheitlichen und wirtschaftlichen Unvereinbarkeiten hervorhoben. Sie redeten der Vision einer Entkopplung das Wort.
Der Nationale Sicherheitsberater Robert C. O'Brien sagte am 24. Juni, die großmütigen Beziehungen zu China seien nach hinten losgegangen und hätten das "größte Versagen der amerikanischen Außenpolitik seit den 1930er Jahren" hervorgebracht.
Die Zeiten der amerikanischen Passivität und Naivität gegenüber der Volksrepublik China sind vorbei.
Wir werden unseren Prinzipien - insbesondere der Redefreiheit - treu bleiben, die im krassen Gegensatz zur marxistisch-leninistischen Ideologie stehen, die die Kommunistische Partei Chinas angenommen hat.
Robert O'Brien
FBI-Direktor Christopher Wray sagte am 7. Juli, China sei "die größte Bedrohung für die USA".
Es sind die Bürger der Vereinigten Staaten, die das Opfer eines chinesischen Diebstahls ist, der so massiv ist, dass er einen der größten Vermögenstransfers in der Geschichte der Menschheit darstellt. Wenn Sie ein amerikanischer Erwachsener sind, ist es sehr wahrscheinlich, dass China Ihre persönlichen Daten gestohlen hat.
Die langfristig größte Bedrohung für die Daten und das geistige Eigentum unserer Nation sowie für unsere wirtschaftliche Vitalität ist die Bedrohung durch Spionage aus China. Es ist eine Bedrohung für unsere wirtschaftliche Sicherheit - und damit auch für unsere nationale Sicherheit.
Christopher Wray
Am 16. Juli folgte Generalstaatsanwalt William Barr mit einer ausführlichen Grundsatzrede zur Wirtschaftsbeziehung mit China. In nuce: Chinas "wirtschaftlicher Blitzkrieg" drohe die USA als Supermacht abzulösen.
Der Generalsekretär der Kommunistischen Partei Chinas, Xi Jinping [...] spricht jetzt offen davon, dass China "einen Sozialismus aufbaut, der dem Kapitalismus überlegen ist", und den amerikanischen Traum durch die "chinesische Lösung" ersetzt.
Die KPCh hat über all ihre vielen Tentakeln in der chinesischen Regierung und Gesellschaft eine orchestrierte, gesamtgesellschaftliche Kampagne gestartet, um die Offenheit unserer Institutionen auszunutzen, um sie zu zerstören.
Um unseren Kindern und Enkeln eine Welt der Freiheit und des Wohlstands zu sichern, wird die freie Welt ihre eigene Version des gesamtgesellschaftlichen Ansatzes brauchen [...], um der [chinesischen] Dominanz entgegenzutreten und im Wettbewerb um die Weltwirtschaft das Kommando zu übernehmen.
William Barr
Barr, wie auch O'Brien, stellte heraus, dass Amerika selbst Chinas "kometenhaften Aufstieg" ermöglicht habe, zuletzt durch US-Unternehme, die sich den Forderungen Chinas allzu widerspruchslos gefügt hätten. Chinas Wirtschaft sei "von etwa 2 Prozent des weltweiten BIP im Jahr 1980 auf heute fast 20 Prozent gewachsen." Einigen Schätzungen zufolge sei die chinesische Wirtschaft auf der Grundlage der Kaufkraftparität bereits größer als die der USA, schreibt Barr. Das habe China "in aller Stille" geschafft, so wie es Deng Xiaoping angeraten habe:
Deng Xiaoping, der mit seinen Wirtschaftsreformen den bemerkenswerten Aufstieg Chinas einleitete, hatte ein berühmtes Motto: 'Verstecke deine Stärke und warte auf deine Zeit'. Genau das hat China getan.
William Barr
Get the job done
Diese Woche ließen die USA den großen Worten Taten folgen. Am Dienstag zwangen die USA das chinesische Konsulat in Houston zur Schließung. Dass die Wahl auf Houston fällt, ist womöglich von symbolischer Bedeutung: Es ist das erste Konsulat, das 1979 - nach einem Besuch von Deng Xiaoping - in den USA eröffnet wurde. Einen Tag später erklärte das US-Außenministerium, die Schließung diene dem "Schutz des amerikanischen geistigen Eigentums und der privaten Informationen der Amerikaner". Die Sprecherin des Außenministeriums, Morgan Ortagus, sagte, die Volksrepublik China betreibe "seit Jahren massive illegale Spionage- und Einflussnahmeoperationen in den gesamten Vereinigten Staaten gegen US-Regierungsbeamte und amerikanische Bürger", diese Aktivitäten hätten "in den letzten Jahren in Umfang und Reichweite deutlich zugenommen".
Cai Wei, Chinas Generalkonsul in Houston, zeigte sich überrascht und forderte Beweise für die Anschuldigungen. Vor dem Auszug wurde beobachtet, dass Konsulatsmitarbeiter Dokumente verbrannten. Cai sagte, es sei ein "Standard"-Vorgehen für diplomatische Vertretungen in vielen Ländern, interne Dokumente zu verbrennen, bevor sie einen ausländischen Posten verlassen.
Am Freitag forderte China im Gegenzug die USA auf, ihr Konsulat in Chengdu zu schließen, ebenfalls innerhalb von 72 Stunden. Der Sprecher des chinesischen Außenministeriums argumentiere ähnlich vorwurfsvoll und vage wie die Amerikaner. "Ein Teil des Personals des US-Konsulats in Chengdu übte Aktivitäten aus, die mit seiner Funktion nicht vereinbar waren. Sie mischten sich in die inneren Angelegenheiten Chinas ein und schadeten Chinas nationalen Sicherheitsinteressen. Die chinesische Seite hat mehrere Gesuche eingereicht. Die USA wissen, was sie getan haben", sagte Wang am Freitag. Wang nannte keine Einzelheiten. Bisher haben die USA nicht bestätigt, dass sie Chinas Forderung Folge leisten werden.
Anfang der Woche hatte das US-Handelsministerium ebenfalls vermeldet, dass elf chinesische Unternehmen, die angeblich von der Unterdrückung muslimischer Minderheiten aus Xinjiang profitieren, auf die Schwarze Liste gesetzt werden. Unter diesen befindet sich auch eine Firma, die Apple, Amazon und Microsoft beliefert. Zwei andere Firmen sollen nach Angaben der US-Regierung genetische Analysen durchgeführt haben, um die Unterdrückung von Uiguren und anderen muslimischen Minderheiten voranzutreiben. Senator Marco Rubio, Initiator des Uyghur Human Rights Policy Act, sagte, dadurch würde sichergestellt, "dass die US-Technologie die Verbrechen der Kommunistischen Partei Chinas gegen die Menschlichkeit und die ungeheuren Menschenrechtsverletzungen gegen Uiguren und andere Minderheiten in Xinjiang, einschließlich der erzwungenen Sammlung von DNA, nicht unterstützt." Seit dem Inkrafttreten des sogenannten Uiguren-Gesetzes stehen bereits etwa 40 Unternehmen auf der Liste.
USA klagten am Donnerstag vier chinesische Wissenschaftler an. Das US-Justizministerium wirft ihnen vor, bei Bewerbungen um eine Forschungsstelle in den Vereinigten Staaten über ihren Status als Mitglieder der Volksbefreiungsarmee Chinas gelogen zu haben. Allen wird Visabetrug vorgeworfen. Drei der vier Angeklagten sind bereits verhaftet worden. Das FBI geht davon aus, dass die vierte Person seit Wochen im chinesischen Konsulat in San Francisco untergebracht ist.
Ebenfalls diese Woche angeklagt wurden zwei chinesische Hacker, denen vorgeworfen wird, in den letzten zehn Jahren Geschäftsgeheimnisse im Wert von Hunderten Millionen Dollar gestohlen zu haben. Ihnen wird in der Anklageschrift unterstellt, mit dem chinesischen Ministerium für Staatssicherheit zusammengearbeitet zu haben. Zwar wird in der Anklageschrift deutlich vom Eigennutz als Motiv der Hacker gesprochen, doch in einigen Fällen hätten sie Informationen gestohlen, die "von offensichtlichem Interesse" für die chinesische Regierung seien. Dieses Jahr hätten sie außerdem amerikanische Unternehmen angegriffen, die an Impfstoffen und Tests gegen das Coronavirus arbeiten, ein Vorwurf, der derzeit Karriere zu machen scheint.