"Süddeutsche": Anklageschrift in Nachrichtenform gegen kritischen Professor

Seite 2: Pluralismus ja, aber wir haben die Wahrheit gepachtet

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In den Angriffen auf Meyen zeigt sich ein Grundübel, das schon seit langem in unserer Gesellschaft zu beobachten ist. Der französische Soziologe und Philosoph Michel Foucault sagte einmal:

"Es ist immer möglich, dass man im Raum eines wilden Außen die Wahrheit sagt; aber im Wahren ist man nur, wenn man den Regeln einer diskursiven "Polizei" gehorcht.

Dieses Grundprinzip gilt auch noch heute für die Gesellschaft im Jahr 2020. Anhand des SZ-Artikels lässt sich beispielhaft ablesen, wie die "diskursive Polizei" agiert.

Gleich zu Beginn des Artikels führt Krass an, dass Meyen "Sprecher des bayernweiten Forschungsprojekts "For Democracy" sei, bei dem es "um die Zukunft der Demokratie" gehe. Hier wird, zwar verdeckt, aber im Grunde genommen doch offen genug, Zweifel daran gesät, dass Meyen für diese Position der Richtige ist. Anders gesagt: Die "diskursiven Polizei" sorgt nicht dafür, dass der offene Diskurs möglich ist. Sie verfolgt ein anderes Ziel. Derjenige, der den Kanon der legitimen Meinungen missachtet hat, soll zum Schweigen gebracht werden.

Die Vertreter der diskursiven Polizei geben sich gerne nach außen hin pluralistisch, demokratisch, aber im Grunde genommen lautet ihr Motto: Pluralismus ja, aber wir haben die Wahrheit gepachtet.

Das Bizarre ist: Die SZ und das IfKW gehen keinen Verschwörungstheoretiker an, sondern es genügt bereits, dass einer mit einem Verschwörungstheoretiker gesprochen hat, um ein "Skandälchen" hochzujazzen. Denkt man dieses Verhalten konsequent weiter, dürfte sich alsbald dann auch jene Bürger öffentlich zu verantworten haben und Abbitte leisten müssen, die einen kennen, der einen kennt, der sich mit einem unterhalten hat, der einen verschwörungstheoretischen Gedanken gedacht hat. Darauf ist nicht mal Orwell gekommen.

Besonders perfide: Schon seit langem gebrauchen sowohl Journalisten als auch Wissenschaftler die Begriffe Verschwörungstheorie und Verschwörungstheoretiker als Kampfbegriffe. Sie schleifen nicht etwa die weltanschaulichen Gehalte aus den Begriffen, sondern laden sie selbst ideologisch auf.

Wer als Journalist oder Wissenschaftler pauschal Verschwörungstheorien abwertet oder diejenigen, die sie vertreten, diffamiert, betreibt weder Journalismus noch Wissenschaft.

Im Grunde genommen ist es so banal und es ist mehr als ein Ärgernis, dass man überhaupt in einem Beitrag wie diesen ansprechen muss, dass jede Verschwörungstheorie, das heißt jeder Gedanke, wonach sich A mit B zusammengeschlossen hat, um C zu schädigen, einzeln betrachtet werden muss, um dann eben einzuordnen, ob es sich hierbei um Unsinn, um Propaganda, Rassismus oder um eine vertretbare, legitime Ansicht handelt.

Das Problem hierbei ist: Bei der Bewertung, ob eine Verschwörungstheorie sinnig oder unsinnig ist, geht es in etwa so objektiv zu wie bei den Angriffen auf Meyen.

Oftmals treffen, wenn es um die Auseinandersetzung mit Verschwörungstheorien geht, Weltbilder und politische Wirklichkeitsvorstellungen aufeinander, die kaum weiter voneinander entfernt sein könnten. Während am einen Ende Personen zu finden sind, die reflexartig hinter allem die große Weltverschwörung vermuten, finden sich am anderen Ende jene, die genauso reflexartig jeden Verschwörungsverdacht, der ihr Weltbild tangiert, abtun. Dass dazwischen viel Platz für Realität ist, versteht sich von selbst.

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