SuperWeed als symbolische Waffe

Cultural Terrorist Agency vertreibt SuperWeed Kit 1.0

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London - Es hätte eine spannende Präsentation werden können. Im Institut of Contemporary Arts in London wurde ein Kunstprojekt vorgestellt, welches Biotechnologie, im speziellen Genmanipulation, als Werkstoff benutzt und zum Thema macht: SuperWeed Kit 1.0.

Rachel Baker

Die Cultural Terrorist Agency (CTA), die von den aus der Netzkunstszene kommenden Briten Rachel Baker und Heath Bunting gegründet wurde, um die "Bekämpfung von Besitz und Representation" (CTA) zu unterstützen, organisierte den Launch des SuperWeed Kit 1.0., der von dem in Canada lebenden Aktivisten Michael Boorman aus von einer Biotechnologiefirma entwendeten Samen zusammengestellt worden war. Das Päckchen enthielt eine Mischung Unkrautsamen - wie etwa Raps und Gelber Senf - deren Genstruktur teilweise verändert ist. Läßt man die Pflanzen, die aus diesen Samen entstehen, sich kreuzbefruchten, entstünde laut Pressemeldung der CTA das "SuperWeed", das sich gegen momentan am Markt befindliche Herbizide als resistent erweist.

Der Effekt, schlußfolgert CTA, ist, daß nicht nur die Ertragsleistung von genmanipulierten (aber auch herkömmlichen) Getreiden durch das wuchernde und unbekämpfbare Unkraut negativ beeinflußt würde, sondern auch die Verkaufszahlen der Herbizide, die Teil der Produktpalette von genau den Biotech-Firmen wie Monsanto oder Brassica sind, die das Geschäft mit dem genmanipulierten Getreidesamen machen und agrikulturelle Monokulturen schaffen.

Falls einem der Gedanke nun zu gefallen begann, demontierte leider jegliche Hinterfragung das Projekt. Auf die Frage, ob CTA mit dem SuperWeed organisches Getreide quasi als Teil des Konzeptes und absichtlich ebenfalls schaden wolle, oder ob die Agentur diesen Nebeneffekt als unerwünscht eben auch in Kauf nehme, hatte Baker keine Antwort, ebenso konnte sie die Höhe der Projektkosten nicht nennen, obwohl der Kit von der Agentur, die sie vertrat, finanziert wurde.

Mit der Verbreitung des SuperWeed Kits wollen die Akteure die Diskussion um genmanipulierte Nahrung und die dahinterstehenden marktorientierten Produktions- und Vertriebsstrukturen ankurbeln. Rachel Baker:

"Mit dem Kit sollen sich die Leute darüber freuen, daß auch sie in den Besitz genmanipulierter Samen kommen, und nicht nur akademische oder korporative Institutionen.
"Sobald du so ein Päckchen in Händen hältst, kannst du es als Waffe benutzten und verwenden, oder auch nicht, aber zumindest wird man über das Ganze nachdenken."

Sollte man meinen, daß Baker & Bunting, ihres Zeichens Telekommunikationskunstspezialisten, ein Projekt mit deklariert symbolischem Anspruch ("Die tatsächliche Auswirkung von SuperWeed haben wir selbst noch nicht getestet." Baker im ICA, "Was auch immer du damit machst, oft ist die Drohung genauso wirksam wie die Ausführung." Boorman auf seiner Webseite) möglichst flächendeckend zu kommunizieren versuchen.

Doch die Präsentation findet ausgerechnet in einer elitären Kunstinstitution statt, und der Vertrieb des Kits basiert auf den genau 3 (!) Verkaufsmaschinen des Londoner Künstlers Johnny Hayward. Diese selbstgenügsam wirkende Umsetzung und die mangelnde konzeptuelle Detailarbeit ließen die restliche Substanz verpuffen, so daß es auch fraglich ist, ob man mit dem SuperWeed Kit auf sympolisch-künstlerischer Ebene wird punkten können, geschweige denn weitere Bevölkerungskreise zu erreichen.

SuperWeed Kit 1.0 ist erhältlich unter: pages.hotbot.com/politics/superweed/
CTA