Supraleitende Schalter
Flip-Flops sind nicht nur Badesandalen, sondern auch elektronische Kippschalter. Forscher haben jetzt erstmals solche Schalter aus Hochtemperatur-Supraleitern konstruiert.
Was ein Flip-Flop ist, weiß intuitiv jeder, der einen Lichtschalter betätigen kann: ein Impuls (in diesem Fall ein mechanischer: eine Handbewegung) lässt den Schalter vom einen in den anderen Zustand wechseln. Die Lampe, die eben noch aus war, leuchtet nun – oder umgekehrt.
Flip-Flops sind in diesem Sinne Ein-Bit-Speicher: Selbst wenn plötzlich der Strom ausfällt, merkt sich der Lichtschalter, ob die Wohnzimmerbeleuchtung ein- oder ausgeschaltet war. In jedem Hochhaus kommen auf diese krude Weise allein schon ein paar Kilobit Datenspeicher zusammen – wer weiß, vielleicht nutzt irgendein höheres Wesen unsere Behausungen ja schon derart.
Ein ganzes Stück kleiner sind die Flip-Flops, die deutsche und niederländische Forscher in der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsdienstes Sciencexpress, doi: 10.1126/science.1126041) vorstellen. Das Team von der TU Ilmenau und der University of Twente in Enschede haben Schalter aus Hochtemperatur-Supraleitern konstruiert. Sie basieren auf so genannten Josephson-Kontakten zwischen Hoch- und Niedrigtemperatur-Supraleitern.
Josephson-Grenzen zeichnen sich dadurch aus, dass hier supraleitende Tunnelströme durch eine dünne nicht- oder halbleitende Schicht hindurch auftreten – bis zu einer kritischen Stromgrenze. Als Speichermedium dient im in Science vorgestellten Flip-Flop allerdings nicht der Stromfluss, sondern die Polarität des magnetischen Flusses. Der Schalter operierte in den praktischen Messungen bei (sehr kalten) 5,3 Kelvin. Obwohl die verwendeten Materialien noch gewisser Optimierungen bedürfen, errechneten die Wissenschaftler Schaltgeschwindigkeiten bis zu 340 Gigahertz – experimentelle CMOS-Transistoren sind heute schon ein Stück flotter.
Allerdings steht Elektronik auf Supraleiter-Basis noch recht weit am Anfang. Strukturgrößen von 2,5 Mikrometer, auf die die Ilmenauer und Enscheder Forscher stolz sind, beeindrucken Silizium-Techniker kaum. Doch könnten die Supraleiter auf längere Sicht die Nase vorn haben: Entsprechend konstruierte Schaltkreise besitzen einen extrem niedrigen Stromverbrauch, der bis zu 100 Milliarden mal niedriger als der eines Transistors in einem Pentium-4-Chip sein kann (obwohl, zugegeben, beide Schaltelemente nicht gut vergleichbar sind). Zudem sind die Supraleiter-Chips auch noch einfacher herzustellen als ihre Silizium-Vettern – nur dass man sie bei extrem niedrigen Temperaturen betreiben muss, stört.