Syrien: Al-Qaida-Front bringt Assad in Bedrängnis
Die militärische Erfolge der Allianz dschihadistischer und salafistischer Milizen werden mit der Unterstützung durch Saudi-Arabien, der Türkei und Katar erklärt
Das U.S. Central Command bestätigt zwar die Luftangriffe auf den kleinen Ort Birmahle, bei Jubb Mahli, nordöstlich von Aleppo. Dass dabei 52 Zivilisten, darunter Kinder, getötet wurden, wie am Wochenende vom Syrian Observatory for Human Rights gemeldet wurde, bestreitet der Sprecher des Central Command. Es seien ausschließlich IS-Milizen getötet worden.
Man verlasse sich dabei auf Angaben der Kurden, die den Ort unter Kontrolle hatten, bevor IS-Milizen ihn überfielen. Seit Wochen hielten sich dort keine Zivilisten mehr auf, zitierte der Central Command-Sprecher kurdische Quellen. Etwa 2.000 IS-Milizen sollen US-Luftangriffe mittlerweile getötet haben. Von zivilen Opfer ist offiziell nicht die Rede. Die US-Vertreter bemühen sich im Fall Syrien das Bild vom gezielten, chirurgisch-präzisen Krieg gegen den IS zu halten. Man will auf keinen Fall nach Außen den Eindruck erwecken, dass man zu sehr in den Krieg hineingezogen wird.
Geisterstadt Kobane
Das zeigt sich auch in Kobane. Der syrisch-türkische Grenzort, der wochenlang die Nachrichten aus Syrien dominierte, als es darum ging, die IS-Milizen aus der Stadt zu vertreiben, ist zu einer Geisterstadt geworden, ohne Strom und Trinkwasser, wo man beklagt, dass dem Militäreinsatz keine Hilfe für den Wiederaufbau folgte.
Dass die Region weiter umkämpft ist, zeigt der oben genannte amerikanische Luftangriff. Wie auch eine - allerdings nicht verifizierte - Meldung der kurdisch-syrischen Presseagentur Aranews davon berichtet, dass IS-Milizen am Wochenende erneut Angriffe auf den Süden Kobanes unternahmen. Der Abzug von besser bewaffneten Peshmerga-Einheiten würde die IS-Kämpfer neu ermutigen.
Saudi-Arabien, die Türkei und Katar drängen auf Ablösung Assads
Indessen konzentriert sich die Aufmerksamkeit der westlichen Berichterstattung in Syrien auf die jüngsten Erfolge der Milizenfront Jaish al Fateh (Syrien: Breite Dschihadisten-Front erobert Schlüsselprovinz). In US-Medien und unter amerikanischen Syrien-Experten wird bereits die Frage diskutiert, ob dieses Kampfbündnis militärisch dazu imstande ist, eine Machtablösung in Syrien herbeizuführen.
Allerdings werde hier die Rechnung ohne die Verbündeten Assad al-Baschars, Iran und Russland, gemacht, warnen Beobachter vor voreiligen Schlüssen. Beachtlich am militärischen Erfolg, den das Dschihadisten- und Salafisten-Milizenkampfbündnis in Idlib und an Orten im Süden Syriens, in der Nähe von Damaskus, erzielt, ist Dreierlei.
Zum einen, dass mit Ahrar al Sham eine Miliz wiedererstarkt ist, die eigentlich schon am Ende schien, was auch für manche andere Mitglieder des Bündnisses gilt, das im März gegründet wurde.
Zum anderen die Verbindungen der Milizen zur al-Qaida. Die drei dominierenden Gruppen der Jaish al Fateh ("Armee der Eroberung"), die al-Nusra Front, Ahrar al Sham (siehe Die Antwort heißt "syrischer Salafismus"?) und Jaish al-Islam sind entweder, wie die al-Nusra Front, direkte Ableger von al-Qaida oder haben wie Ahrar al Sham und Jaish al-Islam in der Vergangenheit engere Verbindungen zur Qaida geknüpft. Die Miliz Jund al Aqsa, die mit von der Partie ist, gilt als echte Frontgruppe der al-Qaida.
Dass dieses Milizenbündnis so stark agieren kann, hängt laut Beobachtern mit einem politischen Kurswechsel in Saudi-Arabien unter dem neuen König zusammen. dessen Priorität es nun sei, Iran zu schwächen und nicht die Muslimbrüder, worauf sein Vorgänger noch mehr geachtet habe.
Dazu kommt, dass sich Saudi-Arabien, die Türkei und Katar in ihrer Syrien-Strategie nach manchen Zwistigkeiten wieder annnähern und zusammen ihre Unterstützung für die im Kampf erfolgreichen Milizen, also nicht die FSA, ausbauen. Welche Rolle die USA in diesem Interessensbündnis einnehmen, ist nicht ganz deutlich. Der Nebel, der hier vieles undurchsichtig macht, dürfte nicht ganz unbeabsichtigt sein.
Dazu passt die Aussage eines annonymen Regierungsmitglieds, den die Washington Post zitiert, man sei dem Fakt gegenüber nicht blind, dass es unvermeidlich sei, dass US-Waffen in den Händen von Milizen landen, wofür sie nicht bestimmt waren.
Bei den Erfolgen des Milizenbündnisses, so Beobachter, haben US-Panzerabwehrwaffen eine Rolle gespielt. Wie sie in den Hände der Dschihadisten und Salafisten gerieten, bleibt undurchsichtig, wie auch der Einfluss der USA auf die drei großen Milizenunterstützer.
If the Turks and Qataris and Saudis increase their support to the Syrian rebels, I don’t think the Americans will be in a position to say, you are wrong.
Jamal Khashoggi