Syrien: Alles in der Schwebe
Ankara zögert den Angriff hinaus, derweil kündigt das Söldnerunternehmen Blackwater eine Rückkehr an: Steht doch eine Privatisierung von US-Auslandseinsätzen an?
Zwar hat US-Präsident Donald Trump den Abzug der Truppen aus Syrien und von 7000 Soldaten aus Afghanistan angeordnet und ist Jim Mattis u.a. deswegen als Verteidigungsminister zurückgetreten, aber noch ist unklar, wie der Abzugsplan aussieht oder ob es überhaupt einen solchen gibt. Die Luftangriffe gegen IS-Stellungen im Süden am Euphrat sollen allerdings bislang weiter gegangen sein.
Noch marschieren die türkischen Streitkräfte und deren verbündete Milizen bei Manbidsch auf. Man wird annehmen können, dass die SDF sich auch den mehrheitlich von Arabern bewohnten Gebieten, auch aus Raqqa, zurückziehen werden, in die sie, unterstützt von den USA, vorgerückt sind. Dort sind sie nicht unbedingt erwünscht (gewesen), andererseits hatte der IS sich hier ausbreiten können, was durchaus wieder geschehen könnte. Auf einem mehrtätigen Treffen der SDF mit arabischen Scheichs und Stämmen in Raqqa wurde allerdings noch Einheit und Zusammenhalt gegen die Türken beschworen.
Nach Gerüchten laufen weiter Gespräche zwischen den syrischen Kurden und Damaskus mit der Vermittlung der ägyptischen Regierung, was der Türkei nicht gefallen dürfte. Ankara zögert den bereits angekündigten Angriff weiter hinaus, da offenbar weiter türkisch-amerikanische Gespräche stattfinden und die Situation komplizierter als die in Afrin ist. So werben SDF bzw. PYD-Vertreter in Europa für eine Flugverbotszone und wollen dafür vor allem Frankreich und Großbritannien gewinnen. Zudem warnen sie, dass sie im Fall eines türkischen Angriffs die gefangenen IS-Kämpfer aus zahlreichen Ländern nicht mehr festhalten können.
In Russland versucht eine SDF-Koalition ebenfalls mit russischer Vermittlung eine Vereinbarung mit Damaskus zu erzielen. Das könnte zwar Schutz bedeuten, aber einen Verlust an Autonomie.
Maria Zakharova, die Sprecherin des russischen Außenministeriums, monierte die Undurchsichtigkeit der Lage in Syrien nach Trumps Entscheidung. Sie geht davon aus, dass der Abzug zwei oder drei Monate dauern könne, man wissen aber nicht, ob die USA den Kampf gegen den IS weiter fortsetzen werde. Sie machte aber die Haltung Russlands deutlich, dass das von den Kurden kontrollierte Gebiet der syrischen Regierung übergeben werden sollte, um die syrische Einheit und Souveränität wieder herzustellen. Das ist eine klare Positionierung gegen die Türkei.
Möglicherweise machen sich private Sicherheits- und Militärunternehmen wie Academi (Blackwater) Hoffnungen auf bessere Geschäfte durch einen Truppenabzug. So war aufgefallen, dass in der Januar- und Februarausgabe der Waffenzeitschrift Recoil eine ganzseitige Anzeige von Blackwater veröffentlicht wurde. Auf der schwarzen Seite mit dem alten Logo steht: "We are coming."
Der Gründer Erik Prince, dessen Schwester Betsy DeVos unter Trump Bildungsministerin ist und der selbst gute Beziehungen zu Trump haben soll, hatte Blackwater 2010 an Investoren verkauft. Zum Schluss gehörte sie Constellis, die wiederum 2016 von Apollo Global Management gekauft wurde. Die Verhältnisse sind nicht ganz durchsichtig. Ein Constellis-Mitarbeiter erzählte jedenfalls Military Times, man habe weder Beziehungen zum alten Unternehmen Blackwater noch zu Prince.
Die Anzeige könnte also bedeuten, dass Blackwater wieder gegründet wird. Möglicherweise steckt auch wieder Prince dahinter, der Trump zu überzeugen versucht haben soll, die Nato aus Afghanistan zurückzuziehen und das Land einem privaten Söldnerunternehmen zu übergeben, das schneller, effektiver und vor allem viel billiger agieren könne. Die Geschäftsidee, die er mit Stephen Feinberg, dem CEO des Rüstungskonzerns DynCorp International, sowie mit Unterstützung von Stephen Bannon und Jared Kushner entwickelte, hatte er auch 2017 in einem Interview ausgebreitet. Der damalige Verteidigungsminister Jim Mattis, der gerade seinen Job hingeschmissen hat, widersetzte sich damals dem Vorschlag entschieden. Daher titelte die Military Times: "Mattis is out, and Blackwater is back".
Interessanterweise hat Trump Feinberg im Mai zum Leiter des President's Intelligence Advisory Board (PIAB) ernannt. Feinberg erklärte als DynCorp-CEO in einem Interview im Oktober, dass sein Unternehmen keine kämpfenden Söldner anbieten werde, alles außerhalb von Stützpunkten werde von DynCorp nicht übernommen. Es könnte aber durchaus sein, dass Feinberg zusammen mit Prince Trump unterstützt, US-Truppen aus Auslandseinsätzen abzuziehen und stattdessen möglicherweise Söldnertruppen die Kontrolle übernehmen zu lassen, um für "Stabilität" zu sorgen und Terroristen zu bekämpfen. Die Privatisierung von Militäreinsätzen könnte Trump, der sich erfolgreich der Einziehung entziehen konnte, tatsächlich gefallen. Das schafft Jobs und spart Geld, überdies hat der teure Militäreinsatz in Afghanistan tatsächlich kaum Ergebnisse gebracht.
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